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Etappensieg für die Sauen

Mit über 620.000 Menschen haben wir mehr Bewegungsfreiheit für die Sauen erkämpft - gegen die Blockade von Agrarministerin Klöckner. Nach einer Übergangsfrist wird der Kastenstand in einem Teil des Schweinestalls verboten. Lies hier, wie wir das Ergebnis bewerten.

Ein Teilerfolg für unsere Kampagne: In deutschen Schweineställen sind Kastenstände nach einer Übergangsfrist fast überall verboten. Foto: Ruben Neugebauer / Campact e. V. [CC BY-NC 2.0]
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620.000 Menschen gegen Schweinequal

In deutschen Schweineställen sind Kastenstände nach einer Übergangsfrist zukünftig größtenteils verboten. Das hat der Bundesrat heute entschieden. Mehr als 620.000 Menschen haben unseren Appell gegen diese quälerischen Mini-Käfige unterzeichnet. Gemeinsam haben wir erreicht, dass Sauen nicht mehr in Einzelhaft gehalten werden, sondern in Gruppen – zumindest im Deckzentrum, wo sie einen großen Teil ihres Lebens verbringen.

Ganz wichtig für den Teilerfolg: die vielen Unterschriften unter unserem Appell – und die Spenden, die bei uns eingegangen sind. So konnten wir unsere Aktionen vor dem Agrarministerium und dem Bundesrat finanzieren. Herzlichen Dank an alle, die unsere Kampagne unterstützt haben!

Klöckner wollte 17 weitere Jahre Kastenstand

Wir mussten ziemlich hartnäckig sein, um unser Ziel zu erreichen. Denn um den Kastenstand neu zu regeln, machte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) zunächst einen ziemlich dreisten Vorschlag: Sie wollte die engen Eisengitter noch 17 weitere Jahre unverändert erlauben und danach auch nicht durch eine Haltung in der Gruppe ersetzen. Tierquälerei pur – deshalb starteten wir mit der Organisation foodwatch einen Appell, den innerhalb weniger Tage mehrere Hunderttausend Menschen unterschrieben haben – ein Protest, der sich nicht ignorieren ließ.

Klöckners Union ging nochmal in Verhandlungen – und zwar mit den Grünen. Die mussten einer Neuregelung des Kastenstandes im Bundesrat nämlich zustimmen. In einem ersten Kompromiss erreichten die Grünen aber nur wenige Verbesserungen. Während der Verhandlungen demonstrierten wir deshalb in Tierkostümen und mit Plakaten und forderten die Grünen auf: Schafft die Mini-Käfige endlich ab. Parallel verbreitete sich unser Appell in den sozialen Medien, zehntausendfach geklickt und geteilt. So sehr, dass die Grünen erneut nachverhandelten.

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Am Ende hat sich unser Engagement ausgezahlt. Der neue Kompromiss, den der Bundesrat heute beschlossen hat, ist weit besser als Klöckners ursprünglicher Plan. Sauen verbringen künftig einen Großteil ihres Lebens in Gruppen: Hier haben sie deutlich mehr Bewegungsfreiheit. Auch wenn die Übergangsfrist von acht Jahren zu lang ist – immerhin müssen die Umbauten schnell beginnen.

Hier muss nachgebessert werden

Problematisch: Der Kastenstand in seiner jetzigen Form ist im Abferkelbereich noch 17 Jahre unverändert erlaubt – also in dem Bereich, in dem die Sauen nach der Geburt mit ihren Ferkeln leben. Erst dann müssen ihn die Züchter*innen vergrößern und die Fixierung auf fünf Tage begrenzen. Das reicht uns nicht – an diesen Punkt müssen wir noch einmal ran.

Ein weiterer Kritikpunkt: In den nächsten acht bis zehn Jahren sollen Halter*innen ihre Schweine weiterhin so eng stellen dürfen, dass sie im Liegen aneinander stoßen. Gerichte hatten dies schon vor Jahren für unzulässig erklärt. Nur Sachsen-Anhalt hielt sich daran. Die meisten anderen Bundesländer setzten diese Entscheidungen nie um – und tolerierten die Enge im Stall einfach. Die Neuregelung bewerten wir daher gemischt: Einerseits wandelt Klöckner nun eine bislang rechtswidrige Haltungsform in geltendes Recht um – allerdings nur bis Ende der leider viel zu langen Übergangsfrist. Andererseits stellt der Kompromiss sicher, dass überhaupt in einem Teil des Stalls der Kastenstand endlich durch Gruppenhaltung abgelöst wird, nämlich da, wo die Sauen gedeckt werden. Das geht über das ursprüngliche Gerichtsurteil hinaus.

Unterm Strich ein wichtiger Teilerfolg

In Summe glauben wir, dass das Verhandlungsergebnis ein wichtiger Teilerfolg ist – mehr lässt sich gegen Ministerin Klöckner und ihre Agrarlobby-freundliche Partei im Moment nicht durchsetzen. Hätten sich die Grünen einem Kompromiss komplett verweigert, hätte sich am Kastenstand gar nichts geändert. Erst mit einer neuen Bundesregierung wäre eine Abschaffung wieder möglich gewesen – und dann auch nur, wenn die Union im Bundesrat mitgespielt hätte.

Dass die Stimmung sich nun langfristig wandelt – die Chancen sind so gut wie noch nie. Der Tönnies-Skandal hat vielen Menschen klar gemacht, dass die industrielle Tierhaltung so nicht weitergehen kann. Was uns hier hilft: Schnelligkeit. Unsere Kampagne gegen den Kastenstand hat gezeigt, wie wirkungsvoll kurzfristige Aktionen sind. Trage Dich in unseren Newsletter ein, damit wir dich schnell über neue Aktionen informieren können.

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Autor*innen

Lynn Gogolin-Grünberg ist Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin und hat außerdem Publizistik studiert. Sie war für das ZDF journalistisch tätig. Bei Mehr Demokratie arbeitete sie als Redakteurin und Pressesprecherin. Im Anschluss ging sie als Campaignerin zum BUND. Seit 2016 ist sie für Campact tätig. Alle Beiträge

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