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Hass im Netz: Wir bleiben dran!

Die Bundespolitik will entschiedener gegen Hass im Netz vorgehen. Wir zeigen, was sich im letzten Jahr getan hat und wie wir uns der Online-Hetze weiter entgegenstellen.

Chris Grodotzki / Campact (CC BY-NC). Demo in Berlin gegen Hass und Rassismus im Bundestag (Oktober 2017)
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72 Prozent – so viele Menschen haben Angst, dass Hass im Netz auch in analoge Gewalt umschlagen kann. Dass ihre Befürchtungen nicht grundlos sind, zeigen der Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke und der antisemitische Anschlag in Halle. In beiden Fällen haben sich die Täter im Internet radikalisiert. Im Netz erreichen Hetze und Drohungen ein Millionenpublikum.

Schon seit über zwei Jahren setzen wir uns gegen den Hass im Netz ein. 250.000 Menschen fordern mit unserem Appell, dass Betroffene von digitaler Gewalt besser geschützt und Täter*innen entschieden verfolgt werden. Jetzt hat auch die Politik das Problem erkannt. In einzelnen Bundesländern und auf Bundesebene werden Maßnahmen gegen den Hass diskutiert und verabschiedet.

Gesetze gegen den Hass

In diesem Jahr setzt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dabei auf gleich zwei Gesetze. Am 18. Juni 2020 beschloss der Bundestag das “Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität”. Es umfasst ein breites Maßnahmenpaket, um rechter Hetze on- und offline zu begegnen. Zudem will die Ministerin mit einer Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) nachlegen. Ihr Ziel: geltendes Recht auch im Netz durchsetzen. Zu beiden Entwürfen haben wir, gemeinsam mit Partnern aus der Zivilgesellschaft, mehrmals Stellung bezogen.

Es ist gut, dass die Bundesregierung entschiedener gegen Rechtsextremismus und rechte Hetze vorgehen will – denn etwa drei Viertel aller Hasspostings im Netz stammen von Rechts. Strafrechtlich relevante Hass-Postings müssen jetzt von den Internetplattformen zur Anzeige gebracht werden. Das ist ein richtiger Schritt. Doch in der Praxis hat insbesondere die Reform des NetzDG noch deutliche Schwächen. Darum haben wir insgesamt drei Mal mit unseren Partnern Stellung zu den Gesetzentwürfen bezogen. Unsere ausführliche Kritik findest Du hier, hier und hier.

Die Bundesländer sind in der Pflicht

Doch die Ausstattung der Justiz, die Weiterbildung der Polizei und Präventionsarbeit in Schulen sind Sache der Bundesländer. Einige Länder haben in den letzten Monaten Maßnahmen erlassen, um dem Hass zu begegnen. In Hessen, NRW und Bayern gibt es inzwischen spezialisierte Staatsanwält*innen, die sich mit digitaler Gewalt auskennen. Sie können die Täter*innen gezielt zur Rechenschaft ziehen. Andere Länder haben angekündigt, ebenfalls solche Schwerpunktstaatsanwaltschaften einzurichten.

Doch auch auf Landesebene bleibt noch viel zu tun. Beratungsstellen für Betroffene müssen ausreichend Geld und Personal zur Verfügung haben. Polizist*innen müssen für digitale Gewalt sensibilisiert werden. Zu oft wird den Betroffenen, wenn sie Anzeige erstatten, eine Mitschuld an der Internet-Hetze gegen sie gegeben. Nicht zuletzt müssen Jugendliche lernen, wie Online-Hass wirkt und wie sie sich schützen können. Sie sind überdurchschnittlich oft von Hass im Netz betroffen.

Wir machen weiter

Im direkten Gespräch klären wir darum auf. Wir erklären Landespolitiker*innen, welche Maßnahmen gegen den Hass helfen. Immer im Gepäck: Unser Appell und unsere Studie #Hass im Netz. Gemeinsam mit dem Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) und anderen Partnern haben wir im letzten Jahr untersucht, wie Menschen Hate Speech wahrnehmen. Die Zahlen sind immer noch aktuell – und erschreckend. 54 Prozent der Befragten halten ihre politische Meinung im Netz zurück aus Angst, selbst Opfer rechter Hetzer*innen zu werden.

Mit Zahlen und Fakten gegen den Hass – darauf wollen wir auch in Zukunft setzen. Denn obwohl Hate Speech überall im Netz zu beobachten ist, gibt es nur wenig Forschung dazu, was der Hass bewirkt und wie man ihm begegnen kann. Darum legen wir jetzt nach: Gemeinsam mit dem IDZ erheben wir aktuell, was die einzelnen Bundesländer gegen Hate Speech tun. In einem großen Ländervergleich dokumentieren wir, wer aktiv wird und wer sich zurücklehnt. So zeigen wir, welche Maßnahmen funktionieren und tragen zum Austausch zwischen Landespolitiker*innen bei – damit Hass im Netz keine Chance hat.

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Autor*innen

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4 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Hallo @Krautfelder @Hans-Joachim Hauschild, @Lisa Czech

    „Nicht alle, die am lautesten schreien, haben immer recht.“ Das stimmt. Deshalb ist es gut, wenn diese selben Menschen nicht auch noch im Netz ihre Aufrufe zur Straftat propagieren können. „…von der stark zugenommenen Stimmungsmache auch hier abgestoßen fühle.“: Gerade Sie sollten begrüßen, wenn man im Netz UND im richtigen Leben „unwillkommene (ablehnende) Meinungen“ äußern kann, und zwar ohne Todesdrohungen zu erhalten. Im analogen „richtigen“ Leben würde das niemand wagen, weil er nicht anonym bleiben könnte und strafrechtlich verfolgt würde. Schon ein „Arschloch“ kostet im realen Leben 300 € oder mehr, obwohl es keinen Angriff auf Gesundheit oder Leben darstellt, deshalb will Campact zu Recht bekämpfen, das man ungestraft jemanden sagen kann: „Du gehörst an den Galgen oder vergewaltigt“. Das ist mit Hass-Postings gemeint, und nicht auch noch so abwegige Weltanschauungen oder Offenbarungen von Unbildung.

  2. Wie soll ich mir die Hass-Postings vorstellen? Sind das nicht-zurückverfolgbare, anonyme Profile im Netz, wie man sie aus YouTube Kommentaren kennt oder doch eher reale Personen die ganz klar zugeordnet werden können?
    Ich persönlich war noch nie von Hass im Netz betroffen, wünsche mir aber eine klare Definition des Wortes „Hass“, auf dessen Grundlage wir weiter diskutieren können. Wer entschiedet was Hass ist? Der, dem der Hass gewidmet ist oder der derjeniger, der Hass im Netz bekämpfen soll?

  3. Wer glaubt das man mit Demos die Welt verbessern kann
    der irt sich gewaltig, an statt auf einer Demo laut zu sein
    und keine Iden zu haben denn nicht alle die am lautsten
    schrein haben immer recht,wie wollt Ihr denn Hass im
    Internet bekämpfen dazu muß man erst mal denn
    Urheber der Hassmail finden dan will ich Euch mal was sagen
    das es Hass im Netzt gib ligt an uns selber wen wir uns ein
    wenig zurück nemen würden were das nicht so schwer.

  4. Auch ich werde den Campact-Newsletter jetzt kündigen. Nicht nur wegen dieses Artikelthemas, sondern weil ich mich überhaupt von der stark zugenommenen Stimmungsmache auch hier abgestoßen fühle. Frieden und Gerechtigkeit können auf einem solchen Boden nicht gedeihen.

    Zum Thema des obigen Artikels:
    Was oder wen die Leute zu lieben bzw. (nicht) zu hassen haben, kann durch einen Rechtsstaat nicht vorgeschrieben werden. Ebenso die Einstufung von unwillkommenen (ablehnenden) Meinungen als „Hass“, die sehr bald als kriminell gelten. Es ist erschreckend, daß solche Maßnahmen auch noch begrüßt werden. Mir ist schon klar, daß diese Zustimmung oft unter dem Eindruck aufgeladener Emotionen (durch besagte Stimmungsmache) entsteht, aber dennoch.

    Ich werde die Campact-Seite weiter ab und zu aufrufen und manchmal -wie auch anderso- meine kritische Meinung kundtun, als kleine Nadel gegen die Entstehung allzu großer Filterblasen. Wie eine Impfung. Ich hoffe auf Verständnis!

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