Antirassismus Bürgerrechte Protest
Als Peter Gabriel von Steve Biko sang
1980 veröffentlicht der britische Musiker Peter Gabriel einen Song, der vom Tod des Bürgerrrechtlers Steve Biko erzählt. Das Lied trägt zum Ende der Apartheid in Südafrika bei.
September 1977, Südafrika – der Apartheid-Staat. In einer Polizeistation in Port Elizabeth quälen weiße Polizisten den 30-jährigen Schwarzen Steve Biko. Er hat drei Geschwister, eine Zeit lang Medizin studiert, aber ist vor allem eins: Bürgerrechtler und Kämpfer gegen die Segregation in seiner Heimat. Die Polizisten, die ihn verprügeln, kennen ihn als Mitbegründer der „Black Consciousness Movement“, etwa „Bewegung des schwarzen Selbstbewusstseins“. Mehrere Tage foltern sie Biko in Raum 619. Unter anderem erleidet er schwere Verletzungen am Kopf. Den Transport ins 1000 Kilometer entfernte Pretoria überlebt der junge Mann nur noch knapp. Am 12. September erliegt er im dortigen Gefängniskrankenhaus seinen Verletzungen.
Biko ist in Südafrika kein Unbekannter. Ehemals Studentenführer, inzwischen kreativer Aktivist gegen die Unterdrückung der Schwarzen im Apartheid-System. Sein Tod spricht sich rum, viele Mitstreiter*innen sind verzweifelt und erschüttert. Als Steve Biko am 25. September 1977 in King William’s Town bestattet wird, ist das ein Großereignis. 20.000 Menschen geben ihm das letzte Geleit.
International wird der Mord an dem fünffachen Vater zwar beachtet, hat aber keine wesentlichen Konsequenzen. Die Vereinten Nationen erlassen ein Waffenembargo gegen Südafrika – die Regierung selbst zeigt sich jedoch unbeeindruckt und geht noch massiver gegen die Bürgerrechtsbewegung vor. Und in Europa? Dort ist noch niemand aufgewacht, das Thema Apartheid spielt keine große Rolle. Vielleicht auch, weil die Zustände im Land der Ausgrenzung nicht anschaulich genug sind, weil es kaum Bilder gibt, kaum Hintergrund, keine Solidarität. Doch das soll sich ändern.
Durch Peter Gabriel Blick in die Apartheid
1980 erscheint eine Schallplatte von Peter Gabriel, es ist seine dritte. Der britische Rockmusiker hat dafür einen Song geschrieben, der Biko heißt – und vom Tod des Bürgerrechtlers erzählt. Gabriel ist erst unsicher, ob er das Lied auf das Album nimmt. Er hadert damit, dass es ein so eindeutiger Protest-Song ist und damit im Grunde wenig zum Rest der Platte passt. Letztlich aber entscheidet er sich dafür.
Der Beginn des Textes frisst sich sehr leicht fest: „September 77, Port Elizabeth, weather fine. It was business as usual in policeroom 619.“ Dieses „Alles wie immer in Raum 619“, es heißt ja nichts anderes als: Mord an Aktivist*innen ist üblich in der Apartheid. So deutlich hatten das erst wenige Weiße gesagt. Gabriel textet weiter: Er könne nur in Rot träumen zurzeit, alles andere sei Schwarz-Weiß. Und, besonders wichtig: „Die Augen der Welt, sie schauen jetzt!“ Und zwar nach Südafrika.
Gabriels Prophezeiung tritt tatsächlich ein. Der Song verbreitet sich in Europa, die Geschichte von Steve Biko wird Millionen bekannt. Getragen auch von mehreren Musikfestivals der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. 1981 und 1986 sind diese gigantischen Festivals wie ein Aufwachen der europäischen Generation X in Sachen Apartheid. Die renommierte Kulturwissenschaftlerin Ingrid Bianca Byerly bilanziert die Initialzündung so: „Es war das richtige Lied, zur richtigen Zeit, von der richtigen Person geschrieben.“
Das Apartheid-Regime gerät nun auch international unter Druck. Weltweit gibt es einen Sturm an Solidarität für die unterdrückte Mehrheit in Südafrika und deren inhaftierten Anführer Nelson Mandela. Diverse Handelsbeschränkungen und Boykotte bringen die Regierung in Zugzwang. Zusammen mit den erheblichen inländischen Protesten reicht das irgendwann aus: Präsident Frederik Willem de Klerk kündigt das Ende der Apartheid an. 1994 gibt sich das Land eine neue Verfassung – ohne die sogenannte Rassentrennung.
Peter Gabriel singt neue Fassung von Biko
Peter Gabriel wird indes nicht müde, Biko zu spielen. Bis heute gehört es zu seinem Live-Repertoire. Das Lied sei inzwischen weniger ein Protest-Song, eher die Ehrung für einen Menschen, der tapfer gegen das Unrecht gekämpft habe und sein Leben dafür gab, so der Musiker. Erst Anfang 2021 veröffentlichte der Brite eine neue Version des Songs. Es ist immer noch ein Lied, das bewegt.