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Greta Thunberg sollte nicht hier sein

Greta Thunberg will das, was sie macht, eigentlich gar nicht machen. Den Klimawandel endlich aufzuhalten, das sei Aufgabe der Politik und der Wissenschaft. Doch ohne sie gäbe es Fridays for Future nicht. Und das wäre schlecht.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg spricht beim globalen Klimastreik in Berlin im September 2021 vor 100.000 Menschen.
Greta Thunberg spricht im September 2021 beim globalen Klimastreik von Fridays for Future vor 100.000 Menschen. Quelle: IMAGO

Damit hat Greta Tintin Eleonora Ernman Thunberg wohl selbst nicht gerechnet: Beim globalen Klimastreik versammeln sich im September 2021 in Berlin mindestens 100.000 Menschen. Die, auf die alle gewartet haben, ist sie. Der Streik zieht weltweit Millionen auf die Straße, unter anderem in Bangladesch, Uganda, auf den Philippinen und Neuseeland. In Deutschland alleine gehen 620.000 Menschen auf die Straße. Und angefangen hat das alles mit ihr, der Teenagerin aus Schweden.

Es gibt eine Dürre- und Hitzewelle, als sich die Schülerin Greta Thunberg am 20. August 2018 alleine vor den schwedischen Reichstag setzt. Sie hat ein Schild dabei – „Skolstrejk för klimatet“ steht drauf, also „Schulstreik für das Klima“. Viel Beachtung erntet sie zunächst nicht. Thunberg aber zeigt Biss: Drei Wochen lang geht sie nicht zur Schule und sitzt stattdessen vor dem Parlament. Erst dann ändert sie den Turnus und geht nur noch freitags zum Streiken – die Fridays for Future sind geboren.

Nächster Klimastreik

Am 23. September 2022 findet der nächste Klimastreik der Fridays for Future statt. Hier findest Du alle Infos.

Zunächst agieren schwedische Schüler*innen. Überall im Land ahmen sie den Schulstreik nach. Und dann geht es schnell: Medien berichten, immer mehr Schüler*innen kommen zusammen, Medien berichten wieder – es entsteht Massenmobilisierung. Thunberg muss sich zunächst damit rumschlagen, dass im Zusammenhang mit ihrem Schulstreik über alles Mögliche debattiert wird, nur nicht über den Klimawandel. Ob Jugendliche einfach „Schule schwänzen“ dürfen, ist natürlich die Hauptfrage. Dann: Wird sie von fremden Mächten instrumentalisiert? Und: Muss man sich sowas von einer „Göre“ gefallen lassen? Es sind mehr die Abwehrreaktionen von reaktionären Männern als sinnvolle Beiträge.

Für Greta Thunberg zählt die Wissenschaft

An einer Sache kommt bei Thunberg niemand vorbei: Sie begründet ihren Protest immer auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie besteht darauf, nicht die Expertin zu sein. Sie sei nur eine Schülerin, die fordere, auf die Wissenschaft zu hören. Mehrfach betont sie, dass sie in ihrer Schule sein sollte, beim Lernen. Und nicht weltweit unterwegs, um Erwachsene an ihre Pflicht zu erinnern. Das ist bestechend – nimmt es nämlich allen den Wind aus den Segeln, die sie als Person attackieren wollen.

Hier die letzte Folge der Reihe:

Die Fingerabdrücke von Rosa Parks

Thunberg kommt rum. Sie trifft den Papst, ist beim Weltwirtschaftsforum in Davos, eine Doku wird über sie gedreht. Greta Thunberg ist nun das Gesicht einer globalen Klimabewegung. Endgültig bestätigt sie das mit ihrer Rede beim UN-Klimagipfel 2019. Den Dutzenden anwesenden Staatschef*innen macht sie schwere Vorhaltungen. Menschen würden durch den Klimawandel leiden und sterben. Und Politiker*innen sprächen trotzdem nur über „Geld und die Märchen von einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum“. Sie fühle sich um ihre Kindheit beraubt, sagt sie und ist dabei sichtlich wütend, mitgenommen, traurig. „How dare you?“, ruft sie aus, also „Wie könnt ihr das wagen?“. Der Gefühlsausbruch bewegt die Welt.

Die Klimaaktivistin Greta Thunberg steht mit ihrem berühmten Plakat zum Schulstreik vor dem schwedischen Reichstag.
Greta Thunberg mit ihrem berühmten Schild „Skolstrejk för Klimatet“ vor dem Schwedischen Reichstag. Quelle: Anders HellbergGreta Thunberg 4CC BY-SA 4.0

Zwar gerät die Klimakatastrophe durch die Corona-Pandemie und den Angriff Russlands auf die Ukraine zeitweise aus dem Fokus der Medien. Doch die Veränderungen, die die Erderwärmung mit sich bringt, kommen näher. Fluten, Dürre, Hitzewellen – inzwischen auch Probleme in den Teilen des Globus, die bisher eher verschont waren. Die Welt muss sich was einfallen lassen, das ist wohl den meisten inzwischen klar.

Das, was Greta Thunberg mit ihrem Klimastreik vor dem schwedischen Reichstag angestoßen hat, ist vielleicht die größte globale Bürgerbewegung, die es je gab. Auch ihr ist es zu verdanken, dass es am 23. September den nächsten Klimastreik gibt. Zurzeit mobilisieren hunderte Gruppen und viele Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft zu dem großen Protest. In Deutschland soll Olaf Scholz daran erinnert werden, dass er sich zwar selbst zum Klimakanzler gekrönt hat – da aber niemand was von merkt.

Greta Thunberg wird unterdessen wohl nicht aufhören mit ihrer Mission. Man spürt, dass sie authentisch ist, dass sie ihr Thema gefunden hat, obwohl sie noch so jung ist. Dabei wäre der Frau mit mehr als 5 Millionen Follower*innen auf Twitter zu wünschen, dass sie endlich die Finger von der Sache lassen und ein langes normales Leben führen kann. Denn den Klimawandel aufzuhalten, das ist nun wirklich nicht ihr Job.

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Autor*innen

Jochen Müter ist Diplom-Journalist und Politikwissenschaftler. Er schrieb als Ghostwriter einige Autobiographien und war Chef vom Dienst bei n-tv. Seit 2017 leitet er die Campact-Redaktion. Im Blog befasst er sich mit Protestbewegungen und steuert seinen Wochenrückblick bei. Alle Beiträge

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