Demo Klimakrise Soziales
Wie die Klimabewegung sich auf den „Heißen Herbst“ vorbereitet
Der elfte globale Klimastreik ist vorbei. Jetzt heißt es: Weiter hinter den Forderungen stehen und laut bleiben! Die Klimabewegung denkt Klimakrise und soziale Probleme zusammen – im Gegensatz zu rechten Hetzern, die versuchen, Unruhe zu stiften. Der Herbst muss unter dem Zeichen der Solidarität stehen.
Was für ein Aufatmen: Die Klimabewegung ist noch da. 280.000-fach. So viele Menschen waren letzten Freitag bundesweit bei Demonstrationen an mehr als 250 Orten von Fridays for Future dabei. Und straften alle die Lügen, die unkten, die Aktivisten der „Letzten Generation“ seien die letzte Generation einer am Boden liegenden Klimabewegung. Auch wenn der Demotag der Fridays mit dem 11. globalen Klimastreiktag von der Aktionsform her mehr vom selben war – inhaltlich haben sie sich ziemlich neu erfunden. Sie stellen sich der Komplexität der ineinander verschachtelten Krisen und präsentieren Lösungsansätze auch jenseits der Klimafrage.
Erstmals gelingt es den Aktivist*innen einen Brückenschlag überzeugend zu nehmen, der bisher eher verzagt wirkte – den zur sozialen Frage. Und den sie auf die griffige Formel bringen: „Wir dürfen nicht das Ende des Monats gegen das Ende des Jahrzehnts ausspielen.“ Jetzt braucht es sowohl Entlastungen bei den explodierenden Energiepreisen als auch eine konsequente Politik, die uns unabhängig von fossilen Energien macht. Denn klammheimliche Freude ist völlig fehl am Platz über Preisspitzen bei den Fossilen, die selbst die steilsten CO2-Preiserhöhung übertreffen, welche die Bewegung jemals gefordert hat. Schließlich wirkt die Krise bis in die Breite der Gesellschaft hinein existentiell. Hier darf sich die Klimabewegung nicht kaltherzig zeigen.
Klima und Soziales zusammendenken
Klimaschutz wird in einer solchen Situation nur voranbringen, wer Soziales und Ökologisches transformativ zusammen denkt. Und die nötigen Maßnahmenpakete mit Summen in einer finanziellen Dimension unterlegt, die der Lösung gleich mehreren Krisen auf einmal angemessen ist. Oder um es mit der Forderung der Fridays konkret zu machen: ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro aufnimmt. Mit dem Geld wollen sie gezielte und für die Menschen konkret spürbare Entlastungen kombinieren mit Investitionen in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit. Gerade bei zweiterem darf die Bewegung nicht nur die üblichen Forderungen stellen.
Ein neuer zentraler Ansatzpunkt könnte sein, dafür zu sorgen, beim Umstieg auf erneuerbare Energien nicht in die nächste einseitige Abhängigkeit hineinzulaufen. Nämlich gegenüber China. Hiergegen braucht es den (Wieder-)Aufbau eigener Produktionskapazitäten für Solarmodule und Batterietechnik, für Windturbinen und Wärmepumpen. Ähnlich wie ihn die USA gerade mit dem „Inflation Reduction Act“ beschlossen hat. Und zudem ambitionierte Ausbildungsprogramme für Fachkräfte, damit die selbst produzierten Anlagen in weit größerer Stückzahl als bisher installiert werden können. Aus all dem können gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze erwachsen.
Klimabewegung – auch gegen Rechts
Das Soziale und das Ökologische zusammendenken, wie Fridays for Future dies tut – darauf wollen wir aufbauen. Ganz konkret am Samstag, den 22. Oktober – mit Demonstrationen in mindestens acht Großstädten. Der Tag wird getragen von einem Bündnis, dessen Partner in einer solch angespannten Krisensituation schnell auch gegeneinander stehen könnten. Mit Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden. Stattdessen ziehen sie an einem Strang hin zum gemeinsames Ziel, für gute Antworten der Regierung auf die Krise zu sorgen. Und nicht wieder denen den öffentlichen Raum zu überlassen, die sich gerade jeden Montag auf immer mehr Marktplätzen sammeln: einer wilden und bedrohlichen Melange aus Querdenkern und Verschwörungstheoretikern, aus AfD-Anhängern und sonstigen Rechtsextremen.
„Den Krieg gegen Russland stoppen!“ – „Nordstream2 öffnen!“ – „Wir frieren nicht für Ukrainer!“ Das sind ihre verdrehten und unsolidarischen Parolen. Nicht Putin sei für den Krieg verantwortlich, sondern die Ampel. Nicht Vermögende und Krisengewinnler sollten in die Verantwortung genommen werden, sondern die Schwächsten seien die Schuldigen. Nicht auf erneuerbare Energien sollen wir möglichst schnell umsteigen, sondern einfach den Gashahn wieder öffnen. Hieraus kann schnell eine Dynamik erwachsen wie in Zeiten der Demonstrationen von Pegida in 2015 oder Coronaleugnern im letzten und vorletzten Jahr. Wo eine kleine Minderheit von wenigen zehntausend Menschen die Politik vor sich hertreibt und für Entsolidarisierung gegenüber den Schwächsten in der Gesellschaft sorgt.
Solidarität statt Hetze
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Für einen Herbst der Solidarität – dafür gehen wir am 22. Oktober auf die Straße. Damit wir das Feld nicht den Hetzern und Spaltern überlassen, der Kitt unserer Gesellschaft nicht zerbröselt und auch in Krisenzeiten der Zusammenhalt wieder gestärkt wird. Doch so wichtig dieses Signal ist. Wirken wird es nur, wenn auch die Regierung gesellschaftliche Solidarität in konkrete Politik umsetzt. Von der immensen Last der Krise muss sie die Breite der Gesellschaft entlasten – Bürger*innen und Betriebe. Und die belastet, deren Schultern viel tragen können: Superreiche und Unternehmen, die sogar von der Krise profitieren und Übergewinne erwirtschaften.
Das wird nicht einfach mit einer FDP, die sich gegenwärtig vor allem aufs Blockieren versteift. Doch der Druck wächst – auf jemanden, der im Wahlkampf versprochen hat, dass von ihm Führung bekommt, wer Führung bestellt. Wir bestellen bei ihm Führung, für progressive Politik.