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Wann platzt die Stadt?

Autos stehen im Durchschnitt 23 Stunden am Tag rum – und brauchen dafür immer mehr Platz. Wenn wir lebenswerte Städte wollen, müssen wir ihre Anzahl deutlich reduzieren.

Das Foto zeigt eine Straße mit Kopfsteinpflaster. Rechts und links stehen dicht an dicht Häuser. Auf beiden Seiten parken viele Autos am Straßenrand.
Sollen so unsere Städte von Morgen immer noch aussehen? Foto: pixabay / mherfurt

„Gratis-Knöllchen für Falschparker“: Als ich im Januar diese Schlagzeile gelesen habe, wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Autos und Parkplätze dominieren vielerorts eh schon das Stadt- und Ortsbild – und jetzt sollen Autofahrer*innen darüber hinaus noch nicht mal für ihre Fehltritte bestraft werden? Wenig überrascht hat mich hingegen, dass der Vorschlag von der CSU kam. Die Christsozialen wollten damit das Verhältnis der Autofahrer*innen zur Kommune verbessern. Eine absurde Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass Leute Strafzettel bekommen, weil sie sich nicht an die Regeln halten und falsch parken.

Bochum vs. Stockholm

Wenn man sich allerdings anguckt, wie günstig Parken in Deutschland ist, wundert man sich über Gratis-Knöllchen auch gar nicht mehr so sehr. Der Blick ins Ausland macht es deutlich: Während man in Bochum nur 22 Euro pro Jahr für einen Anwohnerparkausweis zahlen muss, sind es in Stockholm stolze 100 Euro – pro Monat! Also 1200 Euro im Jahr. Bis 2020 war es in Deutschland nicht einmal möglich, mehr als 30,70 Euro für einen Parkausweis zu verlangen. Lenkungswirkung? Null! Doch es ist nicht alles schlecht in Deutschland: In Freiburg muss man bis zu 480 Euro im Jahr bezahlen, je nach Autogröße. Solange aber wie in Bochum und vielen anderen Städten der Parkplatz günstiger ist als der ÖPNV, warum dann den Bus nehmen? Das Auto ist ja eh da!

Das Problem mit dem Parken

Was viele Autobesitzer*innen nicht wahrhaben wollen: Das Auto am Straßenrand nimmt öffentlichen Raum in Anspruch, der dadurch allen anderen genommen wird. Und zwar dauerhaft. Das ist natürlich vor allem in Städten ein Problem, wo der Raum knapp ist und in manchen Stadtteilen Garagen oder Parkhäuser kaum vorhanden sind. Besonders rücksichtslos: Menschen, die Garagen haben, aber diese lieber als Werkstatt oder Lagerraum nutzen und das Auto an der Straße parken. Das ist streng genommen illegal und kann bis zu 500 Euro kosten, wird in der Praxis aber so gut wie nie kontrolliert.

Stattdessen empfehen Verkehrsexpter*innen, die Parkplätze in Zukunft größer zu machen, weil die Autos größer geworden sind: Seit 1950 sind sie 60 Prozent länger und 35 Prozent breiter geworden. Was übrigens auch dafür gesorgt hat, dass es trotz effizienterer Motoren praktisch kaum Einsparungen beim Verbrauch gab. Die Folgen dieser Fehlentwicklung dürfen aber nicht der Allgemeinheit angelastet werden. Wer mit dem Auto in der Stadt unterwegs sein und es dort parken will, sollte sich ein entsprechend passendes Modell zulegen. Doch statt Falschparker*innen mit teils übergroßen Autos konsequent zu bestrafen, wird über breitere Parkplätze nachgedacht. Absurd!

Wir brauchen eine Verkehrswende

Hinweise und Rückmeldungen zum Blog liest die Redaktion unter: blog@campact.de

Eine andere Verkehrspolitik ist darum dringend nötig, wenn wir die Städte lebens- und zukunftsfähig machen wollen. Das 49-Euro-Ticket ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber natürlich zu teuer. Carsharing-Dienste und E-Roller tragen ihren Teil zur Verkehrswende bei. Doch was wirklich hilft, um die Autos aus der Stadt zu bekommen: Mehr und bessere Radwege, ein gut getakteter und verlässlicher ÖPNV und Parkgebühren, die widerspiegeln, dass wertvoller öffentlicher Raum privat genutzt wird. 

Parking Day 2023

Übrigens: Am 15. September 2023 ist wieder Parking Day. An diesem Tag übernehmen in vielen Städten Vereine und (private) Initiativen ganz legal Parkplätze und zeigen damit, wie Parkplätze besser genutzt werden könnten: Vom Sandkasten für Kinder, Sitzgelegenheiten für Ältere und schattenspendender Bepflanzung ist alles denkbar. Vielleicht bist Du in diesem Jahr auch dabei? Eine zeitlich begrenzte Sondernutzung oder Versammlung kann in der eigenen Kommune angemeldet werden. Anleitungen für den eigenen Parking Day finden sich im Internet, zum Beispiel hier.

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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