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Was gegen Demokratie-Frust hilft

Demokratie ist ein einziger Schlingerkurs. Warum Du trotzdem einen kühlen Kopf bewahren solltest und was Du tun kannst, wenn sich die Politik wieder mal selbst blockiert? Lies jetzt rein!

Rad-Sternfahrt über die Autobahn A96 – Protest für eine fahrradfreundliche Verkehrspolitik
Mit einer Sternfahrt über die A96 – so macht der Protest für eine fahrradfreundliche Verkehrspolitik richtig Spaß, Foto: IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Die Demokratie ist im Grunde eine einzige Provokation. Am Anfang der „Demokratie-Geschichte“ provozierte sie Menschen, die dachten, Macht käme rechtmäßig den Personen zu, die durch ihre herausragenden Fähigkeiten zu ihr berufen oder von Geburt an zu ihr bestimmt seien. Und heute provoziert sie uns, weil wir, wie im Falle einer Herrschaft qua Geburtsrecht, wieder nicht das Gefühl haben, bei wichtigen Entscheidungen einbezogen zu werden. Das müsste doch alles schneller, einfacher, zielführender, nervenschonender gehen. Oder nicht?

Von Rosa Parks bis zur Letzten Generation: Lies hier, warum ziviler Ungehorsam in einer Demokratie ungemein wichtig ist.

Und wenn wir gerade dabei sind: Demokratie ist ein einziger Schlingerkurs, ein einziges hin und her; Ereignisse passieren, Mehrheiten wechseln. Das Ergebnis: Fast alles, was gerade noch gewonnen wurde (zum Beispiel die Fahrradinfrastruktur in Berlin), kann auch wieder zurückgedreht werden. Auf jeden Vorstoß folgt ein Backlash, ein Konterschlag. Der demokratische Weg läuft nur in Ausnahmen geradeaus, meistens eher im Zickzack. Ist das nicht auf Dauer kaum zu ertragen? Wir wissen doch alle: Die Zeit drängt. Die Klima-Kipppunkte fallen. Die Polkappen und die Permafrostböden tauen nicht langsamer ab, nur weil sich die Politik nicht einigen kann. Die Letzte Generation und Extinction Rebellion haben recht: Es geht um alles! Wir bekommen keinen Aufschub. Zum Verzweifeln. Zum Haare raufen! Wie wollen wir den da denn irgendwann, irgendwo ankommen? Diese (unerträgliche) Vorläufigkeit, die der Demokratie innewohnt, macht Angst und ist gleichzeitig die größte Provokation für unser aller Planungs- und Sicherheitsbedürfnis – egal welchem politischen Lager wir uns zugehörig fühlen. Wie also geht es jetzt weiter? Any ideas? 

Kühlen Kopf bewahren

Ja, erstmal müssen wir anerkennen und uns selbst vergewissern: Es gibt neben dem Demokratie-Zickzack sehr wohl gesellschaftspolitische Linien, die eine klare Richtung haben. Das jährlich erhobene Nachhaltigkeitsbarometer zeigte jüngst zum Beispiel, dass die Zustimmung für eine ambitionierte Klimapolitik in Deutschland weiterhin stark ist. 

Besonders interessant ist dabei, dass die Befragten die Veränderungsbereitschaft ihrer Mitmenschen geringer einschätzen, als sie tatsächlich ist. Durch den ganzen Unmut auf den Zickzack-Kurs verlieren wir anscheinend leicht das Vertrauen in die seit Jahren gewachsenen Grundüberzeugungen aus der Mitte unserer demokratischen Gesellschaft. Wir sind besser und als Gesellschaft vernünftiger als wir glauben! Die meisten von uns haben nämlich sehr wohl verstanden, dass wir beim Klima unter immensem Handlungsdruck stehen. 

Demokratie zum Selbermachen: Werde Direktdemokrat*in!

Und ja, der zweite Schritt heißt: Direktdemokrat*in werden. Wenn sich die Politik wieder mal selbst blockiert (und das wird mit dem Erstarken der AfD in den nächsten Jahren eher noch krasser), dann müssen wir unsere demokratische Selbstwirksamkeit hochfahren. Was heißt das? Konkret die (Klima)-Demokratie von unten selber machen. Das klingt naiv? Vielleicht auf den ersten Blick. Aber in den Kommunen ist direkte Demokratie schon jetzt gelebte Praxis. Der von der Universität Wuppertal und dem Verein Mehr Demokratie regelmäßig herausgegebene Bürgerbegehrensbericht dokumentiert bis dato knapp 7.500 Bürgerbegehren in Deutschland. Menschen tun sich für oder gegen ein konkretes Vorhaben zusammen und sammeln Unterschriften. Ist die Initiative erfolgreich, entsteht zum Beispiel eine Fotovoltaik-Freiflächenanlage oder eine Umgehungsstraße. 

Aktueller Bürgerbegehrensbericht, herausgegeben im Juni 2023 von der Universität Wuppertal und dem Verein Mehr Demokratie
Aktueller Bürgerbegehrensbericht, herausgegeben im Juni 2023 von der Universität Wuppertal und dem Verein Mehr Demokratie

Der Verein wertete alle bisher zum Klimaschutz stattgefunden Bürgerinitiativen mit dem Ergebnis aus, dass sich die allermeisten direktdemokratischen Initiativen für einen ambitionierteren Klimaschutz vor Ort einsetzen! Klima-Begehren forderten zum Beispiel die Abschaltung fossiler Kraftwerke oder Heizungsanlagen. Auch Projekte der Mobilitätswende werden immer öfter von Bürger*innen, durch Bürgerinitiativen und Bürgerentscheide angeschoben. Radentscheide verbessern ganz konkret die Verkehrsinfrastruktur vor Ort. Auch die Verschärfung kommunaler Klimaziele wird zunehmend von lokalen Initiativen durch die direkte Demokratie vorangebracht. Gegen den gefühlten Zickzack-Kurs hilft also nur selber machen! Mehr Demokratie berät jede Initiative auf dem Weg, einen konkreten Vorschlag für eine Bürgerinitiative einzubringen. Ruft also einfach an oder geht auf Klimawende.org. Hier findet ihr ein ganzes Netzwerk von Klima-Bürgerinitiativen. Vielleicht passiert schon etwas bei Dir um die Ecke.

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Autor*innen

Anselm Renn ist Kommunikations- und Politikwissenschaftler. Er ist Bundesvorstand von Mehr Demokratie e.V. und setzt sich seit Jahren als Pressesprecher und Campaigner für stärkeren Bürger:inneneinfluss in der Politik auf allen Ebenen ein. Im Campact-Blog schreibt er zu den Themen Direkte Demokratie und Volksentscheide. Alle Beiträge

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