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Melonis Kampf

Seit dem Amtsantritt von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verschärft sich in Italien der Streit um Regenbogenfamilien. Nun eskaliert die Situation.

Seit dem Amtsantritt von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verschärft sich in Italien der Streit um Regenbogenfamilien. Nun eskaliert die Situation.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Foto: IMAGO / ZUMA Wire

„Ich sage Ja zur natürlichen Familie, Nein zur LGBT-Lobby, Ja zur sexuellen Identität, Nein zur Gender-Ideologie“. Im Sommer 2022 brüllte Giorgia Meloni diese Worte in ein Mikro. Wenige Monate später gewann sie mit ihrer postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia die Parlamentswahlen; seit Oktober 2022 ist sie Ministerpräsidentin Italiens.

Seitdem hat Meloni ihren Ton etwas gemäßigt – und in den ersten Monaten ihrer Amtszeit viele Skeptiker*innen überrascht. In der Wirtschaftspolitik schlug sie zunächst keinen Kurswechsel ein, außenpolitisch stellte sie sich an die Seite der Ukraine. 

Mama, Papa, Kind – und nichts anderes

In den Angriffsmodus schaltete die Mussolini-Anhängerin gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern auf einem anderen Feld: der Gesellschafts- und der Familienpolitik. Ganz so, wie sie es im Wahlkampf versprochen hatte. 

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Stellt keine Geburtsurkunden mehr aus, auf denen zwei Mütter oder zwei Väter als Eltern eingetragen sind – diese Forderung verschickte das Innenministerium im März dieses Jahres an Bürgermeister*innen im ganzen Land. Der Hintergrund: Das italienische Gesetz kennt keine gleichgeschlechtlichen Familien mit Kindern, verbietet sie aber auch nicht. Diese rechtlich Grauzone nutzen einige liberale Stadtoberhäupter seit Jahren aus – so wie Giuseppe Sala aus Mailand, der ganz bewusst und öffentlichkeitswirksam Geburtsurkunden für lesbische Mütter und schwule Väter ausgestellt hat.

Regenbogenfamilien in Italien: Aus der Geburtsurkunde gelöscht

Während in Mailand Tausende gegen die Pläne des Innenministeriums auf die Straße gingen, scheint man in Padua auf diese Chance gewartet zu haben – und legt die Anweisung besonders streng aus. Die Staatsanwältin der norditalienischen Stadt, Valeria Sanzari, beanstandet nun die Geburtsurkunden sämtlicher Kinder seit 2017, auf denen zwei Väter oder zwei Mütter als Eltern eingetragen sind. In einem ersten Fall hat sie beantragt, dass die standesamtliche Eintragung einer der beiden Mütter eines fünfjährigen Mädchens rückgängig gemacht wird.

Für die betroffene Familie hätte das ernsthafte Folgen. Reisen ins Ausland, Behördengänge, ärztliche Untersuchungen – schwierig bis unmöglich für das Elternteil, das die Staatsanwältin aus der Geburtsurkunde löschen ließ. Und natürlich senden die Vorgänge eine Botschaft an alle anderen Regenbogenfamilien im Land: Ihr seid nicht gleichwertig – und sicher seid ihr auch nicht.

Meloni spaltet das Land

Die italienische Gesellschaft steht dabei nicht uneingeschränkt hinter Meloni. Nicht nur in Mailand, auch in anderen Städten gingen Menschen auf die Straße. Das Thema wird in den Medien kontrovers diskutiert – und die sozialdemokratische Partei „Partito Democratico“ rund um die offen bisexuelle Vorsitzende Elly Schlein steht klar auf der Seite der betroffenen Familien. 

In Deutschland gibt es immer mehr Regenbogenfamilien. Das ist gut so, findet unser Autor – schließlich lebt er selbst in einer.

Dennoch, das Grundproblem bleibt: Italien tut sich schwer damit, queeren Menschen mehr Rechte zuzugestehen – und das nicht erst seit Meloni. Zwar gibt es seit 2016 die eingetragene Partnerschaft, aber Ehe und Adoption bleiben schwulen und lesbischen Paaren verwehrt. 2021 scheiterte ein Anti-Homophobie-Gesetz im Senat; die rechten Parteien jubelten.

Sachsen legt vor

Aus deutscher Perspektive mag das, was derzeit in Italien passiert, absurd klingen. Doch in allzu großer Sicherheit sollten wir uns nicht wiegen – dafür reicht ein Blick nach Sachsen. Im Landtag warnt die AfD vor „Transen vor Schulen“. Das Kultusministerium verbietet das Gendern an Schulen und in Zwickau hat der Stadtrat einem AfD-Antrag stattgegeben und beschlossen, das Gendern in städtischen Betrieben zu untersagen. 

Die AfD ist stark in Sachsen; bei der letzten Bundestagswahl erhielt sie mit Abstand die meisten Stimmen. Über die Jahre ist es ihr – mit Unterstützung der CDU – gelungen, die politische Debatte deutlich nach rechts zu rücken. Mit Erfolg, wie die aktuellen Entwicklungen zeigen. 

In Sachsen findet kein Kulturkampf italienischen Ausmaßes statt. Aber was hier passiert, sollte uns alle warnen. So wie Meloni und ihre Fratelli d’Italia zuerst den politischen Diskurs verschoben haben und nun auf ihre Worte Taten folgen lassen, ist auch die AfD schon längst dabei, unser Land zu verändern.  

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Autor*innen

Henrik Düker ist Politikwissenschaftler und Soziologe. Bei Campact arbeitet er als Redakteur, im Blog beschäftigt er sich vor allem mit LGBTQIA*-Themen. Alle Beiträge

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