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Feministische Stadtplanung – ein Gewinn für alle?

Städte werden von Männern entworfen und gebaut – und lassen so oft die Bedürfnisse von Frauen außen vor. Das muss sich ändern.

Stadtplanung und Feminismus: Unsere Städte sind für Männer gebaut
Stadtplanung und Feminismus: Unsere Städte sind für Männer gebaut, Foto: IMAGO / Shotshop

Die Tage werden kürzer, die Nächte länger. Das ist vor allem für Frauen ein Problem, weil dann die Angsträume wachsen. Gemeint sind damit Orte im öffentlichen Raum, die dunkel sind, nicht gut einsehbar, eng und einsam. Viele Frauen nehmen Umwege in Kauf, um solche Orte zu vermeiden. Es gibt sogar digitale Begleitservices für Frauen auf dem Nachhauseweg, wie das Heimwegtelefon oder violawalkhome, mit denen Frauen auf dem Heimweg telefonieren können, um sich nicht alleine zu fühlen und schnell Hilfe rufen zu können. Es ist gut, dass es sowas gibt. Dass es nötig ist, ist fatal – und liegt auch an der Stadtplanung.

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Doch bei feministischer Stadtplanung geht es nicht alleine um Sicherheit. Aller Erfolge auf dem Weg zur Emanzipation zum Trotz sind heute immer noch Frauen hauptsächlich für Kindererziehung zuständig. Darum sind sie es, die vor allem darunter leiden, wenn es keine Stellflächen für Lastenräder gibt, Gehwege für den Kinderwagen viel zu schmal sind oder die U-Bahn-Station keinen Aufzug hat. Das macht Umwege notwendig und kostet Zeit, Energie und am Ende auch Geld.

Safer Cities – erste Initiativen machen Angsträume sichtbar

Seit einiger Zeit versuchen Projekte auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Die indische Stadt Mumbai etwa versucht durch weibliche Ampelfiguren den Frauen einen Platz in der öffentlichen Wahrnehmung zu geben. Ein kleiner Schritt, zugegeben, aber ein wichtiger Anfang. Denn fast überall auf der Welt sind es Männer, die Städte planen – ohne weibliche Perspektive.

Im größeren Maßstab ging Plan International das Problem an: Mit dem Projekt Safer Cities hatte Plan International Frauen dazu aufgerufen, öffentliche Orte zu markieren, an denen sie sich unsicher fühlen und damit deutlich gemacht, dass der öffentliche Nahverkehr, die Stadtplanung und die Architektur einen entscheidenden Anteil daran haben. Die Lösung dieser Probleme: eine feministische Stadtplanung.

Feministische Stadtplanung

„Eine feministische Stadtplanung wäre eine, bei der die unbezahlte Care-Arbeit anerkannt und bezahlt wird und Bedürfnisse von Frauen im Design und auch bei Budgetentscheidungen berücksichtigt werden“, sagt Leslie Kern, die als Professorin für Geographie, Umwelt sowie Frauen und Geschlechterstudien an der kanadischen Mount Allison University forscht und lehrt. Sie versteht unter dem Begriff außerdem den Ausbau öffentlicher Transportsysteme, kompakte Stadtviertel mit kurzen Wegen und mehr Co-Housing-Optionen, wo Alleinerziehende mit Familien zusammenleben können – mit kollektiven Räumen für die Kinderbetreuung. 

Was Kern hier so groß denkt, fängt schon im Kleinen an, mit generationsübergreifenden Spielplätzen, mit Spielgeräten für Kinder, Aufenthaltsräumen für Eltern, sowie Fitnessgeräten und Boule-Flächen für Menschen ohne Kinder. Mit Ampelschaltungen, die nicht an erwachsenen Fußgängern ausgerichtet sind, sondern an Senioren und kleinen Kindern. Mit hell beleuchteten Plätzen, Wegen und Haltestellen.

Von feministischer Stadtplanung profitieren alle

Eins wird dabei deutlich: Feministische Stadtplanung heißt dabei nicht, dass Städte nur auf die Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet werden, sondern dass die Stadtplanung ALLE Menschen mitdenkt. Eine feministische Stadtplanung stellt den Menschen an erste Stelle – nicht das Auto und nicht das Geld. Sie möchte, dass niemand ausgeschlossen wird, weil ihr*ihm finanzielle Mittel fehlen oder sie*er in der persönlichen Mobilität eingeschränkt ist. Besonders Menschen mit wenig Geld, ältere Menschen und sehr junge Menschen profitieren also direkt davon – und damit indirekt auch alle anderen.

Es tut sich was

Das erkennen immer mehr Städte und handeln entsprechend. In Hamburg wurde beispielsweise der Jungfernstieg in den letzten Jahren neu gemacht: keine Autos mehr, mehr Platz für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, Rampen für Kinderwagen, Orte zum Hinsetzen und Ausruhen und alles gut einsehbar. Das ist natürlich nur ein kleines Beispiel, aber es zeigt, was mit relativ wenig Aufwand möglich ist.

Langfristig ist das Konzept der 15-Minuten-Stadt wohl eines der besten, um feministische Stadtplanung in die Tat umzusetzen – mit kurzen Wegen, weniger Verkehr und mehr Lebensraum für alle. 

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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