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Ampel verschärft Lobbyregister

Lücken wurden gestopft, Schwächen ausgebessert, Regeln verschärft: Gestern Nacht hat der Bundestag eine Reform des Lobbyregisters beschlossen. Lies hier, wie LobbyControl die Reform bewertet.

Der Plenarsaal im Reichstagsgebäude. Im Bundestag wurde eine Verschärfung des Lobbyregisters beschlossen.
In Bundestag und Bundesregierung gelten künftig strengere Regeln für Lobbyarbeit. Foto: IMAGO / Future Image

Gestern Nacht gegen 23 Uhr stand ein bedeutendes Thema auf der Tagesordnung des Bundestags. Der Zeitpunkt war der Wichtigkeit eigentlich nicht angemessen, denn bei der Verschärfung des Lobbyregisters geht es um die für unsere Demokratie durchaus bedeutende Frage, welche Regeln für diejenigen gelten sollen, die Einfluss auf Politik nehmen wollen.

Reform des Lobbyregisters ist beschlossen

Imke Dierßen ist politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Für den Campact-Blog schreibt sie über Lobbyismus und politische Machtungleichgewichte. Hier liest Du alle Beiträge von ihr.

Doch wichtiger als die Frage, zu welcher Uhrzeit die Reform des Lobbyregisters vom Bundestag beschlossen wurde, ist die Tatsache, dass dies nun geschehen ist! Die Verschärfung des Lobbyregisters war dringend nötig, um bestehende Lücken zu stopfen, Schwächen auszubessern und die Angaben der Lobbyist:innen aussagekräftiger zu machen. Daher haben wir von LobbyControl den Gesetzgebungsprozess intensiv begleitet und freuen uns, dass dieser in der letzten Nacht endlich abgeschlossen werden konnte. Ab März 2024 gelten damit neue, schärfere Regeln für Lobbyist:innen!

Dass die Ampelfraktionen sich nach zähen Verhandlungen unter Beteiligung der Bundesministerien – und den Einflussversuchen zahlreicher Lobbyakteure – einigen konnten, war nicht selbstverständlich. Trotz der vielen Versuche, die Reform an wesentlichen Stellen aufzuweichen, kann sie sich im Ergebnis sehen lassen.

Mehr Angaben werden verpflichtend

Alle Lobbyakteure müssen nun konkret angeben, auf welche Gesetze oder Entscheidungen ihre Lobbyarbeit zielt. Bisher war das lediglich freiwillig. Zudem müssen künftig auch Stellungnahmen, aus denen die grundlegende Position hervorgeht, direkt in das Register hochgeladen werden. Das gilt auch dann, wenn sich die Lobbyarbeit auf Gesetzgebung in der Europäischen Union bezieht. Dafür hatten wir uns besonders eingesetzt, denn welche Position die Bundesregierung in Brüssel bei wichtigen Fragen wie etwa der Klima- und Energiepolitik, der Landwirtschaft oder der Regulierung von Chemikalien trifft, ist von großer Bedeutung – für uns alle, aber eben auch für Unternehmenslobbyist:innen.

Wenn Lobby-Agenturen, Kanzleien oder ehemalige Abgeordnete, die sich als Lobbyist:innen verdingen, sich in die Gesetzgebung einmischen, ist Transparenz über Ross und Reiter besonders wichtig. Das neue Gesetz sorgt für mehr Klarheit darüber, wer wen zu welchem Thema mit Lobbyarbeit beauftragt hat. Besonders umstritten war bis zuletzt, ob die Lobby-Dienstleister auch offenlegen müssen, wie viel Geld sie von ihren Auftraggebern erhalten. Erfreulich ist, dass die Ampelkoalition dem Druck nicht nachgegeben hat und nun die Größenordnung des Auftrags verpflichtend angezeigt werden muss.

Lobbyfinanzen müssen offengelegt werden

Eine weitere wichtige Verschärfung des Lobbyregisters ist, dass die Lobbyakteure Angaben zu ihrer Finanzierung oder zur Höhe ihrer Lobbyausgaben nicht mehr verweigern können. Alle Finanzangaben sind nun verpflichtend, die Finanzierungsstruktur muss offengelegt und weitere Einkommensquellen mit einbezogen werden. Zugleich wurden die Transparenzanforderungen bei Spenden gelockert. Das war zwar richtig, da die bisherige Regelung unverhältnismäßig streng und zu pauschal war. Jedoch ist das Pendel jetzt etwas zu weit in die andere Richtung geschwungen. Mit der neuen Regelung bleiben in vielen Fällen auch sehr große Zuwendungen im Dunkeln, was die verdeckte Finanzierung von Lobbyinitiativen erleichtert. Das ist einer der Punkte, mit denen wir nicht zufrieden sind.

Leider bleibt es auch weiter bei der pauschalen Ausnahme für Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kirchen, sich nicht ins Register eintragen zu müssen. Das ist besonders ärgerlich, da Grüne und FDP dies in der letzten Wahlperiode noch besonders scharf kritisierten.

Lobby-Fußspur fehlt weiterhin

Die Verschärfung des Lobbyregisters war nötig. Es wird nun deutlich aussagekräftiger und Lücken werden geschlossen. Entspannt zurücklehnen kann sich die Ampelkoalition bei der Lobbyregulierung aber noch nicht, denn die im Koalitionsvertrag angekündigte Lobby-Fußspur für Gesetze fehlt weiterhin. Wir erwarten von SPD, Grünen und FDP, dass sie bei dieser wichtigen Ergänzung zum Lobbyregister zügig vorankommen!

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Autor*innen

Imke Dierßen ist Politikwissenschaftlerin. Sie arbeitete viele Jahre bei Amnesty International als Referentin und Abteilungsleiterin. Dort hat sie gelernt, wie schwierig es für die Zivilgesellschaft sein kann, sich gegen einflussreiche Akteure aus Politik und Wirtschaft durchzusetzen. Seit 2015 ist sie politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Für den Campact-Blog schreibt sie über Lobbyismus und politische Machtungleichgewichte. Alle Beiträge

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