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Die Reise beginnt: Auf in den Ostblog

Ob in der Justiz, in Führungspositionen, in der Bundesregierung oder in allen wichtigen Ämtern dieses Landes – Ostdeutschland ist unterrepräsentiert. Auch bei Campact, zum Beispiel hier im Blog. Dem schaffe ich mit meiner neuen Kolumne nun Abhilfe. Starte hier Deine Reise mit mir in den Ostblog.

Die historischen Spielgeräte Elefant und Weltkugel gehörten zur Ausstattung von Kinderspielplätzen zu DDR-Zeiten. Der 70 Jahre alte Spielplatz ist Teil des idyllischen Kulturdenkmals Palmengarten in Leipzig. Der Spielplatz wurde restauriert, unter zeitgerechten Aspekten ausgebaut und im Frühjahr 2022 wieder eröffnet.
Die historischen Spielgeräte Elefant und Weltkugel gehörten zur Ausstattung von Kinderspielplätzen zu DDR-Zeiten – wie hier im Palmengarten in Leipzig. Foto: IMAGO / Steffen Junghans

Ich muss zugeben, mir fällt es nicht leicht, diese Zeilen zu schreiben. Bevor dieser Text hier zustande gekommen ist, habe ich etliche Male überlegt, geschrieben, verworfen, gespeichert, am nächsten Tag nochmal draufgeschaut und wieder verworfen. Das hat mit einer gewissen Aufregung zu tun, denn mit diesem Text eröffne ich hier eine kleine neue Rubrik im Campact-Blog. Da will natürlich jeder Satz sitzen. Aber eigentlich habe ich deswegen immer wieder hin und her überlegt, weil ich hier über ein Thema schreiben werde, das mir persönlich am Herzen liegt: Ostdeutschland.

„Ich komme aus dem Osten“ – ein Outing

Was auch zur Aufregung beiträgt: mein Outing – als Ossi. Vor allem aber als Nachwendekind. Ob Vor- oder Nachwendekind: Sich als Ostdeutscher zu outen ist oft nicht so leicht, gerade in diesen bewegten Zeiten. Auch in meiner Alterskohorte. Wenn ich zum Beispiel mit Kolleg*innen spreche und ihnen erzähle, dass ich in der mecklenburgischen Seenplatte aufgewachsen bin oder in Rostock gelebt habe – da verändert sich oft ihr Blick. Er wird fast mitleidig, aber irgendwie auch anerkennend. Als hätte ich mit meinem Leben in Ostdeutschland eine besondere Leistung vollbracht und gleichzeitig Qualen erlitten. So gut wie immer folgt die Frage: „Das war bestimmt eine harte Zeit, oder?“ Das soll dann wahlweise auf die Pogrome von Lichtenhagen anspielen (meist das einzige, was Westdeutsche über Rostock wissen) oder auf die Baseballschlägerjahre (während derer ich großteils noch ein Kind war) oder auf die ihnen bekannten Erzählungen von strengen, ideologisch-verblendeten Ex-DDR-Kindergärtner*innen und -Lehrer*innen.

All das stimmt, aber irgendwie auch gar nicht. Es zeigt aber, dass es viele Geschichten, Mythen und auch einfach Unwissenheit davon gibt, was im Osten eigentlich los ist oder war – gerade bei Westdeutschen. Jede*r sechste Westdeutsche war seit 1989 noch nie „in der Zone”. Kein Wunder, dass es kaum Wissen über diesen Landstrich im Osten der Republik gibt.

Gemeinsam den Osten entdecken

Allein das wäre schon Grund genug für diese neue Rubrik auf dem Campact-Blog. Denn machen wir uns nichts vor: Sowohl in der Belegschaft, als auch in den Reihen der Campact-Unterstützer*innen haben wir es mit einem dominanten Anteil an Westdeutschen zu tun. Woran das liegt und was das für uns bedeutet, ob das jetzt gut oder sogar schlecht oder irgendwie auch egal ist – das finden wir hier vielleicht in den kommenden Monaten gemeinsam heraus. Aber vor allem soll es hier um die anstehenden Wahlen 2024 gehen. Um Europa, um die vielen Kommunen, um Landräte und um die schon jetzt heftig diskutierten Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Und was das im Osten mit den Menschen macht. Und warum das für Campact wichtig ist.

2024 wird hart – das kann man jetzt schon sagen. Die aktuellen Umfragewerte lassen Ernüchterndes vermuten. Der Rechtsruck durchtränkt ganze Landstriche, politische Einschüchterung und Gewalt ziehen an. Gerade in den Wochen vor Wahlen ist die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt wie selten. 2024 schaut die ganze Republik nach den Rechten und will (oder wird?) sie vor allem im Osten finden. Doch noch können wir gegensteuern. Bei den vielen Wahlen im kommenden Jahr und beim Sprechen und Denken über den Osten.

Meine Einladung für die kommenden Monate: Wenn es schon viele physisch nicht in den Osten schaffen, dann könnt ihr hier gedanklich, lesend, fühlend in den Osten reisen. Ich lade Euch ein, Geschichten aus einem Landstrich zu lesen, der sich wie kaum ein anderer in Deutschland in den letzten 33 Jahren verändert hat. Ich lade Euch ein, zu erfahren, was es in Zeiten des Rechtsrucks bedeutet, Ostdeutscher zu sein. Und ich lade Euch ein, den Horizont zu erweitern, ostdeutsche Perspektiven zu hören und wahrzunehmen. Das ist der Auftakt. Einmal im Monat schreibe ich nun bei Campact über Ostdeutschland. Ich freue mich, wenn ihr mich auf dieser Reise begleitet.

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Autor*innen

Danny Schmidt ist seit 2019 Campaigner bei Campact. Als Teil des Kampagnen-Teams gegen Rechts setzt er sich vor allem gegen das Erstarken rechter Strukturen, Bewegungen und Parteien ein. Als Nachwendekind aus der ostdeutschen Provinz lässt ihn die Frage der ostdeutschen Identitäten nicht los – für den Campact-Blog schreibt Danny Schmidt für, über und aus Ostdeutschland. Alle Beiträge

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