Feminismus Rechtsextremismus
Wie Tradwives und die AfD traditionelle Rollenbilder propagieren
Kochen, putzen, backen – dabei immer top-gestylt: Auf TikTok trenden derzeit Tradwives. Dahinter steckt eine antifeministische Ideologie, die ziemlich viel mit der AfD gemein hat.
Was sind Tradwives?
Sie zeigen sich beim Putzen, teilen Kochrezepte, kümmern sich um Kinder und Ehemann – und propagieren so die Rückkehr zu traditionellen Werten: Ihren Ursprung haben die sogenannten „Tradwives“ (eine Abkürzung für „traditional wives“, dt. Traditionelle Ehefrauen) in Reddit-Foren. Mittlerweile gibt es sie auf YouTube, Instagram und TikTok. Dort erreichen sie Millionen.
Tradwives in sozialen Netzwerken
Alleine auf TikTok finden sich zahlreiche Beiträge zum Hashtag #tradwife – viele der Videos werden hunderttausendfach aufgerufen.
„Ein idealtypisches Tradwife-TikTok zeigt eine im Stil der 50er Jahre gekleidete junge Frau bei einer Aktivität im Haushalt. Untermalt wird dies mit Countrymusik und einem eingesprochenen Kommentar, der Frauen bestärkt, sich vom Feminismus loszusagen und als Mutter und Ehefrau in einem patriarchalen Familiensystem mit klar definierten Geschlechterrollen Erfüllung zu suchen“, heißt es im Report „Das TikTok-Universum der extremen Rechten“ der Bildungsstätte Anne Frank.
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Doch woher kommt die Faszination, sich diese Videos von dem vermeintlich perfekten Leben als Hausfrau anzusehen? Fakt ist: Gerade in unsicheren Zeiten suchen Menschen in traditionellen Rollenmodellen Zuflucht und sehnen sich nach einfachen und klaren Strukturen. Genau dies bedienen solche Accounts. Doch dieser Rückzug birgt für junge Frauen und die Gleichstellung von Frauen und Männern enorme Gefahren.
Gefahren des Tradwife-Trends für junge Frauen
Auf den ersten Blick haben die Tradwife-Videos einen unpolitischen Charakter. Doch wer genau hinsieht, erkennt schnell ihr antifeministisches Potenzial. Mit ihren Videos erreichen Tradwives gerade auf TikTok ein jüngeres, meist weibliches Publikum – und genau das könnte durch die Videos in seiner Selbstwahrnehmung und Karriereentscheidung beeinflusst werden.
Laut der Bundeszentrale für politische Bildung propagieren Tradwives ein konservatives und traditionelles Bild von Geschlecht, das eng verknüpft ist mit der Vorstellung einer unterwürfigen Weiblichkeit.
Das Verherrlichen dieses traditionellen Rollenmodells untergräbt die Fortschritte der Frauenbewegung. Konservative und antifeministische Strukturen werden gestärkt: Frauen sollen Zuhause bleiben, sich um ihre Familie kümmern. Gerade in den USA kommen Tradwives meist aus christlich-fundamentalistischen Kreisen – die Unterordnung der Frau hat für sie etwas Naturgegebenes.
Auch im deutschsprachigen Raum propagieren viele Tradwives eine „natürliche, gottgebene Geschlechterordnung“. Doch im Gegensatz zur unbezahlten Care-Arbeit verdienen viele Tradwives mit ihren Accounts richtig viel Geld – und machen sich somit finanziell gar nicht so abhängig von ihrem Ehemann.
Das traditionelle Frauenbild der AfD
Explizite politische Forderungen oder parteipolitische Inhalte finden sich bei den Tradwives zwar weniger. Und doch gibt es Überschneidungen mit der rechten Szene, denn für die extreme Rechte ist Familienpolitik ein zentrales Thema. Verschwörungserzählungen des „Großen Austauschs“, laut dem die „einheimische“ – sprich, weiße – Bevölkerung ausgetauscht werden soll, sind omnipräsent.
Selbstredend sind diese Verschwörungserzählungen auch bei der AfD zu finden. Statt auf Einwanderung setzt die Partei in ihrem Grundsatzprogramm auf „eine höhere Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung“, die sie mittels einer „aktivierenden Familienpolitik“ sicherstellen will.
Feminismus wird von der AfD immer wieder als Bedrohung dargestellt – mit ihren antifeministischen Erzählungen versucht die Partei, Wähler*innen für sich zu mobilisieren. Ganz vorne dabei ist dabei der ehemalige Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, der mit populistischen Aussagen wie „als echte Männer wollen wir echte Frauen haben“ und „Feministinnen sind alle hässlich und grässlich“ um sich geschlagen hat.
Tradwives mit AfD-Gesinnung
Tradwives mit rechtsextremer Gesinnung, das passt zum Frauenbild der AfD. Beim TikTok-Account von @candy.afd trifft die Tradwife-Ästhetik dann auch auf AfD-Werbung. Candy Jacob ist Mitglied der „Jungen Alternative Thüringen“. Bei TikTok klärt sie ihre Follower*innen darüber auf, wie man der AfD beitreten kann. Auf ihrem Instagram-Profil präsentiert sie sich Arm in Arm mit dem Nazi Björn Höcke. Daneben finden sich Videos zu Themen wie „Echte Frauen brauchen echte Männer“ oder zu „Miss Germany ist eine Iranerin.“ Schönheit sei laut Jacob „nicht nur eine Frage des Aussehens, sondern eine politische Frage“. Es gehe um „deutsches Aussehen und deutsche Kultur“.
Ob bei der AfD oder anderen neu-rechten Influencer*innen: Antifeminismus spielt für sie eine zentrale Rolle. Natürlich sollte jede Frau die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, ob sie zu Hause bleiben möchte oder nicht. Problematisch werden die Tradwife-Reels dann, wenn Weiblichkeit als Gegensatz zu Feminismus verkauft wird – und mittels (auf den ersten Blick) unproblematischer Kochvideos versucht wird, die Jugend auf TikTok zu radikalisieren.