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Homohass von Rechts

Brandanschläge, Angriffe auf CSDs, Hetze gegen Politiker*innen – die queere Szene ist das neue Feindbild der Rechtsextremen.

Teilnehmende beim CSD in Eisenach am 14. September 2024.
Teilnehmende beim CSD in Eisenach am 14. September 2024 mit einem Banner, das auch als Anti-Rechts-Protest gelesen werden kann: "Na, Angst vor Regenbogenflaggen?" Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg

Feuer in Rostock: Anfang November brennt in der Hansestadt eine queere Bar. Ein Unbekannter schleudert in den frühen Morgenstunden einen Gegenstand durchs Fenster, anschließend breitet sich das Feuer aus. Nicht der erste Versuch – bereits im September gab es einen Brandanschlag. Der starke Verdacht: Die Tat war queerfeindlich motiviert. Sie reiht sich ein in eine Kette anderer trauriger Ereignisse.

„Unsere Solidarität, unsere Gemeinschaft und unser Kampfgeist sind stärker als jeder Angriff“, sagt Bar-Betreiber Andy Szabó dem NDR. Der Rostocker ist Gastronom und nebenbei auch Aktivist – mit seiner Petition auf WeAct hat Andy Szabó maßgeblich dazu beigetragen, das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, zu kippen.

 Organisierte Gewalt von Rechts

Allein zwischen Juni und September gab es 22 Angriffe gegen Christopher Street Days (CSDs). In Bautzen zogen parallel zur Pride-Demo 700 Neonazis durch die Stadt. Rechtsextreme Gruppen hatten dafür im ganzen Land mobilisiert. Route und Abschlusskundgebung mussten lange geheim bleiben, die After-Show-Party fiel aus. In Leipzig hielten rund 1.000 Polizist*innen einige Hundert Neonazis in Schach, die die Pride-Demo stören wollten. Auch der Braunschweiger CSD musste in diesem Jahr unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen stattfinden; in Köln und Berlin kam es ebenfalls zu Problemen mit Rechtsradikalen.

Oder der Fall des Neubrandenburger Oberbürgermeisters Silvio Witt. Nachdem die Stadtvertretung das Hissen der Regenbogenflagge am Bahnhof verboten hatte, trat Witt zurück. Es kam heraus: Der Politiker litt schon seit Jahren unter queerfeindlicher Hetze, der Fahnenvorfall brachte das Fass zum Überlaufen.

Das neue Feindbild der extremen Rechten

Die Beispiele zeigen: Rechtsextreme Queerfeindlichkeit ist zu einem echten Problem geworden. Verbale Attacken auf queere Menschen nehmen bereits seit Jahren zu, nun mehren sich tätliche, oft orchestrierte Angriffe, gerade auf CSDs. Das überrascht nicht, denn CSDs sind das Symbol queerer Sichtbarkeit schlechthin – und queere Menschen ein elementares Feindbild der extremen Rechten. „Queerfeindlichkeit ist ein zentraler Mobilisierungsfaktor für die gewaltbereite rechtsextreme Szene“, sagt die grüne Bundestagsabgeordnete Misbah Khan.

Das alles ist eng mit dem Aufstieg der AfD verknüpft. „Die AfD ist längst der parlamentarische Arm der gewaltbereiten rechtsextremen Szene“, schreibt Danny Schmidt in seinem Blog-Beitrag „Jung, männlich, gewaltbereit: Wer den CSD bedroht“. Dessen aggressiver Anhang auf der Straße gehe gezielt gegen Christopher Street Days vor. Wenn Homohass im politischen Alltagsgeschäft seinen Platz findet, motiviert das andere – sie fühlen sich ermutigt, selbst aktiv zu werden.

CSDs als Symbol des Widerstands

CSDs werden seit Jahren kritisiert, auch innerhalb der Community – zu kommerziell, zu unpolitisch, zu viel Party. Doch im Kern bleibt der CSD eine zutiefst politische Veranstaltung. Seit den Aufständen in der Christopher Street im Jahr 1969 symbolisiert er den Widerstand gegen Diskriminierung, demonstriert für gleiche Rechte und schafft gesellschaftliche Akzeptanz. Sei es der Zugang zu medizinischer Versorgung für trans Menschen oder die Bekämpfung von queerfeindlicher Gewalt – CSDs machen auf Missstände aufmerksam und stellen politische Forderungen. 

Die Schauspieler Jochen Schropp und Hape Kerkeling sowie Musiker Jendrik Sigwart haben eins gemeinsam: Sie haben alle die Petition „Deine Stimme gegen Hass – Besserer Schutz von LGBTQ* vor Hasskriminalität“ auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, unterzeichnet.

Gleichzeitig ist auch der Party-Aspekt nicht trivial. In einer Gesellschaft, die queere Menschen immer wieder marginalisiert, ist es zutiefst politisch, sich ohne Angst vor Vorurteilen zu zeigen und öffentlich zu feiern. Das ist nicht nur ein Ausdruck von Lebensfreude, sondern auch ein kollektiver Akt des Widerstandes gegen die ständige Erwartung, sich anzupassen oder zu verstecken.

CSDs brauchen Unterstützung

Auch im Jahr 2024 sind CSDs immer noch immens wichtig – gerade auf dem Land. Schwule, Lesben und trans* Menschen erfahren abseits der Großstädte immer noch weniger Akzeptanz. Beim CSD in Bautzen auf die Straße zu gehen, dazu gehört sowieso schon eine ganze Portion Mut. Das verschärft sich ungemein, wenn dann noch ein gewaltbereiter, rechtsextremer Mob dazustößt, der die Demonstrierenden beschimpft und bedroht. „Deswegen ist es so wichtig, dass sich möglichst viele Menschen an diesen Umzügen beteiligen und sich solidarisch zeigen“, sagt Danny Schmidt.

Trotz aller Gegenproteste und Anfeindungen – allein in Sachsen waren für dieses Jahr 21 CSDs und Pride-Veranstaltungen gemeldet, in ganz Deutschland waren es knapp 200. Für die queere Sichtbarkeit, gerade im ländlichen Raum, ist das enorm wichtig. Ebenso wie die solidarischen Demos und Proteste nach den Ereignissen in Rostock und Neubrandenburg; in beiden Städten gingen mehr als 1.000 Menschen auf die Straße und protestierten.

Der Hass und die AfD

Aber das Grundproblem bleibt: Rechtsextremer Hass konzentriert sich immer mehr auf die queere Szene. Wie sich die AfD dabei positioniert, zeigte sich erst vor Kurzem in Mecklenburg-Vorpommern. Als Reaktion auf die Ereignisse beim CSD in Wismar hatten die Grünen einen Antrag in den Landtag eingebracht, queere Veranstaltungen besser zu schützen. Der AfD-Abgeordnete Horst Förster war damit nicht einverstanden. Er stellte einen Bezug zwischen Pädophilen und queeren Menschen her und forderte: „Es ist an der Zeit, ein Grundrecht auf Normalität auszurufen, das heißt, unbelästigt so zu sein, wie es der natürlichen Ordnung und unseren kulturellen Vorstellungen entspricht.“

Nicht nur in Landesparlamenten, auch im Bundestag fallen AfD-Politiker*innen immer wieder mit homophoben Äußerungen auf. Es bleibt abzuwarten, wie queerfeindlich das Wahlprogramm der Bundes-AfD ausfällt. Die Europawahl hat uns da auf jeden Fall schon mal einen Vorgeschmack gegeben – oberflächlich glattgezogen, triefte es vor Hass gerade gegen trans Menschen.

Die ersten CSD-Termine für 2025 stehen auf jeden Fall bereits – auch in Bautzen gehen sie hoffentlich wieder auf die Straße. 

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Autor*innen

Henrik Düker ist Politikwissenschaftler und Soziologe. Bei Campact arbeitet er als Redakteur, im Blog beschäftigt er sich vor allem mit LGBTQIA*-Themen. Alle Beiträge

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