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Montagslächeln: Gisèle Pelicot

Die Scham muss die Seite wechseln. Vergangene Woche wurde Gisèle Pelicots Ex-Ehemann zu 20 Jahren Haft verurteilt. Es gab keinen einzigen Freispruch. Die Urteile sind bahnbrechend und können doch nur der Anfang sein.

Quelle: Kostas Koufogiorgos / toonpool.com

69 Verhandlungstage. 51 Angeklagte vor Gericht. Jede Tat vom Ehemann dokumentiert. Die Beweislage war eindeutig – und dann am Donnerstag das Gerichtsurteil: Gisèle Pelicots Ex-Ehemann wurde zu zwanzig Jahren Haft verurteilt, so wie von der Staatsanwaltschaft gefordert. 

Über fast zehn Jahre hinweg wurde Gisèle Pelicot von ihrem Ex-Partner betäubt, missbraucht und über 70 fremden Männern zur Vergewaltigung ausgeliefert – während er den Missbrauch gefilmt hat. Neben dem 72-jährigen Ex-Ehemann Dominique Pelicot standen über 50 weitere Männer vor Gericht. Der Großteil von ihnen wurde ebenfalls der schweren Vergewaltigung schuldig gesprochen. 

Sexualisierte Gewalt umfasst alle sexuellen Handlungen, die einer Person aufgedrängt oder aufgezwungen werden. Sie reicht von sexueller Belästigung bis zu Vergewaltigung. Wenn Du selbst Opfer sexueller Gewalt bist, das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist 24 Stunden lang, anonym und kostenfrei erreichbar. 

„Die Scham muss die Seite wechseln“

Der Vergewaltigungsfall hat die Welt erschüttert. Nicht nur die Beweislage machte den Fall einzigartig. Es sind vor allem der Mut und die Stärke Gisèle Pelicots, die Schlagzeilen machten. Statt den Prozess hinter verschlossenen Türen zu führen, bestand Pelicot darauf, den Gerichtssaal für die Öffentlichkeit zu öffnen. Der Satz „Die Scham muss die Seite wechseln“ ihres Anwalts Stéphane Babonneau wurde zur Parole von Tausenden Menschen. „Die zierliche Frau mit dem kupferroten Pagenschnitt wurde zu einer Ikone der Frauenbewegung weltweit“, schreibt die taz und ordnet die historische Bedeutung des „Procès Pelicot“ in Frankreich ein.  Der Spiegel berichtet über den Fall als „Protokoll eines Ausnahmeprozesses“ und auch die New York Times schreibt über die neue „feministische Heldin“ Frankreichs.

Der Fall Pelicots hat in Frankreich auch die Debatte über „Ja heißt Ja“ neu angestoßen. Denn in Frankreich reicht – so wie auch in Deutschland – ein verbales „Nein“ zum Sex bislang nicht für eine Anklage für Vergwaltigung aus. (Lies hier mehr zur Zustimmungslösung.) 

Pelicot ist kein Einzelfall

Gisèle Pelicot ist kein Einzelfall. Gewalt gegen Frauen nimmt weltweit zu. Wie dramatisch die Situation bei Gewalt gegen Frauen ist? Einen Eindruck vermittelte erst das kürzlich veröffentlichte Lagebild „Geschlechtsspezifische Gewalt“: 360 Femizide im Jahr 2023, mehr als 600 versuchte Tötungsdelikte, alle drei Minuten häusliche Gewalt.

Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram

Die Dunkelziffer bei oben genannten Straftaten ist hoch, besonders bei partnerschaftlicher Gewalt. Zehntausende Taten ereignen sich im Verborgenen. Gerade hat das Rechercheteam vom STRG_F ein Vergewaltiger-Netzwerk aufgedeckt: In Dutzenden von Telegram-Gruppen tauschen sich Männer darüber aus, wie sie Frauen betäuben und missbrauchen können.

Was es jetzt braucht? Erst letzte Woche hat das Bundeskabinett die Gewaltschutzstrategie beschlossen. Ein Kernstück ist das Gewalthilfegesetz, das ab 2030 einen bundesweiten Anspruch auf kostenfreie Beratung und Schutz für Opfer geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einführen soll. Bis dahin plant man, das Hilfesystem auszubauen, von Frauenhäusern bis zu Beratungsstellen. Doch das Gesetz von Grünen und SPD wird von den anderen Parteien im Bundestag blockiert – allen voran von Union und FDP. Die politischen Manöver gefährden die Sicherheit und das Leben von Frauen.



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