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Kindeswohlgefährdung auf Instagram 

Fotos von Kindern für Werbezwecke auf Social Media können das Kindeswohl gefährden, das belegt ein Gutachten im Auftrag von Campact und dem Deutschen Kinderhilfswerk. Was bedeutet das für „Family-Influencing“?

Gutachten belegt: Family-Influencing kann das Kindeswohl gefährden
Foto: Campact e.V.

„Eine Kindeswohlgefährdung kann je nach Einzelfall durch die Veröffentlichung von Kinderfotos im Internet zu gewerblichen Zwecken angenommen werden“. Was juristisch klingt, könnte die Arbeit von Influencer*innen stark beeinflussen. Gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk e.V. hat Campact e.V ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zeigt, dass „Familiy-Influencing“ die eigenen Kinder gefährden kann. 

Gutachten belegt Kindeswohlgefährdung im Netz

Ob beim Planschen am See, mit einem aufgeschürften Knie oder schlafend auf dem Sofa: Sowohl Bilder von Krankheiten als auch von vermeintlich alltäglichen Situationen können laut Gutachten den Tatbestand der Kindeswohlgefährdung erfüllen. Besonders wenn Kinder zu Werbefiguren stilisiert und in den sozialen Medien instrumentalisiert werden, verletzt das ihr Recht auf Selbstdarstellung und greift in ihr Persönlichkeitsrecht ein. 

Eingriff in die Persönlichkeitsrechte 

Die Anwält*innen der Kölner Medienkanzlei Brost Claßen stellen in dem Gutachten klar: „Insbesondere bei emotionalen oder körperlichen Ausnahmezuständen wie Angst, Scham oder Traurigkeit sowie im Schlafzustand stellt die Veröffentlichung entsprechender Fotografien einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des abgebildeten Kindes dar. […] Insgesamt kann eine Kindeswohlgefährdung in solchen Konstellationen wegen der besonderen seelischen Verletzung der Intim- oder Privatsphäre des abgebildeten Kindes begründet werden.“  

Veröffentlichungsverbot von Fotos von Kindern unter sieben

Immer mehr Eltern vermarkten ihre Kinder auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, TikTok oder Instagram. Dieses „Familiy-Influencing“ zahlt sich aus, denn: Kid-Content klickt gut. Private Einblicke lassen die Accounts wachsen – und je größer der Account, desto mehr Geld kann er für den nächsten Werbedeal verlangen.

Kinderrechte auf Instagram wahren

Auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, fordert Sara Flieder gemeinsam mit über 50.000 Unterstützer*innen von Familienministerin Lisa Paus (Die Grünen): Für gewerblich handelnde Influencer*innen muss es Regeln geben, um die Intimsphäre der Kinder zu schützen. Schließe Dich ihnen an.

Zwar gibt es bereits Gesetze zum Kinderschutz, doch im Fall von „Family-Influencing“ greifen sie nicht. Darum muss der Schutz der „digitalen Persönlichkeit des Kindes“ – wie die Autor*innen es nennen – konkretisiert und vor allem anwendbar gemacht werden. Das Gutachten legt dafür ein durchdachtes Schutzkonzept vor, das sich am Alter des Kindes orientiert. Für Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr sollte laut den Jurist*innen ein komplettes Veröffentlichungsverbot gelten, da sie in diesem Alter besonders schutzbedürftig sind. 

WeAct-Petition fordert Schutz von Kinderrechten

Um die Intimsphäre von Kindern auf Instagram zu schützen, hat Sara Flieder vor zwei Jahren eine Petition auf WeAct gestartet. Sara ist selbst Mutter – wie viele andere Eltern scrollte sie durch Instagram und stieß dort immer wieder auf grenzüberschreitende Bilder und Videos: detaillierte Video-Rundgänge durch das Kinderzimmer, Infos über Schlafroutinen, Lieblingskleider, Urlaubsorte oder Krankheitsgeschichten mit genauen Beschreibungen der Beschwerden. Aber auch Kinder, die weinen, die in Panik sind, weil ihre Eltern sie für „lustige“ Videos ausgetrickst hatten. 

Ich weiß alles über einige Influencer-Kinder. Und mit mir zusammen kennen Hunderttausende die Kinderzimmer, die Geburtstagsfeiern, die Krankheiten, die Trotzphasen, das Lieblingsessen und die Hobbys.

Sara Flieder, Aktivistin für Kinderrechte und WeAct-Petentin

Je tiefer sie in der Blase des „Family-Inflencing“ abtauchte, desto stärker wurde das Störgefühl der Hamburgerin: „Die Privatsphäre der Kinder wird hier nachhaltig verletzt – damit die Eltern Geld verdienen.“ Je jünger die Kinder sind, desto leichter lassen sie sich in Klicks und Reichweite verwandeln. Deshalb kennen viele Influencer*innen keinerlei Grenzen in der Vermarktung des eigenen Privatlebens – und dem ihrer Kinder. 

Familiy-Influencing braucht Gesetze

Das Gutachten bestätigt, was Sara seit über zwei Jahren kritisiert. „Family-Influencing ist nicht nur Kinderarbeit und verletzt massiv die Privatsphäre der Kinder, es kann sogar bis zur Gefährdung des Kindeswohls gehen.“ 

Mit dem Gutachten wird Sara weiter auf Politiker*innen zugehen: Diejenigen, die sich bereits für Kinderrechte starkmachen, erhalten fundierte Argumente. Darüber hinaus kann das Gutachten im juristischen Kontext einen Unterschied machen. Anwält*innen von betroffenen Kindern (einige sind inzwischen volljährig) können sich darauf berufen. Auch Gerichte, die in Fällen von Kindeswohlgefährdung entscheiden müssen, können das Gutachten nutzen. Es ist zudem denkbar, Jugendämter und Landesmedienanstalten in die Überwachung der Vorgaben einzubinden.

Eines ist klar: Kindeswohlgefährdenden Aktivitäten in sozialen Netzwerken muss mit Gesetzen begegnet werden. Zusammen mit WeAct wird Sara das Gutachten dafür einsetzen. Denn wie das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. richtig feststellt: Kinderrechte gelten immer und überall – auch im Internet. 


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Autor*innen

WeAct ist die Petitionsplattform von Campact – einer Kampagnen-Organisation, die sich mit über drei Millionen Menschen für progressive Politik einsetzt. Im Campact-Blog berichtet das Team von WeAct regelmäßig über laufende Petitionen und aktuelle Erfolge. Alle Beiträge

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