Agrar Appell Lobbyismus
Günther Felßner, Landwirtschaftsminister von Söders Gnaden?
Wenn es nach CSU-Chef Markus Söder ginge, könnte ein Agrarindustrie-Lobbyist der nächste Landwirtschaftsminister werden. Günther Felßner, aktuell Bauernpräsident und selbst Landwirt, hat sich bis jetzt schon einige Aussagen geleistet, die absolut daneben sind.

Günther Felßner in seiner Funktion als Präsident des Bauernverbandes bei einer Veranstaltung in München im März 2023. Foto: IMAGO / Lindenthaler
Die Koalitionsverhandlungen für eine neue Regierung in Deutschland laufen. Und mittendrin mischt Markus Söder (CDU) mit. Er möchte einen seiner Lobby-Kumpels als neuen Landwirtschaftsminister sehen, nämlich Günther Felßner. Der 58-Jährige ist Präsident des bayerischen Bauernverbandes (BBV) und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes – und lobbyiert fleißig für die Agrarindustrie. Für die wäre die Besetzung Felßner im Landwirtschaftsministerium ein Glücksfall. Denn der Landwirt aus Franken steht für so einige Prinzipien, die vor allem großen Agrarkonzernen in die Hände spielen.
Agrarlobby ❌ Ministeramt

Für die Natur, bäuerliche Landwirtschaft und uns Verbraucher*innen wäre die Besetzung von Günther Felßner als Landwirtschaftsminister fatal.
Günther Felßner kandidierte bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 für die CSU auf Listenplatz drei. Trotz dieses prominenten Listenplatzes zog er nicht in den Bundestag ein, da alle CSU-Direktkandidaten ihre Wahlkreise gewannen. Die Landesliste wurde dadurch nicht berücksichtigt.
Günther Felßner und die Klimadebatte in der Landwirtschaft
„Das Tier ist klimaneutral, weil es Biomasse frisst“: Das sagte Günther Felßner vor der Bundestagswahl gegenüber der Tageszeitung taz, in Bezug auf die Nutztierhaltung in Deutschland. Laut Umweltbundesamt verursachte die Landwirtschaft 2023 inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen 14 Prozent der Treibhausgase in Deutschland. Der Großteil hängt mit der Tierhaltung zusammen. Doch Felßner bezeichnete im Wahlkampf Nutztiere als „klimaneutral„; die Nutztierhaltung möchte er gerne stärken.
Diese Aussage widerspricht führenden Forschungsergebnissen. Demnach produzieren etwa Kühe Methan, das zwar vergleichsweise schnell abgebaut wird, aber in dieser Zeit viel stärker zur Erderhitzung beiträgt als Kohlenstoffdioxid (CO2).
Selbst die klimafreundlichere Weidehaltung ist nicht klimaneutral.
Patrick Müller, studierter Landwirt und Tierhaltungsexperte des BUND
Felßners Haltung zu Pestiziden und Artenschutz
Die Landwirtschaft ist zudem mitverantwortlich dafür, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Deswegen gibt es zum Beispiel Auflagen dafür, wann wie viel landwirtschaftliche Fläche ruhen muss, um Platz für wilde Tiere und Pflanzen zu machen. Diese Flächenstilllegungen seien „mit Sicherheit nicht die Zukunft“, erklärte Felßner gegenüber „Panorama“, das sei eine Landnutzungsidee des letzten Jahrhunderts. Er sehe außerdem keinen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Pestiziden und dem Artensterben: Pflanzengift schade nicht der Artenvielfalt.
Damit folgt er der Linie der Union, die Zulassung von Pestiziden am liebsten noch erleichtern zu wollen. Dabei sind die jetzigen Zulassungsregeln schon so aufgeweicht, dass immer wieder auch gesundheitsschädliche Mittel Zulassungen bekommen. Die dann nach öffentlicher Kritik und neuen Studien später doch verboten werden.
Auch vor seiner Kandidatur für die CSU stand Felßner der Union schon politisch nahe. Diese vertritt traditionell eine Landwirtschaftspolitik, die stark auf industrielle Produktion setzt. Seine Forderungen nach mehr Subventionen, weniger Regulierung und einem „Weg von der Verbotspolitik“ treffen in konservativen Kreisen auf Zustimmung. Seine politischen Verbindungen, unter anderem zu Friedrich Merz, beeinflussen seine Positionen und seinen Einfluss auf die Landwirtschaftspolitik. Die zukünftige Bundesregierung ist jedoch dazu angehalten, die landwirtschaftliche Produktion nachhaltiger zu gestalten – was in der Vergangenheit schon oft zu Konflikten mit dem BBV führte.
Ein verurteilter Umweltsünder als Landwirtschaftsminister?
Mehrfach forderte Felßner, Umweltauflagen für die jährlich rund 55 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen abzubauen. Wie genau es der Milchbauer aus Franken mit dem Umweltschutz nimmt, zeigt seine eigene Arbeit als Landwirt. Gemeinsam mit seiner Frau Doris Felßner betreibt er in Günthersbühl, östlich von Nürnberg, eine Milchviehwirtschaft mit über 100 Kühen. Von 2011 bis 2016 hatte Felßner unerlaubt umweltschädliche Silagesäfte über ein Rohr in ein Nachbargrundstück geleitet und damit Boden und Gewässer verunreinigt. Damit hat sich Felßner der „Bodenverunreinigung in Tateinheit mit Gewässerverunreinigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen“ strafbar gemacht. 2018 verurteilte das Amtsgericht Hersbruck ihn deswegen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80 Euro.
Das Gericht kam ihm im Verfahren entgegen: Das ursprünglich vorgesehene Strafmaß von 150 Tagessätzen wurde im Verlauf des Verfahrens auf 90 begrenzt; zusätzlich trug Felßner einen Teil der Prozesskosten. Ab einem Strafmaß von 91 Tagessätzen hätte er als vorbestraft gegolten – was sicher ein heftiger Dämpfer für seine politische Karriere gewesen wäre.
Mit Felßner kommt ein agrarpolitisches „Weiter so“
Günther Felßner ist zweifellos eine einflussreiche Figur in der deutschen Agrarpolitik. Doch seine konservativen Positionen werfen die Frage auf, ob er tatsächlich die gesamte Landwirtschaft vertritt – oder vor allem die Interessen der großen Agrarkonzerne und der konventionellen Landwirtschaft. Während seine Anhänger*innen ihn als Kämpfer für die Bauernschaft sehen, kritisieren Umwelt- und Tierschutzorganisationen ihn als Bremser notwendiger Reformen.
Sollte Felßner tatsächlich Landwirtschaftsminister werden, werden die kommenden Jahre zeigen, ob er sich der Transformation in der Landwirtschaft stellt – oder ob er weiterhin auf ein agrarpolitisches „Weiter so“ setzt, wie es konservative Politiker und die Agrarlobby gerne von ihm sehen würden.
Bauernchef Felßner ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimaschutz, er ist verurteilter Umweltsünder und blockiert die Agrarwende. Fordere jetzt von SPD und CDU mit über 300.000 weiteren Personen, ihn als Agrarminister zu verhindern!