Agrar Lobbyismus
Erfolg: Lobby-Landwirtschaftsminister Felßner verhindert
Ein verurteilter Umweltsünder als Landwirtschaftsminister? Der behauptet, Fleischkonsum sei gut fürs Klima? Das haben über 415.000 Unterzeichner*innen unseres Campact-Appells verhindert. Der bayerische Bauernpräsident Günther Felßner (CSU) galt als gesetzt im neuen Kabinett – doch nun hat er als potenzieller Minister zurückgezogen.

Foto: lonksy / i.A.v. Campact
Markus Söder hat alles gegeben. Seit Wochen bereitet der CSU-Chef vor, dass Bayern einen einflussreichen Posten im neuen Kabinett bekommt. Sein Wunschkandidat für das Landwirtschaftsministerium: Günther Felßner. Laut Söder „endlich mal ein Fachmann“, ein „echtes Ass“ – oder auch: Ein Lobbyist mit besten Kontakten in die Agrarindustrie. Felßner ist Präsident des bayerischen Bauernverbands. Mit hanebüchenen Behauptungen rechtfertigte er Megaställe und Pestizide; Fleisch sei gut fürs Klima, Pflanzengift schade nicht der Artenvielfalt. Mit der Personalie wollte Söder wohl bei großen Agrarunternehmen punkten.
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415.000 Menschen verhindern Lobby-Minister
Für die bäuerliche Landwirtschaft, Klima- und Artenschutz wäre diese Besetzung eine Katastrophe. Darum haben wir einen Appell gestartet – und blitzschnell haben sich über 415.000 Campact-Unterstützer*innen angeschlossen.
Jetzt der Rückzug: Felßner hat bekannt gegeben, dass er nicht mehr für das Amt des Landwirtschaftministers bereit steht. Den Verzicht begründet er mit Protesten von Tierschützer*innen auf seinem Privatgrundstück. Solche Aktionen gehen für uns zu weit – die Privatsphäre muss geschützt bleiben.
Es ist gut, dass Günther Felßner nicht Agrarminister wird. Der Cheflobbyist des Deutschen Bauernverbandes ist nicht nur verurteilter Umweltsünder, sondern verbreitet auch Desinformation und ist stark verfilzt mit der Agrarlobby. Gleichzeitig ist klar: So gerechtfertigt Protest gegen Lobbyismus und Klientelpolitik ist – er muss Grenzen kennen. Diese wurden mit dem Eindringen in die Privatsphäre von Felßner eindeutig überschritten. Derlei Aktionen sind nicht zu legitimieren und wir distanzieren uns von ihnen.
Christoph Bautz, Campact-Vorstand
Entscheidend für den Rückzug war aber wohl etwas anderes: Felßner verlor zunehmend die Unterstützung in seiner eigenen Partei, der CSU. Ohne unseren Appell und die kritische Berichterstattung wäre seine Kandidatur kaum so breit diskutiert worden.
Nun kam heraus: Kürzlich bekam Felßner vom Veterinäramt Besuch. Bei einer unangekündigten Kontrolle stellte es etwa „Mängel in der tierärztlichen Versorgung“ einzelner Rinder fest. Die Mängel sollen mittlerweile behoben sein. 2018 wurde er wegen der Verschmutzung von Böden und Grundwasser verurteilt – er hatte jahrelang von seinem Hof kontaminierte Abwässer in die Umwelt geleitet.
Agrarwende bleibt bedroht
Gemeinsam haben wir einen Lobbyminister verhindert – doch die Agrarwende bleibt bedroht. Denn was aus den Koalitionsgesprächen zwischen SPD und Union bekannt wird, ist alarmierend. Mehr Geld für tierfreundliche Ställe und eine erweiterte Kennzeichnung der Tierhaltung auf Lebensmitteln stehen gravierenden Rückschritten beim Umwelt- und Artenschutz gegenüber:
- Der Einsatz von Pestiziden soll nicht mehr bis 2030 halbiert werden. Stattdessen könnten neue giftige Substanzen noch einfacher zugelassen werden.
- Die sogenannte Stoffstrombilanz für landwirtschaftliche Betriebe soll wegfallen. Das bedeutet, dass diese nicht mehr genau angeben müssen, wie viel Nitrat sie in die Umwelt abgeben – und damit auch das Trinkwasser belasten.
- Schwarz-Rot will das Ziel aufgeben, bis 2030 einen Anteil von 30 Prozent Bio-Landwirtschaft zu erreichen.
- Die Subventionierung von umweltschädlichem Agrardiesel soll vollständig zurückkehren.
Diese Pläne zeigen: Eine wachsame Agrarbewegung, die sich geplanten Rückschritten schnell in den Weg stellt, ist wichtiger denn je. Mit Dir setzen wir uns weiter für eine bäuerliche und ökologische Agrarwende und konsequenten Klimaschutz ein.