AfD Irankrieg Rechtsextremismus Trump CDU Corona Montagslächeln Klimakrise Feminismus Digitalisierung

Mit Tarnkappenfliegern und Bunkerbrecher-Bomben haben die Vereinigten Staaten von Amerika den iranischen Staat angegriffen. In der Nacht zum 22. Juni erfolgte der Einsatz als Unterstützung des bereits laufenden Angriffs des israelischen Staates. Mit der Operation „Midnigth Hammer“ sollten die Atomanlagen des Irans zerstört werden. Von einem „sehr erfolgreichen Angriff“ schreibt US-Präsident Donald Trump auf Truth Social. Die Frage, inwieweit eine „präemptive Selbstverteidigung“ durch eine „völkerrechtliche Rechtfertigung“ legitim sei, wird seit dem Befehl von Benjamin Netanjahu verhandelt. Eine Partei in der Bundesrepublik, die stets schnelle Antworten mit lautem Getöse verbreitet, bekundet nun zögerliche Überlegungen und leise Anmerkungen. Die AfD laviert in ihren Positionen; sie will bei ihren Mitgliedern und Wählenden keinen Zuspruch verlieren.

Willkommen im Campact-Blog

Schön, dass Du hier bist! Campact e.V. ist eine Kampagnen-Organisation, mit der 3,5 Millionen Menschen für progressive Politik einsetzen. Im Campact-Blog schreiben das Team und ausgezeichnete und versierte Gast-Autor*innen über Hintergründe und Einsichten zu progressiver Politik.

Am Sonntagnachmittag erklärten AfD-Bundessprecherin Alice Weidel und AfD-Bundessprecher Timo Chrupalla in einem Statement: „Die Angriffe auf den Iran dürfen nicht bis zu einem bitteren Ende weitergeführt werden.“ Und in Bezug auf den US-Vizepräsident J. D. Vance legen sie in einer knappen Pressemitteilung dar, dass „Friede durch ehrliche Diplomatie auf allen Seiten“ angestrebt werden soll. Europa solle den „Weg der Vermittlung weitergehen, um im Interesse seiner Bürger eine Eskalation in der Golfregion zu stoppen“. Das laute Schweigen, wer welche Verantwortung in dem Konflikt im Nahen Osten trägt, dürfte der politischen Ambivalenz geschuldet sein. Das AfD-Milieu schätzt doch sowohl Donald Trump sehr, der mit seiner Politik Israel unterstützt, als auch Vladimir Putin, der mit seiner Strategie dem Iran nahesteht. Zwischen diesen Polen tendieren die Positionen.

Freunde von Trump – und von Russland

Jürgen Elsässer, Chefredakteur des „Compact“-Magazins, schrieb am 22. Juni auf X (ehemals Twitter): „Apocalypse Now: Trump führt Krieg.“ Wenige Stunden zuvor postete er : „Trump ist jetzt der gleiche Kriegsverbrecher wie George W. Bush. America First hat er ersetzt durch Israel First. Kein Blut für #Netanjahu, kein Blut für #Trump! Amis raus aus dem Nahen Osten – und aus Deutschland!“

Die Rhetorik, wie die Positionierung, könnte als ein Antiamerikanismus mit Antisemitismus wahrgenommen werden. „Ami, go home“ hat Elsässer allerdings auch in seinen linken Hochzeiten gefordert. Die Redaktion des Magazins, die sich gerade gegen ein Verbot juristisch wehrt, dürfte aber auch einfach enttäuscht sein. 2024 feierte Compact das „große Comeback“ des US-Präsidenten. Eine „Heldenmedaille in Silber“ bot die Redaktion an. Im Angebot ebenso eine Silbermedaille „Deutsch-Russische Freundschaft“. Der russische Präsident wird auch noch nach dem Angriff auf die Ukraine verehrt.

Via X poltert Elsässer nun gegen Maximilian Krah, er sei „lost“. Denn der AfD-Bundestagsabgeordnete habe sich vom „Russlandversteher“ zum „Unterstützer der Kriege des US-Imperialismus“ gewandelt. Elsässer hält Krah einen Post auf X vor, den dieser am Sonntagnachmittag veröffentlichte: „I stand with Trump! Die globalen Veränderungen, die Trump bringt, sind per Saldo positiv. Das sollten auch jene konzedieren, die den gestrigen Luftschlag auf den Iran kritisieren. Es gibt keine sinnvolle Alternative zu Trump.“ In der AfD ist Krah wegen seiner Nähe zu China mehr als umstritten. Im Mai wurde bekannt, dass die Generalstaatsanwaltschaft Dresden Krah verdächtigt, als Europaabgeordneter der AfD im Amt bestechlich gewesen zu sein und Geld gewaschen zu haben.

Mit Israel gegen die „Islamisierung“

In der AfD sind die Positionen zum israelischen Staat nicht minder ambivalent. Der Außenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Markus Frohnmaier wollte sich schon Tage vor dem der Operation „Midnigth Hammer“ nicht genau festlegen. Er versicherte, dass die AfD keine „Angriffe“ durch Israel unterstütze. Er betonte jedoch sogleich, dass Israel einen Nachbarn habe, „der seit vielen Jahren erklärt“ den Staat „von der Landkarte“ tilgen zu wollen. „Insofern bin ich natürlich der Meinung, dass Israel jedes Recht hat, dafür zu sorgen, dass die staatliche Existenz nicht bedroht wird“, sagte Frohnmaier der „Welt“.

Der Thüringische AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende Björn Höcke legt in einer Rede derweil dar: „Ich habe keinen israelischen und auch keinen iranischen, ich habe einen deutschen Standpunkt zu formulieren, der an deutschen Interessen und Möglichkeiten angelegt ist.“ Eine vermeintlich neutrale Position, in welcher er sich via X am 18. Juni zudem nicht zum Existenzrechts Israels positioniert. Der Bundestagsabgeordnete Alexander Wolf sagte per Pressemitteilung am 22. Mai: „Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten und hat das unveräußerliche Recht auf Selbstverteidigung – insbesondere gegen den Terror der Hamas in Gaza und im Westjordanland. Wer Israel in einer solch kritischen Phase in den Rücken fällt, stärkt indirekt islamistische Kräfte und gefährdet sowohl die Stabilität der gesamten Region als auch die fruchtbare deutsche Zusammenarbeit mit der israelischen High-Tech- und Rüstungsindustrie.“ Als „Deutsche“ stehe ihnen „nicht zu, Israel zu verurteilen, wenn es sich gegen einen Angreifer wehrt, der Juden ermordet und von der Auslöschung des Judenstaates träumt“, zitiert die „Welt“ den Bundestagsfraktionsehrenvorsitzenden Alexander Gauland und Fraktionsvize Beatrix von Storch.

„Germany first“

Diese Solidarität und die Kritik erfolgten offensichtlich aus mehreren Positionen. In der AfD steht Israel für eine starke Front gegenüber des „Dschihad“; der Staat würde die „Islamisierung“ abschwächen. Im deutschen Interesse sei für die vermeintliche Alternative zudem, dass durch Verhandlungen die Zusammenarbeit mit der deutschen Rüstungsindustrie nicht gefährdet und Fluchtbewegungen aus dem nahen Osten eingegrenzt werden. Am 18. Juni erklärten Weidel und Chrupalla bereits: „Europas Politiker müssen ihre Bürger vor negativen Auswirkungen des Nahost-Konflikts wie Migrationsbewegungen oder Anschlägen schützen und diplomatisch zur Friedensfindung beitragen.“ Von Storch erklärte am selben Tag bei X: „Mögliche Flüchtlingsströme müssen in der Region verbleiben. Es ist Aufgabe der Anrainer-Staaten sich um diese zu kümmern. Bei uns ist Boot voll und zwar übervoll.“ Ihre Position ist eindeutig und in der Partei nicht umstritten, sondern ihr Leitmotto: „Germany First“.

TEILEN

Autor*innen

Andreas Speit ist Journalist und Autor und schreibt regelmäßig für die taz (tageszeitung). Seit 2005 ist er Autor der Kolumne "Der rechte Rand" in der taz-nord, für die er 2012 mit dem Journalisten-Sonderpreis "Ton Angeben. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" ausgezeichnet wurde. Regelmäßig arbeitete er für Deutschlandfunk Kultur und WDR. Er veröffentlichte zuletzt die Werke  "Verqueres Denken – Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus" (2021) "Rechte Egoshooter" (Hg. mit Jean-Philipp Baeck, 2020), "Völkische Landnahme" (mit Andrea Röpke, 2019), "Die Entkultivierung des Bürgertums" (2019). Im Campact-Blog schreibt er als Gast-Autor über Rechtsextremismus und rechte Milieus. Alle Beiträge

Auch interessant

Feminismus, Rechtsextremismus #SkinnyTok: Warum Rechtsextreme wollen, dass Frauen dünn sind  Demokratie, Rechtsextremismus Die Verbindung von Petrys „Team Freiheit“ und Musks „American Party“ Europa, Rechtsextremismus Europa statt Trump AfD, Rechtsextremismus Bittere Niederlagen für Weidel Globale Gesellschaft, Trump Donald allein zu Haus  AfD, CDU Jens Spahn – der konservative Wingman der AfD? Demokratie, Rechtsextremismus Warum wählen junge Menschen die AfD? AfD, CDU, Montagslächeln Montagslächeln: Merz verordnet Schweigen über ein AfD-Verbotsverfahren AfD, Demokratie Erfolg im Bundestag: AfD bekommt keine Ausschussvorsitze Rechtsextremismus Jung und rechtsradikal – mehr als ein Jugendphänomen