AfD Rechtsextremismus
Auf Geflüchtete schießen, Frauen an den Herd, Schwule alle unnormal: Die AfD weiß, wie sie in die Medien kommt. Zwar beklagt sie sich ständig über mangelnde Aufmerksamkeit, taucht aber überall auf. Manchmal ist es ein richtiges Dauerfeuer zwischen Morgenmagazin und RTL-Nachtjournal. Wenn dann auch noch mit einer gewissen Faszination von ihren Wahlsiegen berichtet wird, steigt ihre Attraktivität weiter und politische Gegner*innen verzweifeln. Kein Wunder, dass Menschen glauben, die AfD sei immer erfolgreich. Unerwähnt bleiben aber meistens Hintergründe – oder sogar die Niederlagen, die die Rechtsextremen einfahren.
Seit 2023 hat es zahlreiche Wahlen gegeben – diverse Kommunalwahlen, aber auch die Europa- und die Bundestagswahl. Achtmal wurden Landesparlamente gewählt. Dass es tendenziell einen Rechtsruck gegeben hat, ist unstrittig. Geblieben ist auch das Gefühl, die AfD sei kaum aufzuhalten. Doch das stimmt nicht.
Das sehen wir vor allem daran, dass die AfD etwa bei Landratswahlen seit Monaten immer wieder an ihren eigenen Zielen scheitert. Im Jahr 2023 feierte die Partei die Wahl ihres Kandidaten Robert Sesselmann zum Landrat des thüringischen Kreises Sonneberg als Durchbruch auf lokaler Ebene. Von nun an, so verbreiteten es die Rechtsextremen, würde ein Landkreis nach dem nächsten in ihre Hände fallen. Auch Expert*innen waren sicher, dass die Wahl ein Dammbruch sei. Klar, dass das Echo in den Medien kolossal war – es gab große Aufregung und bundesweite Aufmerksamkeit für die AfD.
Sonneberg blieb der Einzelfall
Doch Fakt ist: Sonneberg blieb der Einzelfall. Die Rechtsextremen konnten bis heute kein weiteres Landratsamt erobern. Nach dem AfD-Sieg dort war für uns nämlich klar: Wir stellen uns der AfD in den Weg. Auch wenn die Erfolgsaussichten mager sind, aufgeben kommt nicht in Frage. Campact hat dann gemeinsam mit den Menschen vor Ort und unterstützt von tausenden Spender*innen ziemlich viel bewegt in den Landkreisen, in denen es auf der Kippe stand.
Gezielt haben wir überlegt: Wie können wir verhindern, dass die AfD in den Landkreisen an Ämter kommt? Wir haben Bündnisse mit lokalen Unternehmen initiiert, die aus Sorge vor dem großen Imageverlust keineswegs an AfD-Siegen interessiert sind. Wir haben demokratiefördernde Vereine unterstützt, Plakate geklebt, über Rechtsextremismus und Rassismus aufgeklärt. Wir haben die demokratischen Parteien dazu gedrängt, gegen die Rechtsextremen zusammenzuhalten. Wir haben Postwurfsendungen auf den Weg gebracht, Demokratiefeste unterstützt, über lokale Whatsapp-Gruppen Infos gestreut, Mails und SMS verschickt.
Das alles traf vor Ort auf mutige Bürger*innen, die sich mit einem vorhergesagten Durchmarsch der AfD nicht abfinden wollten. Sie haben geackert und geschuftet – damit in ihren Landkreisen keine Extremisten ins Amt kommen. Gemeinsam konnten wir schließlich diverse AfD-Landräte verhindern.

Die Niederlagen der AfD
Denn: Trotz der enormen medialen Aufmerksamkeit, großen Versprechen und üblichen menschenfeindlichen Thesen gingen für die AfD zunächst die Landratswahlen im brandenburgischen Dahme-Spreewald und im thüringischen Saale-Orla-Kreis verloren. Dort hatte sie sich schon vorab als klare Siegerin gesehen. Im Mai 2024 gab es dann in Thüringen 18 Landratswahlen – keine einzige gewann die AfD. Jüngste Niederlagen können wir nun aus drei weiteren Kreisen in Mecklenburg-Vorpommern und dem brandenburgischen Templin vermelden. Dort schlug der SPD-Kandidat vor einem Monat den AfD-Mann in der Stichwahl. Hast Du noch nichts davon gehört? Genau, das ist eine dieser Niederlagen, die leider untergegangen sind.
Keine unaufhaltsame „blaue Welle“
Dass die AfD diese Wahlen verloren hat, tut ihr richtig weh. Denn es ist der Beweis, dass die Rechtsextremen keineswegs immer nur gewinnen, dass es keine unaufhaltsame „blaue Welle“ gibt. Und es ist ein empfindlicher Rückschlag für den Plan der AfD, an die Hebel der Macht zu gelangen. Denn die lokalen Wahlen sind für sie alles andere als unwichtig: Die Partei um Alice Weidel hatte fest eingeplant, erst kommunale Regierungsämter zu gewinnen, um sich von dort aus zu etablieren – die Normalisierung der Partei voranzutreiben und so schließlich auf Landes- und Bundesebene an die Macht zu kommen. „Es gilt, von unten die ersten Pflöcke einzuschlagen“, erklärte der AfD-Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm aus Mecklenburg-Vorpommern dazu. Auch Sachsen-Anhalts AfD-Chef Martin Reichardt bestätigte das: Kommunalpolitik sei „von großer Bedeutung” und „Teil der Gesamtstrategie“. Doch diese Strategie geht nicht so einfach auf.
Beteiligung bei Stichwahlen sinkt
Besonders ermutigend für die Zukunft: Bei den Wahlen im thüringischen Sonneberg und im Saale-Orla-Kreis nahm die Wahlbeteiligung in der Stichwahl noch enorm zu – auch, weil die AfD so stark mobilisieren konnte. Das gelingt ihr jetzt nicht mehr. Offenbar glauben die AfDler vor Ort selbst nicht mehr ans Gewinnen. Die Beteiligung bei den Stichwahlen (z.B. im Saale-Orla-Kreis, der Mecklenburgischen Seenplatte, im Landkreis Vorpommern-Rügen oder Vorpommern-Greifswald) sinkt mittlerweile, und mit ihr die Moral der AfD-Anhänger*innen.
Was wir gelernt haben
Es lohnt sich also, mit unserer Arbeit gegen die AfD weiterzumachen. Vor allem mit dem, was wir bei unseren Kampagnen zu den Landratswahlen gelernt haben:
- Schlechte Nachrichten hört man ziemlich schnell. Die guten Nachrichten hingegen sind manchmal verborgen, man muss sie suchen.
- Wir dürfen Wahlen nicht vorzeitig verloren geben. Selbst wenn es schwierig oder gar aussichtslos erscheint. Bis zur letzten Minute müssen wir dranbleiben, manchmal geht es nur um wenige Stimmen.
- AfD-Siege sind kein Automatismus. Wenn wir aktiv sind, dann können wir der Partei des Hasses empfindliche Niederlagen beibringen.