Digitalisierung Soziale Medien
Was hat Mastodon, was Instagram, X, Threads, Bluesky, TikTok und Co. nicht haben? Mastodon ist jetzt offiziell ein digitales öffentliches Gut. Als einziges soziales Medium hat Mastodon nun neben Wikipedia, OpenStreetMap, LibreOffice und mehr als 200 weiteren Projekten einen Platz in der digitalen Hall of Fame der Nachhaltigkeit. Diese Projekte erfüllen den „Digital Public Goods Standard“, das heißt, sie haben eine hohe Relevanz für die Erreichung der „Agenda 2030“-Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs).
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Im Fall von Mastodon sind das drei Ziele: Im Bereich „Industrie, Innovation und Infrastruktur“ will Mastodon zur Entwicklung einer inklusiven digitalen Infrastruktur beitragen, um nichtkommerzielle, sichere und offene soziale Medien und Netzwerke zu ermöglichen. Außerdem setzt sich Mastodon für „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ ein, in dem es durch eine Community moderierte Kommunikation ermöglicht und Nutzende letztlich vor Ausbeutung schützen kann. Schließlich unterstützt Mastodon „Partnerschaften zur Erreichung der Nachhaltigkeits-Ziele“ in dem echte Offenheit und Interoperabilität – also die Fähigkeit zum Zusammenspiel verschiedener Systeme und Techniken – ermöglicht wird. Wer will kann einen eigenen Server betreiben und eigene Anwendungen programmieren – das fördert Innovation, Wissensaustausch, Zusammenarbeit und Unabhängigkeit.
Vielfältig und individuell – eben sozial
Mastodon ist mit der Registrierung als öffentliches digitales Gut ein wichtiger Schritt nach vorn gelungen. Während andere soziale Medien ihren Nutzenden die privaten Daten aus Tastatur und Software saugen, um damit Verhaltens-, Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile zu erstellen und zentral von politisch rechtseinschlägigen Milliardären gesteuert werden, erlaubt Mastodon sehr weitgehende digitale Souveränität. Nichts ist perfekt, auch auf Mastodon sind Hass, Spam und Falschinformationen ein Problem. Aber hier kann direkt gehandelt werden, ohne auf das Einlenken von Konzernen warten und hoffen zu müssen.
Klima-Akteure im Fediverse
Kein Wunder, dass Mastodon unter anderem bei Klima- und Nachhaltigkeitsakteuren immer beliebter wird. Seit kurzem betreibt beispielsweise der NABU eine eigene Mastodon-Instanz, also einen unabhängigen Mastodon-Server. Einige NABU-Orts- und Themengruppen sind schon länger auf Mastodon, genau wie einige andere bekannte Personen und Organisationen, die zu dem Thema arbeiten. Mit ClimateJustice.social betreibt PaulaToThePeople eine Mastodon-Instanz speziell für Menschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung. Wer neugierig ist, kann sich zum Beispiel auf der FediWall einen Live-Eindruck zur Klimadiskussion auf Mastodon verschaffen – frei konfigurierbar natürlich. Einmalig ist auch der regionale Charakter von Mastodon. Auf einer modifizierten OpenStreetMap-Karte kann nach Instanzen in der eigenen Gegend geschaut werden und auf JoinMastodon.org gibt es zusätzlich noch eine Übersicht zu thematischen Instanzen. Es gibt viel zu entdecken! Das ist umständlicher als auf zentralen Plattformen, aber auch interessanter und lehrreicher.
Wissenschaft im Social-Media-Dilemma
Insbesondere auf US-Plattformen haben es Wissenschaft und ganz besonders Klima-Inhalte schwer. Denn die intransparenten, kommerziellen Algorithmen belohnen und benachteiligen selektiv bestimmte Themen, Formulierungen und bestimmte Ästhetiken, bei denen Wissenschaft langfristig verliert, wenn sie sich zu stark anpasst. Keine Plattform ist neutral! Es ist fast verwunderlich, dass sich noch immer viele Universitäten und Hochschulen nicht aus der digitalen Abhängigkeit von US-Recht, US-Politik und US-Filteralgorithmen befreien, obwohl die Bedingungen für Wissens- und Wissenschaftskommunikation auf X, Instagram, Facebook und Co. zusehends schlechter werden. Es ist aber auch nur fast verwunderlich, denn Veränderung braucht Zeit und vielen öffentlichen Einrichtungen fehlt eine passende Strategie.
Das Fediverse ist wissenschaftsfreundlich
Gleichzeitig wird das Fediverse für Wissens- und Wissenschafts-Kommunikation immer attraktiver. Das Fediverse ist ein Netzwerk von unterschiedlichen Kommunikationskanälen, zu dem Mastodon gehört. Mit vorbildlichen Beispiel voran geht die Universität Innsbruck. Sie betreibt eine eigene Mastodon-Instanz und hat ein Positionspapier für offene Wissenschaftskommunikation veröffentlicht. Projektleiterin Melanie Bartos argumentiert, dass jede öffentliche Einrichtung mindestens einen unabhängigen und vollständig offenen Social-Media-Kanal betreiben sollte. Der Appell von Leonhard Dobusch wird nicht alt: „Hochschulen aller Länder ins Fediverse!“.
Öffentliche Stellen, öffentliche Kommunikation
Das gleiche gilt natürlich für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen und auch für Stiftungen und Unternehmen mit Nachhaltigkeitsanspruch. Bildungseinrichtungen stehen spezielle, vertrauenswürdige Instanzen offen und sie können sich auf eine engagierte Community im Fediverse freuen. Wer sich für das Thema interessiert und auf dem Laufenden sein möchte, kann dem „Aktionsbündnis neue soziale Medien“ folgen. Mit Mastodon vernetzen sich viele Interessante Wissenschaftsakteure, zum Beispiel das Audio-Video-Portal der „Technischen Informationsbibliothek Hannover“. Hier können Forschende wissenschaftliche Videos zitierfähig produzieren, publizieren und zu wissenschaftsfreundlichen Bedienungen nutzen.
Lasst uns diskutieren!
Für die Transparenz: Ich berate öffentliche Einrichtungen und Akteure mit Nachhaltigkeitsanspruch zur Kommunikation im Fediverse. Ob mit Mastodon oder einer anderen Software ist zweitranging. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Mastodon als digitales, öffentliches Gut anerkannt wurde und wünsche mir, dass möglichst viele weiter Kommunikationswerkzeuge folgen. Denn sozial und inhaltlich funktionierende Kommunikation ist vielleicht die wichtigste Voraussetzung für den Umgang mit der Klimakrise und allen anderen Krisen. Ich freue mich darauf, mit euch zu diskutieren, natürlich im Fediverse!