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Keine Getränkeflaschen im Regenbogen-Look mehr, keine bunten Schokodrops oder inklusive Werbeplakate an jeder Ecke: Im Pride Month Juni fällt gerade besonders auf, dass es mehr Unternehmen gibt, die ihre Unterstützung der LGBTQIA*-Community reduzieren oder komplett zurückziehen. In den vergangenen Jahren sind sonst viele Unternehmen auf den Zug des „Rainbow Washing“ oder „Pink Washing“ im Zuge einer „Corporate Pride“ aufgesprungen. Vielfalt war Trend – mit Pride-Produkten ließ sich mehr Umsatz erzeugen und eine neue Zielgruppe erschließen. In diesem Jahr allerdings: Stille. Grillenzirpen. Keine Kampagnen, stattdessen sogar zum Teil ein öffentlich kommunizierter Rückzug. 

T-Mobile, Trump und Pride 

Ein Beispiel dafür ist die Deutsche Telekom, beziehungsweise ihre US-amerikanische Tochter T-Mobile. In einem Brief an die FCC (die Regulierungsbehörde der US-Telekom) bekräftigt sie, Initiativen für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion weitgehend aufzuheben, berichtet unter anderem Spiegel Online. Im Fokus stehen vor allem die vormaligen Ziele des Unternehmens für Diversität. Diversitätsprogramme, die sich für Gleichberechtigung, Gleichstellung und Inklusion einsetzen, stehen in den USA unter politischen Druck, immer mehr Unternehmen geben ihre Initiativen Diversität auf. 

Weil der US-Präsident Trump das Ende von Diversitätsprogrammen fordert, stellt die Telekom fast alle Programme gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung in den USA ein. Das schadet den Mitarbeitenden und bedroht das Image des Unternehmens. Campact fordert in einem Appell von der Telekom, für Diversität und ihre Werte einzustehen. 

Ein Sprecher des Mutterkonzerns sagte, die Deutsche Telekom bleibe ihren Werten verpflichtet „und stellt gleichzeitig die vollständige Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben in Europa und den USA sicher“.

Donald, DOGE und Diversity

Was der Sprecher damit wohl eher meint: Die Telekom-Tochter T-Mobile kuscht vor Präsident Donald Trump und seinen Hardlinern, die jede Form und Äußerung von Diversität und Inklusion verabscheuen. Eine der ersten Handlungen von Donald Trump im Amt war es, ein Dekret zu verabschieden, das aussagt, dass nur zwei Geschlechter anerkannt werden: Mann und Frau. 

Mit einem weiteren Dekret strichen er und sein Ausgaben-Verwalter Elon Musk jegliche staatlichen Unterstützungen zu sogenannten DEI-Kampagnen. DEI nennen sie „ein anderes Wort für Rassismus“ oder eine „spalterische Ideologie“. Dabei könnte es nicht anders sein: 

DEI steht für Diversity, Equity and Inclusion, zu Deutsch Diversität, Gleichheit und Inklusion. Dahinter verbergen sich eine Reihe von Maßnahmen, die in der Verwaltung, aber auch in Unternehmen und an Bildungseinrichtungen, für mehr Chancengleichheit sorgen sollen. Diskriminierung auf Grundlage von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Identität, Behinderung, sozioökonomischer Herkunft und anderer Faktoren soll bekämpft und die positiven Aspekte von Vielfalt hervorgehoben werden. 

Katharina Draheim in ihrer USA-Kolumne im Campact-Blog

Und dieser Trend ist nicht nur in den USA zu beobachten. Weltweit gibt es mittlerweile mehr Autokratien als Demokratien, rechtsextreme und „anti-woke“ Bewegungen nehmen zu. Statt mehr Inklusion, Vielfalt und Diversität, Kampagnen für starke Menschenrechte und Gleichberechtigung müssen Angehörige der LGBTQIA*-Community mehr Repression, Unterdrückung und Diskriminierung fürchten. In Großbritannien wurde erst kürzlich vor Gericht entschieden, dass Transfrauen in bestimmten Situationen rechtlich nicht als Frauen gelten. In Deutschland sind es vor allem die AfD und mittlerweile auch die CDU, die Stimmung gegen Diversität und Gleichstellung machen. Trump hat auch schon versucht, auf europäische Unternehmen einzuwirken, gerade solche, die mit der Regierung zusammenarbeiten – diese haben ihn aber vorerst abgeblockt

Weniger Kampagnen zur Pride insgesamt

Diesen politischen Trend nehmen natürlich auch die Unternehmen wahr – und bangen um ihre Umsätze oder fürchten sich vor Shitstorms von konservativer Seite. Laut einer Umfrage des Risikomanagement-Beratungsunternehmens Gravity Research unter mehr als 200 Führungskräften gaben 39 Prozent an, ihr öffentliches Engagement im Pride Month in diesem Jahr zurückfahren zu wollen. 65 Prozent der befragten Unternehmen räumten ein, Strategien für den Fall negativer Reaktionen auf ihre (zum Teil kleineren) Pride-Kampagnen vorzubereiten.

Andere Unternehmen ducken sich weg und behalten ihre Programme für Diversität nach eigener Angabe zwar, kommunizieren sie aber nicht mehr prominent nach Außen, darunter beispielsweise Microsoft, Amazon, das Filmstudio Paramount oder die Bank of America. Apple war eines der wenigen Unternehmen, das sich öffentlich für eine Beibehaltung der Diversitätsprogramme aussprach.

Kein Geld übrig für Gleichberechtigung

Das hat nicht nur Folgen für die Sichtbarkeit von DEI und der Pride sowie ihrer Symbolik für Gleichberechtigung, Inklusion und Diversität. Gerade in den USA berichten die Organisator*innen von Pride-Paraden, dass die Sponsoring-Gelder zurückgehen. Der New York-Pride fehlen 750.000 US-Dollar, nachdem große Marken wie Mastercard, Citi, PepsiCo, Nissan und der Einzelhändler Target ihr Sponsoring zurückzogen. Die Pride-Parade in San Francisco verliert den Netzbetreiber Comcast, den Getränkekonzern Diageo (zu dem u.a. Guinness, Tanqueray, Captain Morgan und Smirnoff gehören) und die Brauerei Anheuser-Busch (Budweiser) als Sponsoren und dadurch 200.000 Dollar an Geldern. Auch der Pride-Parade in Berlin sind sämtliche US-Sponsoren abgesprungen.

Mit dem neu aufgesetzten „Regenbogenschutzfonds“ unterstützen Campact und die Amadeo Antonio Stiftung in diesem Jahr Pride-Paraden in kleinen und mittelgroßen Städten. Die Gelder können die Organisator*innen zum Beispiel nutzen, um die Sicherheitsmaßen ihres queeren Protests zu verstärken. Denn im vergangenen Jahr gab es vermehrt rechtsextreme Angriffe auf Prides.

Neben der wachsenden politischen und gesellschaftlichen Feindseligkeit gegenüber Queers und der LGBTQIA*-Community und damit drohende Repressionen für Unternehmen, spielt für sie natürlich auch Geld eine Rolle. „Wir sehen den Wert darin nicht mehr“, wird beispielsweise Anheuser-Busch zu ihrem Rückzug aus dem Pride-Geschäft zitiert. Inflation, steigende Preise und die unvorhersehbare Zollpolitik von Trump lassen die Marken finanziell vorsichtiger werden. Deshalb kürzen sie dort, wo es am wenigsten weh tut: Bei Kampagnen, die sich an eine Zielgruppe anbiedern, die ohnehin unter öffentlichem Druck steht.  

Trotz allem: Unterstützung für LGBTQIA* ist vorhanden

Es ist traurig, aber offensichtlich: 2025 gibt es eine Tendenz zur Reduzierung der Pride-bezogenen Unterstützung durch Unternehmen weltweit. Es gibt aber auch einige positive Entwicklungen, die darauf hindeuten, dass die Unterstützung der LGBTQIA*-Community langfristig erhalten bleibt. Einige Unternehmen sagen sich „Jetzt erst Recht“ und weichen nicht von ihren Programmen oder Kampagnen für Menschenrechte und Gleichstellung ab. Manche nur still und heimlich oder in einzelnen Kampagnen, andere unterstützen öffentlich Initiativen für Inklusion und Diversität. 

Auch Campact stellt sich hinter die Gleichberechtigung von LGBTQIA*-Personen – und dort stehen wir schon lange. 2017 setzte sich Campact mit Tausenden Unterstützenden für die Ehe für alle ein. Gemeinsam mit Andy Szabo und seiner Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, konnten wir dazu beitragen, dass das Blutspendeverbot für homosexuelle Männer aufgehoben wird. 

Und auch jetzt setzt sich Campact wieder für Gleichberechtigung, Menschenrechte und Diversität ein. Mit einem Appell an den Chef der Telekom Tim Höttges fordern wir ihn auf, Diversität und Gleichstellung zu verteidigen – auch bei der amerikanischen Tochter T-Mobile.

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