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Mit Schildern, Banner und einem übergroßen Deutschlandticket versammelten sich gut 30 Menschen vergangene Woche vor der Bayerischen Landesvertretung in Berlin. Ihre Forderung an die Verkehrsminister*innen: „Streit beenden – Deutschlandticket nicht kaputtsparen“.  

Protest vor der Verkehrsministerkonferenz. Auf einem großen Banner steht: "Streit beenden – Deutschlandticket nicht kaputtsparen!"
Protest vor der Bayerischen Landesvertretung – mit dabei zahlreiche Schilder, Banner und ein übergroßes Deutschlandticket. Foto: Chris Grodotzki / Campact

Gemeinsam wollen sie verhindern, dass das Ticket ab 2026 noch teurer wird – stellvertretend für mittlerweile über 375.000 Menschen, die den Appell von Campact, dem Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) und dem Paritätischen unterzeichnet haben. Mehrere Verkehrsminister sprachen mit den Demonstrierenden und versprachen, dass sie sich für den Erhalt des Tickets starkmachen. So weit, so gut. Doch das Ergebnis des Sondertreffens der Verkehrsministerkonferenz (VMK) war enttäuschend.  

Keiner will mehr zahlen

Nach der Sitzung waren sich die Verkehrsminister*innen einig, dass sie das Ticket beibehalten. Mehr dafür zahlen wollen sie jedoch nicht. Bund und Länder finanzieren das Ticket bislang mit je 1,5 Milliarden Euro. Dabei soll es bleiben. Die zusätzlichen Kosten soll der Bund übernehmen. Verständlich: Schließlich kommt sowohl die Idee des Tickets vom Bund als auch die Zusage, dass das Ticket bis 2029 nicht teurer werden soll – so steht es auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD.

Mobilität für alle – Deutschlandticket retten!

Über 350.000 Menschen haben bereits unterzeichnet. Schließe Dich an.

Die Zeichen stehen auf Preiserhöhung

Das Problem ist nur: Laut Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) will der Bund weiterhin nur den gleichen Anteil zahlen, den auch die Länder zahlen und insgesamt nicht mehr als 1,5 Milliarden. Wie soll das bei steigenden Kosten gehen? 

Offenbar geht der Bund davon aus, dass die Länder für die höheren Kosten aufkommen müssen. Oder sollen die Kund*innen die Zusatzkosten tragen? Das wäre fatal. 

Höherer Preis = Weniger Kund*innen

Eine aktuelle Studie hat gerade erst belegt: Die Preiserhöhung hat dem Deutschlandticket geschadet, wenn auch nicht so sehr wie befürchtet. Wegen der Preiserhöhung von 49 auf 58 Euro haben fast 500.000 Menschen ihr Ticket gekündigt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, fordert daher, den Ticketpreis wieder zu senken. „Das Deutschlandticket sollte wieder ein 49-Euro-Ticket sein. Und dauerhaft bleiben“, sagte Dröge dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Denn statt klimafreundlich mit der Bahn unterwegs zu sein, fahren die Menschen jetzt vermutlich weniger oder (wieder) mit dem Auto. Bei einer weiteren Preissteigerung ist damit zu rechnen, dass sich noch mehr Menschen von Bus und Bahn verabschieden werden. Kann man ihnen es verdenken? Bei den aktuellen Preisen ganz sicher nicht. Wird das Deutschlandticket noch teurer, ist es nur noch ein teures Monatsticket für Gutverdiener*innen.

Kundenzahl soll steigen. Nur wie? 

Dabei wollen Bund und Länder grundsätzlich mehr Deutschlandtickets verkaufen, damit sie im Idealfall weniger Geld dazu geben müssen. Sie sehen noch mehr Potenzial als die bisher über 13,5 Millionen Abonnent*innen

Dafür braucht es zwei Dinge: Das Ticket darf nicht (noch) teurer werden und das Angebot von Bus und Bahn muss besser werden. Dank des Sondervermögens für Infrastruktur und Klimaschutz sind die finanziellen Mittel sogar da. Jetzt müssen sie auch schnell eingesetzt werden, damit die positiven Effekte bei den Kund*innen ankommen.

Wird das Deutschlandticket an die Inflationsrate gekoppelt?

Ob das Deutschlandticket 2026 teurer wird, ist auch nach dem Treffen der Verkehrsminister*innen völlig unklar. Immerhin ist ihnen die unbefriedigende Situation bewusst und sie versuchen etwas daran zu ändern: Noch vor der nächsten regulären Verkehrsministerkonferenz Ende Oktober soll es ein weiteres Sondertreffen zum Deutschlandticket geben.

Verkehrsminister Schnieder wäre es am liebsten, man würde sich auf einen Preismechanismus einigen – und den Preis fürs Deutschlandticket an die Inflationsrate koppeln. So müsse nicht jedes Jahr neu über die Finanzierung verhandelt werden. Die Länder finden einen festen Mechanismus ebenfalls gut. Den Kund*innen drohen damit jedoch jährliche Preiserhöhungen. Sollte sich das durchsetzen und die von schwarz-rot angekündigte Preisstabilität bis 2029 dahin sein, wird es noch schwieriger, Menschen vom Auto in den öffentlichen Nahverkehr zu locken. Besonders für den Klimaschutz wäre aber gerade das dringend notwendig.

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er eine Kolumne über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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