Energie Klimakrise
Was für ein Timing: Am heißesten Tag des Jahres, während weite Teile Deutschlands schon unter einer Jahrhundertdürre leiden, drückte die Bundesregierung wieder aufs fossile Gaspedal – und erteilte dem klimagerechten Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft eine Absage. Statt nötiger Reformen und der Stromsteuersenkung für alle Bürger*innen gab es beim Koalitionsausschuss am Mittwochabend in Berlin vor allem eines: fossile Rückschritte.
Ja – es hätte mit der Union als Koalitionspartner und angesichts mancher Äußerungen im Vorfeld noch schlimmer kommen können. Abgeordnete der Union, wie Tilman Kuban, hatten im Vorfeld sogar massive Kürzungen bei Klimainvestitionen wie der Förderung für Wärmepumpen ins Spiel gebracht. Die kommen nun nicht – gut so. Aber trotzdem gilt: Die Regierung tut nicht nur zu wenig, sie fährt sogar mit Vollgas in die falsche Richtung. Sicher ist auch, wenn diese Politik so weitergeht, dann wird es sehr viel schlimmer kommen. Denn SPD und Union setzen die völlig falschen Prioritäten.
Milliarden für Konzerne – statt Entlastung für Haushalte
Statt das Gute günstig zu machen – also erneuerbaren Strom – pumpen sie Milliarden in fossiles Gas. 3,4 Milliarden Euro ausgerechnet aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen in die Abschaffung der Gasspeicherumlage. Das klingt technisch, ist aber politisch ein klarer Kurs: fossile Entlastung statt Klimawende. Gefeiert wird das als Entlastung der Haushalte. Doch de facto ist es eine Subvention für fossiles Heizen – mit Geld, das eigentlich für den sozial-ökologischen Umbau vorgesehen ist.
Stromsteuersenkung: Aber nur für Unternehmen
Gleichzeitig wird die Stromsteuer nur für Unternehmen gesenkt – und auch das ohne jede Klimabedingung. Wer viel Strom verbraucht, profitiert am meisten. Besonders profitieren also Branchen wie die Chemie-, Metall- oder Zementindustrie von der Stromsteuersenkung – selbst wenn sie weiter auf fossile Energie setzen. Kein Wort davon, dass sie ihre Emissionen senken müssen. Keine Anreize für Investitionen in klimaneutrale Prozesse. Das ist nicht nur umweltpolitisch verheerend, sondern auch sozial ungerecht: Wer wenig hat, schaut wieder einmal in die Röhre.
Besonders absurd ist, dass die Regierung die Absage an eine Stromsteuersenkung für alle Bürger*innen mit fehlenden finanziellen Spielräumen begründet – nachdem sie vorher Milliarden für fossile Entlastungen und eine Körperschaftssteuersenkung für Unternehmen beschlossen hat. Diese kommt vor allem vermögenden Aktienbesitzer*innen zugute. Konkret heißt das: Für die Senkung der Körperschaftsteuer sind 12,5 Milliarden da, für die Entlastung der Menschen bei den Stromkosten gibt es nicht mal 5 Milliarden. So entsteht das Bild einer Regierung, die die fossile Wirtschaft stützt, während sie versprochene Entlastungen für die breite Bevölkerung streicht. Das ist nicht nur ungerecht – es ist auch politisch brandgefährlich, weil es das Vertrauen in Demokratie und einen gerechten Wandel untergräbt.
Sozial-ökologischer Umbau? Fehlanzeige
Was sonst noch? Das 500-Milliarden-Investitionspaket klingt beeindruckend, aber ohne klare Klimabindung ist es eine leere Hülse. Ohne verbindliche Kriterien kann das Geld genauso gut in Straßenbau, fossile Infrastruktur oder „Wachstum“ alter Art fließen. Der Begriff „sozial-ökologischer Umbau“ taucht in den Beschlüssen jedenfalls nicht auf. Statt Transformation gibt es ein „Weiter so“ im fossilen System.
Außerdem: Wieder kein substantieller Ausgleich für Menschen mit geringem Einkommen. Wer eine Wärmepumpe einbauen oder aufs Auto verzichten soll, braucht Unterstützung, vor allem wenn jemand wenig Geld hat. Doch hier passiert kaum etwas. Stattdessen setzt die Koalition auf pauschale Maßnahmen, die denjenigen am meisten nutzen, die ohnehin schon viel verbrauchen. Das ist weder ökologisch noch gerecht – und führt absehbar zu einem weiteren Rückgang der Akzeptanz von notwendigen Klimamaßnahmen.
Fossile Infrastruktur statt zukunftsfähiger Politik
Dieser altbackene Kurs wird auch in der Infrastruktur fortgeführt. Kein Wort zu dringend nötigen Investitionen in die Bahn, den ÖPNV oder klimaneutrales Bauen. Die großen Hebel für die sozial-ökologische Transformation bleiben unangetastet. Während Autobahnen weitergebaut und Agrardiesel wieder subventioniert werden sollen, verpasst die Regierung die Chance auf eine zukunftsfähige Infrastrukturpolitik. Da passt es leider ins Bild: Das Bundeskabinett hat, trotz laufender Gerichtsverfahren, am selben Tag der gemeinsamen Gasförderung mit den Niederlanden (vor Borkum) zugestimmt.
Kurz gesagt: Diese Bundesregierung versäumt nicht nur, die Klimaziele zu erreichen – sie sabotiert aktiv die Voraussetzungen dafür. Wer den Klima- und Transformationsfonds zweckentfremdet, zentrale Steuerungsinstrumente verweigert und fossile Strukturen mitten in der Klimakrise stärkt, handelt völlig verantwortungslos.
Hoffnung trotz Hitze – die Klimabewegung lebt
Einen Lichtblick gab es während des Koalitionsausschusses. Während die Spitzen von Union und SPD am späten Abend im vollklimatisierten Kanzleramt zusammen saßen, gingen erfreuliche viele Menschen auf die überhitzten Straßen Berlins. Bei einer Spontandemonstration von Fridays for Future vor dem Wirtschaftsministerium setzten sie ein klares Zeichen für den Klimaschutz. Dass am heißesten Tag des Jahres, spät um 22 Uhr, so viele Menschen für Klimaschutz statt fossile Subventionen demonstrieren gehen, macht Mut. Und es zeigt: Die Klimabewegung kommt langsam wieder auf die Spur. Auf sie wird es jetzt ankommen.