Verkehr
Der Bund will nicht mehr zahlen, die Länder können nicht mehr zahlen – also müssen jetzt die Kund*innen mehr zahlen. Die Kosten für das Deutschlandticket übersteigen die 3 Milliarden Euro, die Bund und Länder bisher jeweils zur Hälfte zur Finanzierung des Tickets dazugeben. Aus Sicht der Verkehrsminister*innen blieb bei ihrem Sondertreffen nur eine Option: Preiserhöhung.
Bei der Einführung im Mai 2023 hatte das Ticket noch 49 Euro gekostet, Anfang 2025 kletterte der Preis bereits auf 58 Euro. Ab Januar 2026 müssen Kund*innen nun 63 Euro bezahlen. Damit ist das Ticket dann in zwei Jahren um über 28 Prozent teurer geworden. Man stelle sich vor, das wäre bei den Steuern auf Benzin und Diesel passiert: Die Auto-Lobby hätte mit Straßenblockaden das Regierungsviertel lahmgelegt.
Fünf Euro sind viel Geld
Die jetzt beschlossene Preiserhöhung um fünf Euro erscheint nicht groß, besonders mit Blick auf die Preise vieler Monatstickets im ÖPNV. Für Menschen mit wenig Geld ist das aber viel. Bei den Bürgergeld-Regelsätzen sind für Mobilität 50,49 Euro vorgesehen. Die Regelsätze beim Bürgergeld werden nun bereits zum zweiten Mal nicht erhöht und bleiben somit auf dem Stand von 2024. Damals konnte der Betrag die Kosten für das Deutschlandticket noch 49 Euro abdecken – jetzt klafft eine riesige Lücke. Die Mobilität der Ärmsten wird weiter eingeschränkt.
Hier wird einmal mehr deutlich, dass wir deutschlandweit ein deutlich günstigeres Sozialticket brauchen, das von solchen Preissprüngen verschont bleibt. Doch auch für viele andere wird das Ticket mit jeder Preiserhöhung unattraktiver. Dabei sollte es doch eigentlich als Nachfolger des 9-Euro-Tickets klimaschonende Mobilität für alle ermöglichen.
Versprechen gebrochen
Im Koalitionsvertrag hatte die schwarz-rote Regierung versprochen, dass die Kosten für das Deutschlandticket erst ab 2029 „schrittweise und sozialverträglich“ steigen würden. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung war jedoch bereits klar, dass die Zuschüsse von Bund und Ländern nicht ausreichen würden, um die Kosten des Tickets zu decken. Dennoch war der Bund nicht bereit, auch nur einen Euro zusätzlich zu zahlen. Die Koalition hat die Wähler*innen eiskalt getäuscht und das Vertrauen in die Politik beschädigt. In Zeiten von Umfrage-Rekorden für die AfD ist das einfach nur fahrlässig.
Klar, die Regierung hatte eh einen Koalitionsvertrag verabschiedet, der unter Finanzierungsvorbehalt stand, weil CDU/CSU und SPD lieber eine Wunschliste niederschrieben, als mühsam auszuhandeln, wofür Geld da ist und wofür nicht. Diesel-Subventionen blieben bestehen, das Dienstwagenprivileg und die Pendlerpauschale wurden sogar ausgebaut. Dafür ist also Geld da. Angesichts wachsender Armut und der sich zuspitzenden Klimakrise ist das ein Skandal.
Fester Mechanismus statt Sonderkonferenzen
Neben der Preiserhöhung haben sich die Verkehrsminister*innen der Länder darauf geeinigt, einen Index einzuführen, der in Zukunft den Preis des Tickets festlegen soll. Bis zu der Verkehrsministerkonferenz Ende Oktober wollen sie diesen Mechanismus erarbeiten. Da die Entwicklung bei Lohn- und Energiekosten die Grundlage dafür sein soll, wird es dann vermutlich wirklich kleine und sozialverträgliche Sprünge geben – aber teurer wird es auf jeden Fall.
Grundsätzlich ist so ein Mechanismus natürlich sinnvoll, damit die Kund*innen nicht jedes Jahr große, von der Politik beschlossene Preissprünge fürchten müssen – oder sogar das Ende des Tickets. Trotzdem ist es ein Fehler, das Ticket nicht so weit zu finanzieren, dass der Preis stabil bleibt.
Verkehrswende geht anders
Das Deutschlandticket stärkt nachweislich den ÖPNV und bringt die Menschen dazu, ihr Auto stehenzulassen – und das trotz des relativ hohen Preises. Welchen Beitrag zur Verkehrswende könnte es erst leisten, wenn es nur 29 Euro kosten würde? Mit dieser Bundesregierung werden wir das leider nicht erfahren.
Viele Berufspendler*innen werden dem Deutschlandticket treu bleiben, denn es ist für die allermeisten immer noch günstiger als die Monatskarten, die sie vorher genutzt haben. Neue Kund*innen gewinnt das Deutschlandticket durch die Preiserhöhungen aber nicht. Doch genau das wäre nötig, um die Klimaziele zu erreichen und die Teilhabe in der Gesellschaft zu erhöhen. Das Deutschlandticket wird immer mehr zu einer verpassten Chance, die Verkehrswende richtig voranzubringen.
Über 390.000 Menschen hatten in einem gemeinsamen Appell von Campact, dem VCD und dem Paritätischen gefordert, dass der Preis nicht steigen dürfe. Mit der Preiserhöhung wird der Appell jetzt eingestellt. Der gemeinsame Einsatz für eine klimagerechte Zukunft geht weiter.
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