AfD Rechtsextremismus TTRex
Vision 2026. So nennt Ulrich Siegmund, AfD-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, seinen Plan für die Landtagswahl im nächsten September. Die Parallele zu Donald Trumps Project 2025 ist kein Zufall. Mit diesem Masterplan griff Trump in seiner zweiten Amtszeit demokratische Institutionen an. Siegmunds Vision ist derzeit eher Buzzword als Programm, doch seine Trump-inspirierte Offensive zeigt: Die AfD will demokratische Gepflogenheiten und Normen nicht bewahren, sondern zerstören. Siegmunds Wortwahl verrät zudem, dass die extreme Rechte voneinander lernt.
Ein Blick in die USA, wo täglich neue alarmierende Schlagzeilen entstehen, oder nach Ungarn, Italien und Polen macht deutlich: Die extreme Rechte meint es ernst. Ihr Vorgehen wurde an verschiedenen Stellen in der Wissenschaft und von Thinktanks als autoritäres Playbook beschrieben. Der Vergleich mit Ländern, in denen rechte Akteure bereits an der Macht sind, hilft uns, uns vorzubereiten. So können wir besser gegensteuern, falls die AfD in Deutschland an die Macht kommt. Der Thinktank Rechtsextremismus von Campact (TTRex) hat dazu acht Empfehlungen für demokratisches Engagement entwickelt.
Wer oder was ist TTRex?
TTRex ist der neue Thinktank Rechtsextremismus von Campact. Er analysiert die rechtsextremen Entwicklungen aus zivilgesellschaftlicher Perspektive und entwickelt Strategien für demokratisches Engagement und Ideen gegen Rechtsextremismus.
Das autoritäre Playbook
Was verbindet autoritäre Regierungen in Ländern wie Ungarn, den USA oder Italien? Die amerikanische überparteiliche Non-Profit-Organisation Protect Democracy hat 2022 gemeinsame Merkmale des autoritären Playbooks herausgearbeitet.
- Unabhängige Institutionen werden politisiert: Moderne Demokratien basieren auf einer überparteilichen Verwaltung und unabhängigen Justiz. Autoritäre Apparate vereinnahmen diese Institutionen zunehmend, machen sie zur Waffe gegen Gegner*innen und nutzen sie als Hebel für Manipulation und Korruption.
- Desinformation wird verbreitet: Sie lenken von eigenem Machtmissbrauch ab und lähmen politische Gegner*innen.
- Die Macht der Exekutive wird ausgeweitet: Autoritäre hebeln die Gewaltenteilung aus, um mehr Macht bei der Regierung zu bündeln.
- Kritik und Widerspruch werden unterdrückt: Opposition, Zivilgesellschaft und unabhängige Medien werden eingeschüchtert und geschwächt.
- Es werden Sündenböcke gesucht: Autoritäre machen marginalisierte Gruppen zu Sündenböcken. Dabei greifen sie die Demokratie in ihren Grundfesten an, denn der Schutz von Minderheiten wird im Namen eines vermeintlichen Volkswillens ausgehebelt. Betroffen sind Migrant*innen, Menschen auf der Flucht, queere Personen, Frauen oder arme Menschen.
- Wahlen werden manipuliert: Dafür werden zum Beispiel Oppositionspolitiker*innen von Wahlen ausgeschlossen, Wahlbezirke neu gezogen oder das Wahlrecht angepasst.
- Gewalt wird geschürt: Autoritäre Kräfte legitimieren die Anwendung von Gewalt, auch wenn sie sie nicht immer selbst ausüben.
Was können wir tun? Acht Empfehlungen für die Zivilgesellschaft
Der Blick auf die Merkmale des autoritären Playbooks zeigt: Auch in Deutschland sind solche Prozesse längst im Gange. Wir erkennen sie eindeutig in der Programmatik der AfD, aber – wir müssen es so deutlich sagen – immer wieder auch im Handeln der Unionsparteien. Was können wir also tun, damit die demokratische Zivilgesellschaft wieder in die Offensive kommen kann? Hierfür hat der TTRex acht Empfehlungen erarbeitet.
1. Die extreme Rechte beim Wort nehmen
Die extreme Rechte meint, was sie sagt. Erhält sie die Gelegenheit zu regieren, setzt sie ihre Programme mit Nachdruck und Tempo durch und greift Demokratie und Grundwerte an. Bereits heute verschiebt sich die Gesellschaft in vielen Ländern – auch in Deutschland – deutlich nach rechtsaußen. Wir müssen die extreme Rechte beim Wort nehmen und alles daran setzen, dass sie nicht an die Macht kommt.
2. Die extreme Rechte hat klare Feindbilder – aber Angriffe können alle treffen
Angriffe treffen oft Migrant*innen, People of Color, die LGBTIQ*-Community, Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens, von Armut Betroffene oder politische Gegner*innen. Attacken können aber alle treffen: die Zivilgesellschaft, Universitäten, Anwaltskanzleien, Richter*innen, die freie Presse. Niemand kann sich sicher sein. Die Angriffe führen oft dazu, dass sich diejenigen, die können, konformistisch verhalten, zumal dies oftmals auch belohnt wird. Wegducken passiert aber immer zum Leidwesen jener, die das nicht können. Das bedeutet: Es braucht Standhaftigkeit, breite Allianzen und Solidarität – und zwar schon jetzt und nicht erst, wenn man selbst betroffen ist.
3. Staatliche Institutionen schützen – Personal stärken
Starker rechtlicher Schutz hilft: Unabhängige Institutionen und die Verwaltung halten dann besser gegen autoritäre Angriffe stand. Aber jedes Recht ist nur so gut, wie die Angestellten in den Institutionen bereit sind, für dieses Recht auch einzustehen. Die rechtliche und individuelle Ebene muss gestärkt werden – das ist die Aufgabe von Parteien, Gewerkschaften und Berufsverbänden.
4. Jede Position, die verteidigt wird, zählt
Der autoritäre Umbau zielt darauf ab, die gesamte Gesellschaft zu durchdringen. Deshalb ist jede Institution und jeder Ort, der verteidigt wird, wichtig, um diesen Prozess zu verlangsamen und Widerspruch zu organisieren. Die extreme Rechte ist auf vielen Feldern aktiv: im Parlament, vor Ort, im Verein. Das heißt aber auch: Wir alle können genau dort aktiv werden, wo wir uns bewegen – bei der Arbeit, in der Schule, im Sport- oder Faschingsverein, im Stadtteil oder im Dorf. Dabei sollte sich niemand übernehmen. Der Kampf ist ein Marathon, kein Sprint.
5. Eigene Themen setzen – nicht allein den Status Quo verteidigen
Im Kampf gegen die extreme Rechte darf sich eine progressive, demokratische Zivilgesellschaft nicht darauf beschränken, allein den Status quo zu verteidigen. Es gilt vielmehr, eigene Vorstellungen und Visionen offensiv zu vertreten. Dies betrifft beispielsweise Fragen der demokratischen Teilhabe, der sozialen Gerechtigkeit oder nach Zukunftsvorstellungen. Mit eigenen Themen können wir in die Offensive kommen, denn auf dem politischen Feld der extremen Rechten gibt es nichts zu gewinnen!
6. Gemeinsam sind wir stärker
Die demokratische Zivilgesellschaft ist das Rückgrat der Demokratie. Sie kann den Kampf gegen die extreme Rechte aber nicht allein gewinnen. Demokratische Parteien müssen die Mittel des wehrhaften Staates gegen die Angriffe der Autoritären nutzen, solange es noch geht. Es gilt, tragfähige Bündnisse zu schaffen, in denen wir über Differenzen hinweg handeln können. Konservative sollten den Kulturkampf an der Seite der extremen Rechten einstellen. Progressive sollten pragmatisch über ihren Schatten springen, damit gemeinsame Lernprozesse möglich werden.
7. Langfristig handlungsfähig bleiben
Die demokratische Zivilgesellschaft steht in Deutschland schon heute unter Druck. Wir sollten uns darauf vorbereiten, auch mit weniger öffentlichen Geldern arbeitsfähig zu bleiben. Das heißt konkret: Strukturen sichern, alternative Finanzierungen anstreben und Prioritäten setzen. Für die langfristige Handlungsfähigkeit brauchen wir sichere Räume für Treffen und gemeinsame Arbeit. Kontinuierliche Arbeit schafft Potenzial, um dann, wenn sich die Möglichkeit bietet, bereit zu sein und Ereignisse zum Vorteil demokratischer Bewegungen zu nutzen.
8. Erfolge feiern
Wir brauchen Räume für Freude, Tränen und Emotionen – Räume, in denen wir mit Frust, Angst und Wut umgehen können, aber auch gemeinsam feiern. Auch kleine Erfolge wollen anerkannt werden. So bleiben wir handlungsfähig. Selbst in autoritär regierten Ländern können Räume für demokratische Politik geöffnet werden – und wenn das passiert, sollten wir das auch klar als Erfolg benennen und daraus Kraft ziehen, um weiterzumachen.
Gemeinsam gegen Autoritarismus
Der Kampf gegen autoritäre Kräfte kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam handeln und uns unsere Kräfte gut einteilen. Doch er kann gelingen! Wer mehr über die Strategie der extremen Rechten und die Empfehlungen des TTRex erfahren möchte, findet hier die vollständige Analyse.