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Ein Gedankenspiel: Stellen wir uns vor, alle würden Elektroautos fahren, und jemand würde vorschlagen, auf Verbrenner umzusteigen. Kaum jemand würde das wollen. Verbrenner sind komplizierter zu bauen, aufwändiger zu warten, sie sind laut, stoßen Abgase aus und lassen sich nicht zu Hause aufladen. Einzig die Reichweite und das schnelle Tanken sind Vorteile – sie würden aber kaum jemanden dazu bringen, das E-Auto gegen einen Verbrenner einzutauschen. Die Überlegenheit der neuen Technologie ist offensichtlich.

Die Automobilindustrie und ihre Bremsklötze

Die Sache ist nur: Deutschlands Automobilindustrie hängt noch immer am Verbrenner, während andere Länder längst auf Elektromobilität setzen. Das erklärt, warum die Regierung die Verbrenner künstlich am Leben halten will: Sie scheut die dringend notwendige Umstellung und den Konflikt mit der Autoindustrie. Klar, wer will sich schon mit dem „liebsten Kind der Deutschen“ und den fast 800.000 Beschäftigen anlegen?

Unverantwortlich ist dieses Handeln trotzdem, weil es die Realität ignoriert. Das ist kein neues Muster: Ob Rente oder Klimaschutz – beim Verschleppen von Entscheidungen sind die Konservativen besonders gut. Die Folgen tragen später andere.

Verbrenner-Verbot ist EU-Recht 

Doch noch ist das Verbrenner-Aus nicht vom Tisch. Es ist EU-Recht, und die Bundesregierung kann es nicht allein kippen, sondern nur in Brüssel auf Änderungen drängen. CSU-Chef Markus Söder will das Verbrenner-Aus am liebsten komplett streichen – ein unrealistisches Ziel. SPD-Chef Lars Klingbeil fordert „mehr Flexibilität“ und will Hybride sowie Autos mit Range Extender (engl. für Reichweitenverlängerer) als emissionsfrei einstufen. Doch das sind sie definitiv nicht. 

Hybride und Range Extender: Eine Mogelpackung

Hybrid-Autos haben, wie der Name andeutet, zwei Motoren: einen elektrischen und einen Verbrenner. Die Idee: Im Stadtverkehr fährt das Auto abgasfrei mit Elektromotor, auf längeren Strecken übernimmt der Verbrennungsmotor. Vor 20 Jahren war das eine gute Lösung, um die Angst der Autofahrer*innen abzubauen, einfach liegenzubleiben, wenn der Akku leer ist. Doch heute sind Batterien leistungsfähiger, die Reichweiten deutlich größer und das Netz an öffentlichen Ladesäulen dichter. 

Range Extender folgen einem ähnlichen Prinzip. Sie sind Elektroautos mit einem zusätzlichen Verbrennungsmotor, der Strom für den E-Motor erzeugt und so die Reichweite verlängert. 

Hybride kaum elektrisch unterwegs

Dass diese Fahrzeuge nicht emissionsfrei sind, liegt auf der Hand. Sie könnten es sein, wenn die Verbrennungsmotoren nicht genutzt würden. Doch die Praxis zeigt: Hybride fahren im Durchschnitt nur zu 31 Prozent elektrisch. 

Hybride als emissionsfrei zu klassifizieren, würde die Verbrenner-Ära weiter verlängern. Aus Klimaschutz-Perspektive können wir uns das nicht leisten. Gerade im Verkehrsbereich ist der CO₂-Ausstoß viel zu hoch. Wer die Klimakrise ernst nimmt, darf an dem Ziel für 2035 nicht rütteln.

Frankreich und Spanien für Verbrenner-Verbot 2035

Ob das Verbrenner-Aus wirklich abgeschafft oder aufgeweicht wird, ist im Moment noch völlig offen. Deutschland hat zwar Einfluss in der EU, doch Länder wie Frankreich und Spanien (beide mit starker Autoindustrie) lehnen die deutschen Pläne ab. Sie wollen an der aktuellen Regelung festhalten und verhindern, dass Hybride und Autos mit Range Extender nach 2035 als emissionsfrei gelten. 

Diese Klarheit brauchen auch die deutschen Autobauer, damit sie sich voll auf die Elektromobilität konzentrieren und im internationalen Wettbewerb bestehen können. Die Politik sollte sie dabei unterstützen, statt längst beschlossene Regelungen infrage zu stellen. 

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er eine Kolumne über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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