Demokratie Rechtsextremismus
Eine Angriffswelle trifft die Amadeu Antonio Stiftung: Rechte Medien bauschen Vorwürfe auf, Rechtsextreme verschicken Hassbotschaften und Morddrohungen. Die AfD fordert, der Stiftung die Förderung zu entziehen. Dabei handelt es sich um eine etablierte Organisation, die Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt unterstützt, demokratische Arbeit fördert und Fachwissen zu Rechtsextremismus erarbeitet.
Angriffe auf die Amadeu Antonio Stiftung, Campact und die Omas gegen Rechts

Die AfD will der Amadeu Antonio Stiftung die Fördergelder entziehen. Auf WeAct fordert Vorstand Lars Repp die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD und die Bundesregierung auf: Lassen Sie das nicht zu. Schützen Sie die Arbeit für eine resiliente Demokratie in Deutschland.
Rechte Netzwerke hetzen derzeit regelrecht fanatisch gegen die Zivilgesellschaft und folgen dabei einem bewährten autoritären Playbook. Auch Initiativen wie Omas gegen Rechts oder NGOs wie Campact müssen sich immer wieder gegen Verunglimpfungen wehren.
Besonders hart trifft es lokal Engagierte, etwa das Netzwerk für Demokratische Kultur im sächsischen Wurzen. Dort entzogen AfD und CDU dem Verein wichtige Fördergelder – kulturelle Angebote stehen nun vor dem Aus.
Die Wucht dieser koordinierten Kampagnen ist auffällig. Deshalb lohnt es sich, genauer hinzusehen: Welche Akteure treiben die Hetze voran, welche Interessen stecken dahinter, und wer profitiert von einer geschwächten Zivilgesellschaft?
„Nius“ und sein superreicher Geldgeber
Das rechtspopulistische Portal „Nius“, geleitet vom ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, macht vehement Stimmung gegen einen angeblichen „NGO-Komplex“. Finanziert wird „Nius“ vom Medienunternehmer Frank Gotthardt. Mit einem Vermögen von etwa 500 Millionen Euro zählt er zu den reichsten Deutschen. Der Unternehmer pflegt enge Verbindungen zur CDU und erklärt offen: „natürlich arbeite ich Themen ab, die dann auch der CDU dienlich sind“ .
Neben „Nius“ verbreiten auch andere Plattformen Hetze. Die Zeitung „Welt“ macht Verschwörungserzählungen gegen NGOs in bürgerlichen Kreisen salonfähig. Sie ist ebenfalls in der Hand eines Milliardärs: Mathias Döpfner. Auch Döpfner verfolgt klare politische Interessen. Vor der Bundestagswahl 2021 soll er an Julian Reichelt geschrieben haben: „Please stärke die FDP. Wenn die sehr stark sind, können sie in Ampel so autoritär auftreten, dass die platzt.“
Wirtschaftsinteressen gegen NGOs
Gezielte Attacken gibt es auch auf europäischer Ebene – zum Beispiel gegen Umweltverbände, die den Green Deal vorantreiben. Dabei handelt es sich um ein Maßnahmenpaket, das die EU bis 2050 klimaneutral machen soll. Konzerne aus der Öl-, Gas- und Pestizidindustrie sehen ihre Geschäftsmodelle dadurch bedroht.
Ein Artikel in der „Welt“ behauptete, die EU-Kommission habe Umwelt-NGOs heimlich beauftragt, mit Steuergeldern Lobbyarbeit zu betreiben. Dieser Vorwurf einer „heimlichen Allianz“ wurde längst widerlegt, dennoch erzeugte die Berichterstattung große Aufregung. Treibende Kraft hinter der Kampagne war eine Europaabgeordnete der CSU, die zugleich im Aufsichtsrat eines Agrarkonzerns sitzt. Dessen Tochterfirma erhält selbst Millionen aus dem kritisierten EU-Programm – und finanziert damit teils auch Lobbyarbeit.
Auch die im Mai 2025 gegründete „Initiative Transparente Demokratie“, die mangelnde Transparenz von NGOs beklagt, entpuppt sich als Lobbyaktion: Gründungsmitglieder sind der Leiter Konzernkommunikation eines Agrarchemie- und Pharma-Riesen, der Bayer AG, sowie der Geschäftsführer der Arbeitgeber-Lobbyorganisation INSM. Einer der Mitgründer arbeitete zuvor bei der US-amerikanischen PR-Firma Edelman, die im Auftrag fossiler Konzerne Fake-Bürgerinitiativen aufbaute.
Der politische Arm: Von Friedrich Merz bis Alice Weidel
Bei der AfD haben Angriffe auf Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen Rechtsextremismus positionieren, schon lange System. In ihrem Bundestagswahlprogramm 2021 forderte die Partei bereits, das angebliche „Profitgeschäft“ von NGOs zu beenden. Ihre Methoden sind perfide: Die AfD überhäuft Bundes- und Landesregierungen mit suggestiven Anfragen und schüchtert so Vereine und Initiativen ein. Gleichzeitig meldet sie Vereine beim Finanzamt, damit sie ihre Gemeinnützigkeit verlieren.

Mehr als 525.000 Menschen haben bereits den Campact-Appell gegen Merz‘ Angriff auf die Zivilgesellschaft unterzeichnet: Schließe Dich jetzt an.
Mittlerweile machen sich auch Teile der Union diese Strategie zunutze. Im Januar stellte die CDU/CSU eine „kleine Anfrage“ mit 551 Fragen zu NGOs wie Campact, den Omas gegen Rechts oder Greenpeace. Friedrich Merz beschimpfte Demonstrierende als „Spinner“, Markus Söder gab dem ultrarechten Portal „Nius“ ein Interview und attackierte NGOs als „heimliche Macht“. Damit griff die Union Narrative auf, die direkt aus der AfD-Kampagne stammen.
CDU greift Förderprogramm „Demokratie leben!“ an
Die Angriffe zeigen Wirkung: Familienministerin Karin Prien (CDU) kündigte an, geförderte Organisationen einer „breit angelegten Verfassungsschutzprüfung“ zu unterziehen und das wichtige Förderprogramm „Demokratie leben!“ radikal umzubauen. In mehreren Orten lehnten Stadträte mit Stimmen von AfD und CDU Fördergelder für lokale Demokratieprojekte ab.
Kritische Stimmen unerwünscht
Themen wie Umweltschutz, Geflüchtetenhilfe oder soziale Gerechtigkeit liegen vielen Menschen am Herzen, doch ihnen fehlt eine mächtige Lobby. Vier von fünf der größten bundesweiten Lobbyakteure stammen aus der Wirtschaft, ihre Lobby-Ausgaben übertreffen die von NGOs um ein Vielfaches. Es braucht dringend ein Gegengewicht zu Großkonzernen, Superreichen und Rechtspopulist*innen.
Die Zivilgesellschaft ist ein mächtiges Gegengewicht. Doch genau sie wollen rechtskonservative und rechtsextreme Akteure mit gezielter Stimmungsmache zum Schweigen bringen, damit niemand mehr Demokratieabbau oder Menschenrechtsverletzungen kritisieren kann. Auch wenn Deutschland noch nicht so weit ist wie Ungarn oder die USA, gehören Verleumdungen gegen NGOs längst zur Realität.
Zivilgesellschaft muss verteidigt werden
Eine kritische Zivilgesellschaft ist für eine gelingende Demokratie unverzichtbar. Sie verteidigt die Interessen von Bürger*innen, ermöglicht demokratische Beteiligung und deckt Missstände auf. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass die politischen Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft verlässlich sind.
Die Amadeu Antonio Stiftung fordert nach den Angriffen auf sie von der Bundesregierung:
- Keine Bühne für rechtsextreme Diffamierung: Weisen Sie Anträge und Redebeiträge, die zivilgesellschaftliche Organisationen diffamieren oder delegitimieren, entschieden zurück. Das Parlament darf nicht zur Bühne für rechtsextreme Propaganda werden.
- Schutz der Demokratieförderung: Sichern Sie die Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus dauerhaft und unabhängig von parteipolitischen Angriffen. Demokratiearbeit ist kein Luxus, sondern die Grundlage einer wehrhaften Demokratie.
- Anerkennung der Zivilgesellschaft als Säule der Demokratie: Überall in Deutschland setzen sich Menschen in Initiativen, Vereinen und Projekten für Demokratie und Menschenrechte ein. Sie beraten, bilden, schützen, helfen – und tragen so die Demokratie. Sie müssen verlässliche Rahmenbedingungen für dieses Engagement schaffen, es schützen und als unverzichtbare Säule der Demokratie anerkennen.
Solidarisiere Dich jetzt mit der Amadeu Antonio Stiftung und unterzeichne ihre Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact.