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Hier ein „Schnäppchen“, da ein „Deal“, dort ein „einmaliges Angebot“: „Black Friday“ und „Cyber Monday“ locken überall mit vermeintlich unschlagbaren Angeboten. Manche Händler dehnen die Preisschlacht sogar auf eine ganze „Black Week“ aus. Eine ganze Woche des Konsums in dem Glauben, dass man hier richtig sparen kann.

Was sind „Black Friday“ und „Cyber Monday“?

Der Black Friday (eng. für „Schwarzer Freitag“) stammt ursprünglich aus den USA. Traditionell handelt es sich bei dem Black Friday um den ersten Freitag nach dem amerikanischen Erntedankfest Thanksgiving. Dieser fällt immer auf den vierten Donnerstag im November; der darauffolgende Freitag ist ein Brückentag. Deshalb wird dieser Freitag traditionell als Shopping-Tag genutzt, um rechtzeitig alle Weihnachtseinkäufe zu erledigen.

Der „Cyber Monday“ wurde als Antwort auf den Black Friday ins Leben gerufen, um den Online-Handel zu fördern. Er findet am Montag nach dem Black Friday statt. Online-Händler bieten an diesem Tag große Rabatte an, vor allem auf Elektronik und Technik.

Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Händler und Konzerne warten das ganze Jahr auf Black Friday, Black Week und Cyber Monday, um da den Umsatz des Jahres zu machen.

Kurzfristiger Dopamin-Kick

Ein Klick, ka-ching: Schon landen die neuen Kopfhörer, nur jetzt 50 Prozent günstiger, die Skincare-Box im „exklusiven Deal-Paket“ oder das süße kleine Nachtlicht in Katzen-Optik, das einem schon so oft auf Instagram und Co. vorgeschlagen wurde, im Warenkorb. Und dann hat man dank Black Friday sogar richtig was gespart! Das Gehirn schüttet Dopamin als Reaktion auf den Kauf aus, was zu einem Gefühl von Befriedigung und Glück führt – Klick um Klick, Impulskauf um Impulskauf befeuert sich der Dopaminrausch immer weiter. 

Um diesen Mechanismus wissen natürlich auch die Händler. Sie planen die Vorweihnachtsphase, und mittlerweile auch in Deutschland und Europa den Black Friday, gezielt und strategisch, um möglichst große Gewinnmargen abzugreifen – und den Kund*innen trotzdem das Gefühl zu geben, sie hätten hier einen richtigen Fang gemacht. 

Dafür geben sie beispielsweise oft die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) als Vergleichspreis an, auch wenn der tatsächliche Verkaufspreis schon lange niedriger war. Oder sie appellieren an Emotionen: „Jetzt schon die Geschenke für die Lieben kaufen“. Ein grausamer Mensch, der nicht jetzt schon an Freunde und Familie denkt.

Black-Friday-Angebote sind allerdings häufig auch darum nicht zu gebrauchen, weil die Qualität nicht stimmt: „Oft gibt es die hohen Nachlässe nur für die Ladenhüter. Top-Produkte sind in der Regel nicht viel günstiger als während des restlichen Jahres“, sagt Rechtsexpertin Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern.

Emotionen als Mittel der Manipulation

Auch gerne genutzt: vorgetäuschte Verknappung. „Nur noch 3 auf Lager!“, „Rabatt nur bis 21 Uhr!“, „15 Kunden schauen sich dieses Produkt jetzt gerade an.“ Hinter den Zahlen stehen aber keine echten Verfügbarkeiten – oft sind diese Zahlen zufällig und ändern sich, je nachdem, von welchem Gerät oder um welche Uhrzeit man die Seite anschaut. Auch Benutzer*innen-Profile aus Cookies verraten der Seite etwas über das eigene Kaufverhalten. Mit diesen Infos passt die Seite das Angebot so für die Nutzer*in an, dass es perfekt zugeschnitten ist; dynamische Preise nennt man das.

Die Taktiken sind eigentlich relativ durchschaubar – das menschliche Unterbewusstsein lässt sich aber von Logik nicht allein überzeugen. 

Diese Furcht, etwas zu verpassen, wir reden dann von „Fear of Missing Out“, die führt dann dazu, dass die Menschen vielleicht eine Entscheidung treffen, die sie in einer nicht emotionalisierten Situation nicht getroffen hätten.

Peter Kenning, Professor für Marketing, bei ZDFheute

Diese sogenannten „Dark Patterns“ (engl. für „Verborgene/Dunkle Muster“) sind in Europa durch den „Digital Service Act“ (DSA) für große Shops eigentlich verboten. Was ein Dark Pattern ist, ist dort aber nicht genau definiert. Sie gehören im Online-Handel daher trotzdem zum Tagesgeschäft – denn eine Täuschung muss erstmal nachgewiesen werden, und die Grenze zwischen Dark Pattern und cleverem Marketing ist fließend. Verbraucherorganisationen geben ihr Bestes, um vor Dark Patterns zu warnen

Fake-Shops, KI-Werbung und Dropshipping

Auch viele Betrüger reiten die Hype-Welle um den Black Friday. Denn wo Verbraucher*innen im Konsumrausch sind und die vermeintlich besten Schnäppchen ergattern möchten, gibt es schließlich eine Menge Geld zu verdienen. Mit Hilfe von KI lassen sich Werbeclips, automatisierte Anzeigen auf Social Media-Plattformen oder ganze Internetseiten erstellen, die Kund*innen in die Falle locken sollen.  

Fake-Shops

Gefälschte Online-Shops, die nur vorgeben ein Produkt zu einem wahnsinnig günstigen Preis zu verkaufen, gehen gerade vor dem Black Friday verstärkt online. Sie sehen professionell und seriös aus, knöpfen den Kund*innen dann aber nur ihr Geld ab und verschicken keine Ware – oder noch schlimmer, sinnlosen Schrott

So schütze ich mich vor Fake-Shops

  • Die Seite in die Internetsuche eintippen, gemeinsam mit einem der Begriffe “Fake”, “Betrug” oder “Probleme”. Tauchen hier Erfahrungsberichte von anderen Nutzenden auf, ist Vorsicht angesagt. 
  • Vertrauenswürdige Bezahlmethoden mit Käuferschutz nutzen oder auf Rechnung bezahlen.
  • Den Fake-Shop-Finder der Verbraucherzentralen befragen.  

Dropshipping 

„Dropshipping“ ist ein E-Commerce-Geschäftsmodell, das gerne als Methode beworben wird, um ohne Aufwand viel Geld zu verdienen. Dabei verkauft ein Händler Produkte in seinem Online-Shop, ohne sie selbst zu lagern. Bei einer Bestellung leitet der Händler diese direkt an den Hersteller oder Großhändler weiter, der das Produkt dann direkt an die Kunden versendet. Der Name „Dropshipping“ bedeutet so viel wie „den Versand fallen lassen“, also an jemand anderes auslagern. 

Einige Verkäufer wenden hier Methoden an, die die Verbraucher*innen täuschen. Zum Beispiel geben sie vor, ein kleines Unternehmen aus Deutschland zu sein, das handgearbeitete Produkte anbietet – dabei kommen ihre Shop-Inhalte aus der gleichen Fabrik in Asien, wie bei hunderten anderen Shops auch. Mit dem Versprechen auf Handarbeit und Tradition locken sie Kunden an und legen höhere Preise fest – und die Kund*innen denken, sie bezahlen für Qualitätsware. 

Die Ernüchterung kommt dann oft, wenn das Produkt mehrere Wochen auf sich warten lässt und dann in minderwertiger Qualität ankommt. Profitieren tut nur der Dropshipper, der die höhere Gewinnmarge einstreicht. Solche Dropshipping-Shops werden ebenfalls gerne zuhauf zum Black Friday online geschaltet. Die schiere Menge an unterschiedlichen Shops erschwert die Suche nach tatsächlichen Angeboten; im Rausch des Überflusses nimmt man schließlich das erstbeste „Schnäppchen“. 

Wie erkenne ich Dropshipping? 

Das Europäische Verbraucherzentrum stellt einen Leitfaden zur Verfügung, der dabei helfen kann, Dropshipping-Seiten zu erkennen: 

  • Kein Impressum: Ein Impressum ist für Internetseiten in Deutschland Pflicht. Ohne Impressum weißt Du nicht, mit wem Du einen Vertrag eingehst. 
  • Keine Informationen über den Versandort oder eine Rücksendeadresse und kein genaues Lieferdatum. 
  • Nur wenig detaillierte Angaben über die Produkte.
  • Generische Fotos, die sich bei einer Bilder-Rückwärtssuche auch in anderen Shops finden. 

Auch Deutschlandflaggen oder Slogans wie „Designed in Germany“ (oder auch Italien, Frankreich, etc.) verwenden die Händler, um die wahre Herkunft der Waren zu verschleiern.  

Langfristiger Nutzen? Ungewiss.

Hat man das Gerät, die neue Tasche oder das Trend-Shirt dann zuhause, stellt sich oft die große Ernüchterung ein: Wohin damit? Mag ich das eigentlich überhaupt? Weltweit landen jedes Jahr den Berechnungen der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zufolge rund 120 Millionen Tonnen Kleidung im Müll. Im Schnitt tragen Käufer*innen ein Kleidungsstück nur sieben bis zehn Mal, bevor sie es wegschmeißen. Vor allem in Ländern des globalen Südens, wie zum Beispiel in Chile, landet der Müll aus – oft nie getragenen – Kleidungsstücken in der Landschaft und belastet dort die Natur, die Umwelt und die lokale Bevölkerung. 

In Deutschland gelangten im Jahr 2023 knapp 906 000 Tonnen Elektroschrott in die Abfallsammelstellen, das sind durchschnittlich 10,9 Kilogramm pro Person. Die Reparaturquote bei Elektrogeräten in Deutschland liegt laut einer aktuellen Studie bei 41 Prozent und damit deutlich niedriger als der Durchschnitt der untersuchten EU-Staaten. Gründe hierfür sind laut der befragten Verbraucher zu hohe Kosten und Aufwand: Es ist aktuell deutlich einfacher und günstiger, ein Gerät neu zu kaufen, statt es reparieren zu lassen.

Second-Hand-Dopamin

Und das schöne Dopamin-Gefühl? Einer Greenpeace-Studie nach löst Schnäppchen-Shopping nach der anfänglichen Euphorie sogar eher negative Emotionen aus. Nach dem Einkauf folgen oftmals Schuldgefühle oder eine innere Leere, die viele mit neuem Konsum bekämpfen.

Tipps gegen das schlechte Shopping-Gewissen, die zusätzlich noch der Umwelt helfen:

  • Gebraucht statt neu kaufen: Je länger die Lebenszeit eines Produktes, desto besser. Mit dem auskommen, was es bereits gibt, diese Produkte bis an ihr Lebensende nutzen und Neuanschaffungen kritisch hinterfragen: das nennt sich Suffizienz.  
  • Reparieren über neu Kaufen: Kleinere Defekte in Elektrogeräten lassen sich gut beheben, in vielen Städten gibt es für genau solche Fälle Repair-Cafés. Kleidung reparieren Nähstuben für kleines Geld – oder man schwingt selbst Nadel und Faden. In Frankreich und in Österreich gibt es bereits den „Reparaturbonus“, der zum Repaieren statt Neukaufen motivieren soll. In Deutschland gibt es so etwas Ähnliches seit 2024 auch – die Maßnahme steht aber noch auf wackeligen Beinen.
  • Wenn Du etwas wirklich brauchst: Den Preis länger beobachten, wie er sich über einen Zeitraum entwickelt oder ob er vor dem Black Friday eventuell steigt. So schützt Du Dich auch vor dem Impulskauf: In der Wartezeit kannst Du nochmal den Nutzen hinterfragen. Nach zwei oder drei Wochen ist das aktuelle Angebot zwar vielleicht vorbei – aber das nächste kommt bestimmt. So funktioniert der (Online-)Markt. 

Zeit schenken: Ein Trend gegen Black Friday und Co. 

Bei den ganzen Fallen, die es am Black Friday zu umschiffen gibt, stellt sich auch die Frage: Brauche ich dieses Produkt wirklich, oder denke ich nur, dass ich es brauche, weil ich dann ein „Schnäppchen“ gemacht habe? Black Friday, Black Week, Cyber Monday und Co. befeuern weiter die Maschinerie des „immer Neu, immer Mehr, immer Alles“, statt genau dieses System zu hinterfragen.

Gegenentwurf Kauf-Nix-Tag

Den weltweiten „Kauf-Nix-Tag“ (aus dem Englischen „Buy-Nothing-Day“) gibt es in Deutschland bereits seit dem Jahr 2000. Er ruft zu einem 24-stündigen Konsumverzicht auf: Einen Tag nur das kaufen, was man wirklich braucht. Das soll dazu beitragen, das eigene Konsum- und Kaufverhalten kritisch zu hinterfragen. 2025 findet er am 29. November statt, also einen Tag nach dem Black Friday.

Statt immer mehr Kommerz: Wie wäre es nicht mal mit Erlebnissen und gemeinsamer Zeit als Geschenk zu Weihnachten? Ein Picknick, eine Wanderung im Schnee oder ein Spaziergang am Meer sorgen für viel nachhaltigere Erlebnisse und Erinnerungen als jedes niedliche, vermeintlich praktische oder neue Produkt. 

Wer dennoch etwas kaufen möchte, sollte kleine Shops und lokale oder regionale Hersteller unterstützen. Qualitätsware statt Dropship-Schrott, gemeinsame Zeit statt herzloser Kommerz – so kann das Jahresende doch kommen.

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Autor*innen

Linda Hopius hat Wissenschaftsjournalismus, Politikwissenschaft und Philosophie studiert. Als freie Journalistin schreibt sie zu den Themen Umwelt und Naturschutz. Dazu arbeitet sie als Naturmentorin in der Natur- und Erlebnispädagogik und berichtet darüber auf ihrem Instagram-Kanal @lindasnaturgeschichten. Für Campact arbeitet sie seit 2024 als freie Redakteurin. Alle Beiträge

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