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Fast täglich gibt es Meldungen von Extremwetter-Ereignissen auf der ganzen Welt. Neueste Prognosen zeigen, dass die Erderwärmung auf 2,8 Grad zusteuert, was enorme Auswirkungen für das Leben auf unserem Planeten hätte. Angesichts dieser Entwicklungen ist offensichtlich, dass wir für den Klimaschutz mehr tun müssen. Und zwar jetzt!

Passend dazu drückte Kanzler Friedrich Merz (CDU) bei der COP30 im brasilianischen Belém auch aufs Tempo – aber nur rhetorisch. Denn während er dort noch anmahnte, Politik müsse schneller werden beim Kampf gegen die Klimakrise, beschlossen er und die Koalitionsspitzen wenige Tage später, die Flugsteuer (offiziell: Luftverkehrsteuer) zu senken. Damit wollen sie das Fliegen, die klimaschädlichste Art, sich fortzubewegen, durch eine Steuersenkung von 350 Millionen Euro subventionieren. Ohne Garantie, dass dadurch die Flugtickets, wie erhofft, tatsächlich günstiger werden. Denn das entscheiden immer noch die Airlines selbst. Was aber feststeht: Die Klimaziele zu erreichen, wird definitiv schwieriger.

Falsche Anreize

Deutschland hat sich verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2045 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Damit das gelingt, sollen CO2-Preise und Steuern Wirtschaft und Konsument*innen helfen, sich umzustellen und auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen. Die Flugsteuer trägt dazu bei: Sie verteuert klimaschädliche Flüge und macht sie weniger attraktiv. Diese Steuer wieder zurückzunehmen, wäre ein falsches Signal – denn dadurch wirkt das umweltschädliche Flugzeug im Vergleich zur klimafreundlichen Bahn wieder reizvoll. Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die Bahn für viele Reisende ohnehin immer unattraktiver wird. 

Das Deutschlandticket wird teurer

Das Deutschlandticket wird ab dem 1. Januar teurer und kostet dann 63 Euro. Der Grund: Die schwarz-rote Bundesregierung war nicht bereit, mehr Geld für die Finanzierung zu geben. Obwohl sie im Koalitionsvertrag versprochen hatte, dass der Preis bis 2029 stabil bleiben sollte. Es ist ein völlig falsches Zeichen, dass gerade die klimafreundliche Bahn teurer wird und das klimaschädliche Fliegen günstiger werden soll. Denn vor allem die Bahn hätte ja das Potential, auf langen Strecken die umwelt­schädlichen Verkehrsmittel, Flugzeuge und Autos zu ersetzen. Doch davon sind wir jetzt wieder weit entfernt. 

Die Bahn bräuchte mehr Geld

Wie schlecht es um die Bahn steht, hat die neue Bahn-Chefin Evelyn Palla angesichts katastrophaler Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr von 51,5 Prozent gerade erst zugegeben: “Es wird erst mal nicht besser, so ehrlich müssen wir sein”. Wie groß der Rückstau an Investitionen ist, zeigt auch die Zahl der Baustellen: 2025 sind es 26.000. Ganze 5.000 mehr als im letzten Jahr. 2026 sollen es sogar 28.000 werden. Statt die Bahn besser zu machen, geht es derzeit nur darum, ihren Abwärtstrend zu stoppen. Angesichts dieses Zustands ist es völlig absurd, dass hier nicht viel mehr getan wird. Die 350 Millionen Steuergeschenk für die Flugindustrie könnten bei der Bahn jedenfalls sinnvoller investiert werden. Entschieden ist die Flugsteuer-Senkung aber noch nicht. 

Die SPD muss den Flugsteuer-Irrsinn stoppen

Bisher hat nur der Koalitionsausschuss die Senkung der Flugsteuer beschlossen. Kabinett und Bundestag müssen dem noch zustimmen. Vize-Kanzler Lars Klingbeil und SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sind jetzt gefragt. Gerade Miersch als erfahrener Energie- und Klimapolitiker kann seiner Fraktion glaubhaft vermitteln, dass dieses Steuergeschenk für klimaschädliche Airlines gestoppt werden muss. 

Für die SPD wäre das die Chance, sich als vernunftorientierte Partei zu präsentieren, die den Ernst der Lage erkannt hat und entsprechend handelt – immerhin hatte sie noch vor wenigen Jahren einen “Kanzler für Klimaschutz” aufgestellt. Die Partei könnte damit Profil und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Schließlich war es die von ihr geführte Ampel-Regierung, die 2024 die Erhöhung der Flugsteuer selbst beschlossen hat.

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er eine Kolumne über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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