Klimawandel
Alles bewegt sich – jetzt bremst Merkel beim Klimaschutz
Zunächst schien es, als wären die anderen die Bremser beim Klimaschutz: USA, China und Indien. Alle diese Länder sind in Vorleistung gegangen. Jetzt muss die Bundesregierung zeigen, dass auch sie sich bewegt und konkrete Zahlen für die Klimafinanzen auf den Tisch legen. Fordern Sie 7 Milliarden Euro für gerechten Klimaschutz! Nach dem EU-Klima-Gipfel Ende Oktober […]
Zunächst schien es, als wären die anderen die Bremser beim Klimaschutz: USA, China und Indien. Alle diese Länder sind in Vorleistung gegangen. Jetzt muss die Bundesregierung zeigen, dass auch sie sich bewegt und konkrete Zahlen für die Klimafinanzen auf den Tisch legen. Fordern Sie 7 Milliarden Euro für gerechten Klimaschutz!
Nach dem EU-Klima-Gipfel Ende Oktober hatte Bundeskanzlerin Merkel zugesagt, die EU werde ihren Anteil zu einem gerechten Klima-Abkommen im Dezember in Kopenhagen beitragen. Das war zwar unkonkret, klang aber gut, denn die Bremser waren andere: Die USA hatten noch überhaupt keine CO2-Reduktionen versprochen und auch China und Indien, zwei schnell wachsende Schwellenländer, wollten nicht über verbindliche Zusagen sprechen. Wenn der Klimagipfel in Kopenhagen scheitern würde – so sah es lange Zeit aus -, dann hätten die EU und die Bundesrepublik dennoch alles für den Klimaschutz getan. Detaillierte Zusagen gab es deswegen keine – erst einmal sollten die anderen etwas anbieten.
Doch jetzt ist Bewegung in die Sache gekommen: In Kopenhagen müssen vor allem noch zwei Dinge geklärt werden. Zum einen, welches Land bis wann wie viel CO2 einsparen muss. Hier geht es vor allem darum, dass die USA mit den derzeit höchsten Pro-Kopf-Emissionen und die schnell wachsenden Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien mit dabei sind. Zum anderen stellt sich die Frage, wie Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den ärmeren Ländern finanziert werden können. Dabei geht es um viel Geld, denn die Entwicklungsländer brauchen – das zeigen Berechnungen – ab 2020 jedes Jahr rund 110 Milliarden Euro, um trotz Klimawandel wirtschaftlich weiter zu kommen und um sich an veränderte klimatische Bedingungen anzupassen.
Als wenige Tage nach dem EU-Gipfel US-Präsident Obama in China auf Staatsbesuch war, trafen sich offenbar die Bremser, denn zu den Verhandlungen nach Kopenhagen wollten beide keine konkreten Zusagen mitbringen. Doch in den letzten zwei Wochen ist Bewegung in die Sache gekommen: Zunächst kündigte Obama an, er werde zum Klima-Gipfel reisen, wenn sich das positiv auf die Verhandlungen auswirke – und er hat Zusagen im Gepäck. Zwar hat er sein Klimaschutzgesetz noch nicht durch das Parlament gebracht, aber dennoch würden die USA 17 Prozent CO2-Reduktion bis 2020 anbieten. Und prompt reagierten auch die anderen: China will seine CO2-Intensität um 40 bis 45 Prozent reduzieren, Indien denkt erstmals ernsthaft über so einen Schritt nach und Brasilien machte der Welt schon vor Wochen klar, was der richtige Weg sei: Mehr als 35 Prozent unter der Prognose will das südamerikanische Land 2020 tatsächlich landen.
Damit ist erfolgt, was Kanzlerin Merkel vor einem Monat forderte: Die anderen haben sich bewegt – jetzt ist die Bundesregierung dran! Bei den Reduktionszusagen sind schon erste Schritte gemacht, so dass Deutschland noch immer als Vorreiter beim Klimaschutz gilt. Aber bei den Finanzen ist Kanzlerin knausrig: Der gerechte Anteil Deutschlands an den benötigten 110 Milliarden Euro beträgt etwas sieben Milliarden Euro. Das klingt viel, aber als ein hochindustrialisiertes, reiches Land ist die Bundesrepublik zum einen schon lange für den Klimawandel verantwortlich und kann zum anderen viel leisten. Als Beispiel: Die Abwrackprämie und die Kohlesubventionen – beide staatlichen Zuwendungen sind extrem klimaschädlich – kosteten den Steuerzahler 2009 ebenfalls sieben Milliarden Euro. Und für „notleidende“ Banken stehen gar 400 Milliarden zur Verfügung.
Dabei wäre ein verbindliches Klima-Abkommen für die Bundesrepublik sogar dann lohnenswert, wenn sie dafür mehrere Milliarden zur Finanzierung zur Verfügung stellen müsste: Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnten ökologische Technologien und Produkte aus Deutschland bei einem scharfen Abkommen besser exportiert werden. Dann würden die Kosten für ein solches Abkommen alleine durch die Steuereinnahmen wieder gedeckt – und zusätzlich entstünden Tausende neuer Arbeitsplätze.
Dennoch schreckt die Regierung vor Klimaschutz zurück, wenn es ums Geld geht: Kommende Woche will der Bundestag auf Initiative der schwarz-gelben Koalition eine Erklärung zu den Klima-Verhandlungen verabschieden. „Die EU und Deutschland müssen einen fairen und angemessenen Anteil an der Finanzierung von Maßnahmen zur Emissionsminderung und Anpassung in den Entwicklungsländern beitragen.“ Doch eine konkrete Zahl, die auch andere, zögerliche Staaten aus der Reserve locken würde, wollen die Koalitionäre nicht auf den Tisch legen. Dabei könnten Zusagen vor Beginn des Gipfels eine weitere Runde an Zugeständnissen auslösen: Wie bei den Emissionsreduktionen würde die Bundesrepublik in Vorleistung gehen – und die anderen ziehen bei der Finanzierung des Klima-Abkommens nach. So machen das Vorreiter eben.