Verkehr
Hier sind Radfahrende im Recht
Gefühlt haben Radfahrer*innen die schlechteste Stellung im Straßenverkehr – noch hinter Fußgänger*innen. Dabei haben Radfahrende ganz schön viele Rechte: Sie werden nur nicht geachtet.
Vorfahrt genommen, Radweg versperrt, gefährlich überholt: Diese Dinge passieren mir täglich, wenn ich – keine 5 Kilometer – ins Büro radle. Ich habe oft das Gefühl, dass Radfahrer*innen am meisten aufpassen müssen im Straßenverkehr, denn auch Fußgänger*innen übersehen gerne Menschen auf Fahrrädern oder dem Radweg, auf dem sie gerne fahren würden. Abseits von schlechter Fahrrad-Infrastruktur (schlechte oder keine Radwege usw.), ist das Problem aber nicht, dass Fahrradfahrer*innen keine Rechte haben: Das Problem ist, dass sie Rechte haben, die den anderen oft egal sind.
Abstand halten!
Matthias Flieder schreibt im Campact-Blog über die Freuden und Leiden des Radfahrens in Großstädten, zu Verkehrspolitik und Infrastruktur-Themen. Lies hier alle seine Beiträge.
Die wohl am meisten missachtete Regel ist die Abstandsregel beim Überholen. Ein normales Fahrrad darf einen Meter breit sein, so steht es in Paragraf 67 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). In der Regel ist der Lenker das breiteste Teil am Fahrrad. Bei einem handelsüblichen Citybike ist er meist zwischen 70 und 80 Zentimeter breit. Mit ein bisschen Abstand zum Fahrbahnrand wird ungefähr ein Meter der Fahrbahn eingenommen. Laut Straßenverkehrsordnung (§5(4) StVO) muss nun ein überholender Pkw einen Abstand von 1,5 Meter zum Fahrrad einhalten – außerorts sind es sogar 2 Meter! Sprich: Bei entgegenkommendem Verkehr wäre Überholen in jedem Fall verboten. Was hilft: Nicht zu sehr am Rand zu fahren, um Autos nicht zum Überholen zu verleiten. Als Dank wird man dafür aber gerne mal angehupt.
Nutzungspflicht
Ein anderes Beispiel ist die Radweg-Nutzung. Auch wenn in vielen Städten die Radinfrastruktur besser wird, gibt es noch etliche alte schmale Fahrradwege, die sich auf der Höhe des Bürgersteigs eng an die Straße anlegen oder Schlangenlinien machen. Diese sind oft nicht benutzungspflichtig – aus gutem Grund! Schließlich stellen sie eine Gefahrenquelle dar. Sicherer radelt es sich dann, zum Leid der Autofahrer*innen, auf der Straße. Nur wenn blaue, runde Straßenschilder mit einem Fahrrad darauf vorhanden sind (Z237, Z240 und Z241), ist die Nutzung des Radwegs vorgeschrieben.
Parken
Was kaum jemand weiß: Fahrräder dürfen auf Parkplätzen parken, die üblicherweise von Autos genutzt werden. Ob entnervte Autofahrer*innen auf der Suche nach einem Parkplatz viel Verständnis dafür hätten? Ich denke nicht. Dabei gibt es immer noch zu viele Orte ohne (ausreichende) Fahrradständer und zu schmale Gehwege, um ein Fahrrad so aufzustellen, dass es kein Hindernis für Kinderwagen und Co. wird. Übrigens: Wer mit dem Fahrrad einen kostenpflichtigen Parkplatz nutzt, muss dafür bezahlen (wo bringt man da eigentlich den Parkschein an?). Ausnahme ist Berlin, da ist das seit kurzem kostenlos.
Schutzstreifen sollen schützen
Wo nicht genug Platz ist für einen vernünftigen Fahrradweg, gibt es mittlerweile immer mehr Schutzstreifen am Rand der Fahrbahn. Diese sind durch das Fahrradsymbol und eine gestrichelte Linie gekennzeichnet. Hier herrscht ein absolutes Halteverbot. In der Praxis wird der Schutzstreifen allerdings oft mit einer Haltezone verwechselt. Waghalsige Ausweichmanöver über Fußweg oder Fahrbahn sind dann nötig – und gefährlich!
Ruhe bewahren
Als Radler*in bleibt da oft nur: Nerven bewahren, (möglichst) freundlich bleiben und die Leute anzeigen. Ja, es ist nicht schön, aber da freundliche Hinweise oft nicht helfen, bleibt keine andere Lösung – besonders wenn die Sicherheit gefährdet wird. Mittlerweile gibt es überall die Möglichkeit, Falschparken und andere Verstöße bei Polizei und Co. einfach online zu melden. In Hamburg etwa kann man Falschparker*innen hier melden. Solange nicht vernünftige Fahrradinfrastruktur und verkehrsberuhigende Maßnahmen wie Tempo 30-Zonen Radler*innen schützen, wird das wohl einfach nötig sein. Denn ganz oft sind Radfahrende im Recht.