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Elterngeld: Was die Ampel plant
Die Ampel will das Elterngeld reformieren – doch bislang ist nichts passiert. Dabei wäre eine Erhöhung bitter nötig.
Kaum ein Antrag ist bei frisch gebackenen Eltern so gehasst wie der fürs Elterngeld: Er ist lang, kompliziert und in diversen Bundesländern noch nicht einmal digital. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP festgelegt, dass sie das Thema in ihrer Amtszeit anpacken wollen: Der Antrag soll vereinfacht und digitalisiert werden und die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung soll gestärkt werden. Doch was plant die Ampel genau?
Elterngeld erhöhen
Im Gesundheitswesen, dem Nahverkehr oder in Kitas: Bundesweit wird derzeit für mehr Lohn gestreikt. Auch an anderer Stelle besteht Nachholbedarf: beim Elterngeld. Es wurde seit seiner Einführung vor 16 Jahren nicht erhöht. Mit dieser Leistung unterstützt der Staat Eltern nach der Geburt ihres Kindes, indem das wegfallende Einkommen bis zu 65 Prozent ersetzt wird. Die Höhe des Elterngelds berechnet sich aus dem Durchschnittseinkommen in den zwölf Monaten vor Geburt des Kindes – es liegt zwischen 300 und maximal 1.800 Euro pro Monat.
Diskriminierung abbauen, Elterngeld erhöhen, Gleichberechtigung stärken: Die Pläne der Ampel-Regierung sind längst überfällig. Welches Thema treibt Dich um? Starte jetzt eine Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, für ein Thema, das Dir wichtig ist.
Die Ampel hat 2021 in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt: „Wir werden den Basis- und Höchstbetrag beim Elterngeld dynamisieren.“ Bislang ohne Ergebnisse. Dabei steckt Deutschland mitten in der Inflation. Und die trifft vor allem diejenigen besonders hart, die eh schon wenig haben oder aufgrund ihrer Elternzeit auf relevante Lohnzahlungen verzichten müssen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert daher einen Neustart beim Elterngeld. Das Elterngeld solle nicht nur einmalig angehoben, sondern stetig an steigende Lebenshaltungskosten angepasst werden. Um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern, schlägt der DGB außerdem vor, das Elterngeld auf 80 Prozent des entgangenen Nettoeinkommens zu erhöhen – wenn die Eltern die Elterngeldmonate zu gleichen Teilen übernehmen.
Ein Partnermonat mehr beim Elterngeld
Bislang sieht die Realität leider so aus, dass Frauen den Großteil der Elternzeit übernehmen. Oftmals, weil die Familie auf das Gehalt des Mannes weniger verzichten kann. (Lies hier den Beitrag zum Gender-Pay-Gap.)
Damit sich Eltern die Care-Arbeit besser aufteilen, gibt es die Partnermonate. Sie sollen als Anreiz dafür dienen, dass mehr Väter Elternzeit beantragen: Nehmen sie mindestens zwei Monate, erhöht sich das Basiselterngeld von 12 auf 14 Monate. Die Ampel plant, die Partnermonate beim Basis-Elterngeld um einen Monat (von zwei auf drei) zu erweitern.
Die Reform ist dringend nötig: Aktuell gehen nur vier von zehn Vätern überhaupt in Elternzeit – und der Großteil nimmt nach wie vor nur die obligatorischen zwei Monate. Gerade mal zehn Prozent nehmen nach der Geburt des Kindes mehr als zwei Monate Elternzeit in Anspruch. Zum Vergleich: Bei den Frauen gehen 96 Prozent der Mütter mindestens zwölf Monate in Elternzeit.
Freistellung nach Geburt
Auch beim Thema Abtreibung kann die Ampel von Spanien lernen. Lies hier den gesamten Beitrag:
Wie man Männer dazu animieren kann, sich zu kümmern, zeigt die spanische Regierung: Seit Januar 2021 sind dort die ersten sechs Wochen Elternzeit nach der Geburt des Kindes für Väter ebenso obligatorisch wie für Mütter.
Die EU sieht vor, dass Väter oder das zweite Elternteil nach Geburt des Kindes für mindestens zehn Tage bezahlt freigestellt werden. In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Ampel, die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung stärken zu wollen. Dafür will sie „eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes einführen“. Doch bislang hat die Ampel den sogenannten „Vaterschaftsurlaub“ nicht umgesetzt. Dabei gilt die europaweite Regelung bereits seit Juli 2022. Die EU hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) soll die zweiwöchige Freistellung erst 2024 kommen. Die wirtschaftliche Lage sei aktuell zu schwierig, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Damit setzt die Ampel Wirtschaftsinteressen erneut vor die Familie. Gerade nach den für Eltern extrem herausfordernden Pandemie-Jahren ein komplett falsches Signal.
Kündigungsschutz verlängern
Mit Blick auf die Nachteile, die Eltern oftmals im Job begegnen, ist es nur nachvollziehbar, dass Väter die Fürsorge-Arbeit gerne auf ihre Partnerin abschieben. Laut einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes fühlen sich 41 Prozent der 2.500 befragten Eltern explizit diskriminiert. In der Studie beklagen 50 Prozent der Mütter, dass ihr Arbeitsvertrag in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Elternzeit oder Kinderbetreuung nicht verlängert oder entfristet wurde. Männer erleben oftmals negative Reaktionen, wenn sie in Elternzeit gehen – mitunter sei der Druck so hoch, dass sie keine nehmen.
Um den Wiedereinstieg nach der Elternzeit besser abzusichern, plant die Ampel, den elternzeitbedingten Kündigungsschutz nach Rückkehr in den Beruf von vier auf sieben Monate zu verlängern.
Die Versäumnisse in der Corona-Pandemie haben Eltern deutlich gezeigt, dass ihre Rechte hinten anstehen. Damit muss Schluss sein. Die Ampel hat jetzt die Möglichkeit, sich für die Rechte aller Eltern stark zu machen.
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