In Thüringen hat die CDU eine Senkung der Grunderwerbsteuer durchgedrückt. Möglich war das nur mit den Stimmen der AfD. Damit bringen sich die Konservativen vor der Thüringen-Wahl im nächsten Jahr in Stellung – und ebnen den Weg für eine langfristige Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen. Wir haben AfD-Experten Andreas Kemper zur aktuellen Situation befragt.
In Thüringen hat die CDU gemeinsam mit der Höcke-AfD ein Gesetz durch den Landtag gebracht. Was bedeutet das für die Koalition?
Für die Gesetzesinitiative der CDU gab es erstens gar keine Dringlichkeit und zweitens dafür aber von Beginn an die Klarheit, dass das nur mit den Stimmen der AfD klappen wird. Für mich sieht das daher aus wie ein Test und der scheint für die CDU Thüringen erfolgreich zu verlaufen, wenn es jetzt keine Proteste gibt. Für die Koalition könnte es heißen, sich zunehmend einem Schulterschluss von CDU/FDP/AfD gegenüber zu sehen.
CDU-Chef Friedrich Merz hat mehrfach betont, dass er Kooperationen mit der AfD ausschließt. In Thüringen bricht die Partei mit ihren eigenen Regeln – und kooperiert mit dem extremsten Teil der AfD. Ist die „Brandmauer“ jetzt komplett eingebrochen?
Hier passt wahrscheinlich besser die Metapher Stauseewand als Brandmauer. Was passiert, wenn eine Staumauer Risse bekommt und das erste Wasser durchbricht? Die Steine drumherum werden unter dem Druck der braunen Brühe nach und nach wegbrechen. Es sei denn, es wird jetzt schnell geflickt und nachgebessert. Ich befürchte, dass Merz denkt, er könnte einen Dammbruch kontrollieren.
Im nächsten Jahr wird in Thüringen gewählt. Höcke spricht von einem Schritt in die richtige Richtung. War die Abstimmung nur der Start für eine langfristige Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU?
Andreas Kemper recherchiert als freischaffender Soziologe zu Netzwerken der Ungleichheit und analysiert deren Ideologien. Seine Recherchen zu Björn Höcke (alias Landolf Ladig) führten zur Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz.
Die AfD ist in Thüringen noch klarer eine Höcke-AfD als auf Bundesebene. Aktuell liegt die AfD in Thüringen bei deutlich über 30 Prozent, die CDU gerade mal bei 20 Prozent. Es gibt keine Anzeichen, dass sich das ändert, vor allem dann nicht, wenn die CDU wie jetzt bei der Gesetzesinitiative die AfD normalisiert. Wie stellt die CDU sich das vor? Sie wäre dann Juniorpartnerin einer vom Faschisten Höcke geführten Partei. Daran könnte die CDU zerbrechen und das ist ja ein Ziel der AfD.