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Warum wir Paragraf 218 endlich abschaffen müssen

Die AfD und andere rechtsextreme Parteien in Europa gefährden die Rechte von Millionen Frauen. Die Europäische Bürgerinitiative „My Voice, My Choice“ fordert das Recht auf sichere und kostenlose Abtreibung.

Aktivistinnen streichen symbolischen mit lila Farbe über den Paragraf 218.
Aktivistinnen streichen symbolischen mit lila Farbe über den Paragraf 218. Foto: IMAGO / Emmanuele Contini

„Sie sitzt seitlich auf dem Badewannenrand und drückt ihren Daumen fest gegen den kühlen Haken des schwarzen Kleiderbügels, den sie in den Händen hält. Begleitet von einem Schmerz bohrt sich das Metall tief in ihre Haut.“ 

Mit diesen Worten beginnt der Roman „Wir doch nicht“ von Nora Burgard-Arp, in dem die Protagonistin Matilda auf den ersten Seiten heimlich ihre ungewollte Schwangerschaft beendet. Denn in der Diktatur, in der sie in Hamburg etwa 30 Jahre in der Zukunft lebt, steht auf Abtreibung lebenslange Haft. 

AfD fordert Abtreibungsverbot

Von einem solchen Szenario sind wir noch weit entfernt. Doch mit dem Erstarken der AfD wächst die Sorge vor einer Einschränkung von Frauenrechten. Die Höcke-Partei möchte die Geburtenrate um jeden Preis in die Höhe treiben. Um das zu erreichen, will sie Abtreibungen weitgehend verbieten und medizinische Versorgung von Frauen, die abtreiben wollen, unter Strafe stellen. Dafür nimmt sie in Kauf, dass Schwangere sterben könnten.

Entkriminalisierung von Paragraf 218 jetzt

Ein Schwangerschaftsabbruch wird in Deutschland auch schon heute im Strafgesetzbuch geregelt – als einziger medizinischer Eingriff überhaupt. Seit Jahren wird über die Abschaffung des Paragrafen 218 diskutiert. Anfang des Jahres hat sich eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission mit den rechtlichen, ethischen und medizinischen Fragen des Schwangerschaftsabbruchs befasst. Ihre Empfehlung war eindeutig: Schwangerschaftsabbrüche sollten in den ersten zwölf Wochen legalisiert werden.  

Die Grünen pochen bereits länger auf eine Gesetzesänderung. Parteichefin Ricarda Lang forderte nun erneut, dass das erste Schwangerschaftsdrittel außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden sollte. 

Warum gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für die Abschaffung des Paragrafen 218 ist, zeigt auch ein Blick auf das kommende Jahr. Denn dann sind Bundestagswahlen – und die CDU könnte mit einiger Wahrscheinlichkeit die nächste Bundesregierung anführen. Die Neuregelung des Gesetzes wäre dann für die nächsten Jahre ein Ding der Unmöglichkeit.  

Mittel gegen die Stigmatisierungen   

Dabei ist die Lage für Frauen schon jetzt prekär. Denn solange Abtreibungen als Straftat geführt werden, werden die Frauen, die sich für eine solche entscheiden, stigmatisiert. Ein Großteil der Frauen spricht daher nicht über ihren Abbruch. Andere tun es und werden deswegen beleidigt oder bedroht. Und auch die Ärzt*innen sind diesen Stigmatisierungen ausgesetzt.

Mit fatalen Folgen: Die Zahl der Ärzt*innen, die Abbrüche vornehmen, sinkt rapide. Viele andere halten es geheim. Frauen müssen daher oftmals mehrere Einrichtungen kontaktieren, um einen Termin für einen Abbruch zu erhalten. Oftmals müssen sie dafür weite Wege auf sich nehmen.

Immerhin gegen die Beleidigungen und das Bedrängen von Frauen und medizinischen Fachpersonal vor Abtreibungskliniken, Beratungsstellen oder Arztpraxen tut sich was. Anfang Juli hat die Ampelregierung ein entsprechendes Gesetz gegen sogenannte Gehsteigbelästigungen verabschiedet – diese sind fortan verboten und werden mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro bestraft.

20 Millionen Europäerinnen haben keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen

Aber nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa brauchen wir das Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch für alle Frauen. In Polen wird ein Schwangerschaftsabbruch derzeit mit drei Jahren Gefängnis bestraft. In Malta drohen Ärzt*innen sogar fünf Jahre Haft. 20 Millionen Europäerinnen haben bisher keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen. Ein Problem, das sich noch verschärfen könnte, wenn extrem rechte Parteien an die Macht kommen. 

Europäische Bürgerinitiative: My Voice, My Choice 

Deshalb haben sich Menschen aus ganz Europa zusammengeschlossen und eine Europäische Bürgerinitiative gestartet. Unter dem Motto „My Voice, My Choice“ fordern sie Brüssel auf, sichere und kostenlose Abtreibungen zu ermöglichen. Die EU soll einen Fonds einrichten, aus dem Abtreibungen für Frauen in ganz Europa finanziert werden. Damit würde zumindest auf EU-Ebene ein Gegengewicht zu den nationalen Plänen der Rechtsextremen geschaffen. 

Von Irland über Spanien bis nach Kroatien hat die Initiative schon Hunderttausende Unterschriften gesammelt. Bitte setze auch Du Dich für sichere Abtreibungen ein und gib Frauen in ganz Europa Deine Stimme – es kostet Dich nur zwei Minuten! 

Unterzeichne hier für sichere Abtreibungen
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Autor*innen

Vera Kuchler arbeitet seit 2017 als Redakteurin bei Campact. Die ausgebildete Soziologin und gelernte Journalistin beschäftigt sich im Blog vor allem mit dem Thema „Arbeit und Geschlecht“. Alle Beiträge

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