Medien
Diese 5 Sendungen könnte es bald nicht mehr geben
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, bestehend aus ARD, ZDF und Co., soll sich deutlich verändern. Die Regierungschef*innen der Bundesländer sehen massive Kürzungen in allen Sparten vor. Was ist genau geplant und welche Sendungen sind davon betroffen?
Weniger TV- und Radiosender, weniger Sendungen und dadurch mehr Einsparungen: Das sieht der aktuelle Entwurf des Reformstaatsvertrags vor. Die Bundesländer haben darin Ideen entwickelt, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern soll. Diese Veränderung heißt vor allem: massive Kürzungen bei den Tochtersendern von ARD und ZDF. Auch die Online-Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Plattformen soll schrumpfen.
Besonders im Kultur- und Nachrichtenbereich, sowie bei den Angeboten für Kinder und Jugendliche soll gespart werden. Welche Radio- und Fernsehkanäle es trifft, entscheiden die Sendeanstalten. Die Hauptprogramme von ARD und ZDF sollen in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben. Doch eines ist sicher: Viele Bildungs- und Informationsformate sind gefährdet. Diese fünf Programme könnten zum Beispiel akut von den Kürzungen betroffen sein.
Fakten statt Fake News!
Unabhängige Berichterstattung war noch nie wichtiger. Rechtsextreme und russische Netzwerke fluten schon jetzt das Internet mit Propaganda und verbreiten Verschwörungserzählungen. Statt auf Fakten setzen diese Formate vor allem auf Hetze und Fake News.
Mit einem Appell setzt sich Campact für Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.
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1. „ZDF besseresser“ und andere Info- und Doku-Formate
Im Bereich „Bildung, Dokumentation, Information“ sind umfangreiche Kürzungen geplant. Von den Schwerpunkt-Nachrichtensendern wie Phoenix, Tagesschau24, ARD-alpha oder ZDFinfo sollen nur ein bis zwei bleiben. Auch ZDFinfo wäre betroffen. Der Sender glänzt mit Dokumentationen und Reportagen, die ungewöhnliche, unbekannte oder alltägliche, aber vergessene Themen beleuchten.
Beliebte Sendungen wie die Ernährungsformate von Koch Sebastian Lege („ZDF besseresser“, „Lege packt aus“) oder die ZDFinfo-Dokus zu Geschichte, Zeitgeschehen, Wissenschaft, Technik, Politik, Gesellschaft und Ausland könnten gestrichen werden. Dabei bieten diese Formate wichtige Verbraucherinfos und umfassende Informationen über das Weltgeschehen.
2. Tagesschau mit Gebärdensprache
Auch die Tagesschau mit Gebärdensprache könnte betroffen sein. Sie läuft täglich auf Phoenix und ist ein wichtiger Bestandteil des Bildungsangebotes der öffentlich-rechtlichen Sender. Dort werden Themen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport, Gesellschaft und Wissenschaft aus dem In- und Ausland in Gebärdensprache übersetzt. Ein essenzielles Element für Teilhabe und Inklusion in unserer Gesellschaft.
3. Kulturzeit auf 3sat
Einsparungen in der Sparte „Kultur & International“ könnten zur Folge haben, dass der Kultursender 3sat an den internationalen Sender Arte angegliedert wird – das wird derzeit überlegt. Mitarbeitende von 3sat befürchten, dass dies das Ende des Senders und damit auch für bereichernde Sendungen wie die „Kulturzeit“ bedeuten könnte.
Das Kulturmagazin läuft aktuell montags bis freitags am Vorabend auf 3sat und beschäftigt sich mit aktuellen kulturellen und gesellschaftspolitischen Fragen. Von Kunst und Theater über Kino, Literatur, Musik, Tanz und Comedy gibt die Sendung einen Einblick in alle kreativen Bereiche und unterschiedliche künstlerische und kulturelle Meinungen und Ansichten. Ein solches Programm einzustellen, wäre eine harte Einschränkung der Kulturlandschaft.
4. MaiThink X auf ZDFneo
Im Spartenbereich „Junge Menschen“ stehen vier Sender im Fokus der Kürzungen: der Kindersender KiKA sowie die Sender ZDFneo und One (ehemals einsfestival) und Funk, die sich eher an jüngere Erwachsene zwischen 25 und 45 Jahren richten. Bekannte Aushängeschilder von ZDFneo sind zum Beispiel die erfolgreiche deutsch-dänische Serie „Sløborn“ oder auch „MaiThink X – Die Show“, eine von Mai Thi Nguyen-Kim moderierte Wissenschaftsshow. Die Stärken von ZDFneo und One liegen eher im sogenannten „Edutainment“-Bereich; also Inhalte, die unterhalten, aber auch bilden.
Damit sind die Sender ein wichtiges Angebot für alle, die mehr wollen als klassische Nachrichten oder stumpfe Unterhaltung. Das Angebot für alle „Jungen Menschen“ von 3 bis 45 Jahren zu reduzieren, würde den unterschiedlichen Zielgruppen nicht gerecht.
5. Politische Angebote von Funk
Der Jugendsender Funk ist dort unterwegs, wo sich Jugendliche aufhalten: auf YouTube, TikTok und in anderen sozialen Netzwerken. Mit Unterhaltungs- und Informationsprogrammen richtet er sich an die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen. Muss der Sender sparen oder wird er komplett eingestampft, gefährdet das die mediale Bildung einer der wichtigsten und am leichtesten zu beeinflussenden Zielgruppen: Jugendliche und junge Erwachsenen. An sie richten sich Formate wie zum Beispiel „Absolute Mehrheit – der ‚DIE DA OBEN!‘-Podcast“, in dem Politiker*innen aller Parteien interviewt werden. Oder der „Fakecheck“, der vermeintlich skandalöse Nachrichten unter die Lupe nimmt und auf ihren Wahrheitsgehalt prüft.
Fallen Programme wie „Absolute Mehrheit“ und „Fakecheck“ weg, entstehen Lücken für andere Programme und Vorbilder. So wirbt zum Beispiel die AfD verstärkt um die Aufmerksamkeit bei Heranwachsenden und Jugendlichen. Besonders auffällig war hier zuletzt der Spitzenkandidat für die Europawahl Maximilian Krah, der mit kontroversen Inhalten auf TikTok gezielt Jugendliche ansprach.
Effektivität der Kürzungen unklar
Wie wirkungsvoll diese Kürzungen sein werden, ist noch unklar. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat dazu ein Sondergutachten für die Bundesländer erstellt. Diesem zufolge ist das genaue Einsparpotenzial beim Wegfall der ARD- und ZDF-Sender nicht abzusehen. Die KEF wiederholt in dem Gutachten auch eine frühere eigene Einschätzung, wonach der Aufwand für die Partner- und Spartenprogramme im Verhältnis zum Gesamtaufwand der Rundfunkanstalten vergleichsweise gering sei. Außerdem, so die KEF, würde bei Kürzungen im linearen Fernsehen ja dennoch eine Ausstrahlung online angestrebt – die Inhalte würden also trotzdem produziert und es fielen nur die Kosten für die TV-Ausstrahlung weg. Ob eine Einsparung bei diesen Programmen, die wichtig sind für die Programmvielfalt und Meinungsdiversität, sich überhaupt lohnt, ist also nicht bestätigt.
Campact appelliert an die Ministerpräsident*innen der Länder, das breite Informationsangebot in Fernsehen und Radio zu erhalten. Klicke auf den folgenden Button, um Dich den bereits über 300.000 Personen anzuschließen, die Fakten statt Fake News wollen:
Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version den Beitrags hieß es, dass das politische Satire-Magazin „Die Anstalt“ von bzw. für ZDFneo produziert wird. Das ist nicht der Fall. Wir haben die Passage angepasst.