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Deutschlandticket: CO2-Reduzierung in Gefahr

Im Verkehrssektor wird zu viel CO2 ausgestoßen – vor allem durch Autos mit Verbrennungsmotor. Problemlöser hätte das Deutschlandticket werden können, doch durch die angekündigte Preiserhöhung hat sich das erledigt.

Stau im Berufsverkehr, Humboldtstaße in Giesing am frühen Montagabend in München.
Fahrräder, ein Bus – und ganz viele Autos. Das müsste so nicht sein. Foto: IMAGO / Wolfgang Maria Weber

146 Millionen Tonnen CO2 hat der Verkehrssektor in 2023 ausgestoßen. Er ist damit einer der größten CO2-Emittenten in Deutschland – und verfehlt seit Jahren seine Reduktionsziele. Nach dem Klimaschutzgesetz hat der Verkehrssektor sein Ziel im letzten Jahr um 13 Millionen Tonnen verfehlt. Das liegt maßgeblich an dem Personenverkehr, der im Vergleich zu 2022 sogar noch gestiegen ist. Doch es hätte noch schlimmer sein können – wenn das Deutschlandticket nicht wäre.

Eine Studie hat ergeben, dass in den ersten 12 Monaten seit der Einführung des Tickets im Mai 2023 6,7 Millionen Tonnen CO2 vermieden wurden. Das sind immerhin 4,7 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes im Verkehrssektors und der ist ja seit Jahren das Sorgenkind der deutschen Klimapolitik. Seinetwegen wurde sogar das Klimaschutzgesetz abgeschwächt, damit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) keine Sofortmaßnahmen mehr ergreifen muss, wenn er mit seinem Ministerium die vorgegebenen Ziele reißt.

Milliarden für klimaschädliche Subventionen

Es ist natürlich fatal, dass gerade an dieser Stelle, wo endlich mal CO2 eingespart wird, die Regierung nicht das Potential erkennt und sich dafür einsetzt, das Ticket noch günstiger zu machen – oder wenigstens den Preis stabil zu halten, damit Leute langfristig ihre individuelle Mobilität danach planen können. Am Geld dürfte das eigentlich nicht scheitern. Insgesamt kosten klimaschädliche Subventionen den Staat jedes Jahr 23,5 Milliarden Euro! CO2-verursachende Subventionen für Diesel, Pendler*innen oder Dienstwagen könnten ja – wenn schon nicht abgeschafft – wenigstens mal reduziert werden.

Doch an dieser Stelle ist die FDP stur. Dabei braucht es die richtungsweisende Kompetenz der Politik, damit sich etwas ändert – auch und vor allem in der Autoindustrie. Zum Beispiel kommen erst durch den Druck von schärferen CO2-Grenzwerten vermehrt Elektro-Kleinwagen auf den Markt. 

Deutschlandticket vor dem Aus

Stattdessen steigt der Preis des Deutschlandtickets ab Januar auf 58 Euro. Das konnte auch der Protest von 526.000 Appell-Unterzeichner*innen nicht verhindern. Einer Umfrage nach könnten bis zu 45 Prozent der bisherigen Ticket-Nutzer*innen bei der beschlossenen Erhöhung ihr Abo kündigen. Die Folgen wären fatal: Weniger Geld in den Kassen der Verkehrsverbünde, weniger Menschen mobil und weniger CO2-Einsparung. Damit stünde das Ticket insgesamt vor dem Aus. Das wäre vor allem eine Schlappe für die FDP, hatte sie sich doch immer so für das Deutschlandticket gefeiert. Doch das scheinen die Liberalen anders zu sehen.

Falsche Prioritäten

Das Problem im Verkehrsbereich liegt auf der Hand: Die Regierung setzt immer noch viel zu sehr aufs Auto. Anders lässt es sich nicht erklären, wie sie Autobahnneu- und Ausbauten vorantreibt. So soll etwa die A5 bei Frankfurt auf 10 (!) Spuren erweitert werden, was über 230.000 Unterzeichner*innen verhindern wollen. Dabei ist längst erwiesen, dass mehr Straßen auch immer mehr Verkehr mit sich bringen. 

Sinnvoller wäre es natürlich, klimafreundliche Alternativen zum Auto zu pushen. Denn ein Grund dafür, dass so viele Menschen Auto fahren, sind ja die mangelnden Alternativen. Nur 64 Prozent der Fernzüge waren 2023 pünktlich. Seit Monaten plane ich immer mindestens eine Stunde Zeitpuffer ein, wenn ich mit der Bahn unterwegs bin. Das war vor 10 Jahren noch nicht so. Viele Menschen sind sogar noch schlechter dran – bei ihnen fährt überhaupt kein Zug. Um das zu ändern, könnten viel mehr Bahnstrecken reaktiviert werden.

Chance vertan

Kritiker*innen des 49-Euro-Tickets führen an, dass ein Großteil der Nutzer*innen vorher auch schon den ÖPNV genutzt hat, nur eben mit anderen Tickets. Daran zeigt sich aber noch deutlicher, welches Potential eigentlich in der Idee des Deutschlandtickets steckt. Man stelle sich vor, das Ticket hätte nur 29 Euro gekostet, wie von vielen NGOs gefordert. Millionen weitere Menschen wären klimafreundlich mobil gewesen und der Verkehrssektor hätte endlich seine Klimaziele einhalten können. Stattdessen kommt nun die Erhöhung – und die leise Hoffnung, dass die Regierung umsteuert, wenn die Zahl der Nutzer*innen Anfang 2025 einbricht. 

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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