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Big Tech: EU muss Flagge gegen Trump und Musk zeigen

Dass Donald Trump erneut zum US-Präsidenten gewählt wurde, erschüttert Demokrat:innen weltweit. Nun kommt es auf Europa an. Die EU muss sich mit aller Kraft der Macht der großen Tech-Konzerne wie Amazon, Meta und Google entgegenstellen.

Elon Musk auf einer Wahlkampfveranstaltung von Donal Trump. Er steht an einem Rednerpult und reckt die Arme in die Höhe.
Musk war einer der größten Unterstützer Trumps im Wahlkampf. Jetzt soll der Tech-Milliardär das neu gegründete "Government efficiency department" führen. Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire

In der Wahlnacht hat sich Trump auf seinem Anwesen in Mar-a-Lago mit seinen engsten Vertrauten und großzügigsten Spendern umgeben, darunter auch der Tech-Milliardär Elon Musk. Champagner soll geflossen sein. Über seine Social-Media-Plattform X griff Musk persönlich massiv zugunsten Trumps in den Wahlkampf ein. Mehr als 203 Millionen Follower erreicht der Superreiche dort. Nicht nur Musk, dem auch das KI-Startup xAI gehört, das mit etwa 24 Milliarden US-Dollar bewertet wird, freut sich über den Machtwechsel in den USA. Die Chefs von Amazon, Apple, Google, Meta und Microsoft gratulierten schnell zum Wahlerfolg.

Bisher sorgten Lina Khan, Chefin der US-Wettbewerbsbehörde, und Jonathan Kanter, Verantwortlicher im Justizministerium, maßgeblich dafür, die großen Tech-Konzerne stärker zu regulieren und ihre Machtkonzentration aufzubrechen. Mit Trumps Amtsantritt könnte bald Schluss für beide sein. Amazon, Google und Co. hätten dann möglicherweise freie Bahn, ihre Monopolmacht ungehindert weiter auszubauen. Es ist anzunehmen, dass am Wahlabend auch in den Chefetagen von Big Tech die Champagnerkorken knallten.

EU-Kommission muss DMA durchsetzen

Umso wichtiger ist es, dass die EU dagegen hält und ihre Anti-Monopolpolitik gegen die Tech-Giganten fortführt. Mit dem Digitalmarktgesetz („Digital Markets Act“, DMA) hat sie dafür die Voraussetzungen bereits geschaffen. Das DMA greift direkt in die Geschäftsmodelle von Big Tech ein, so dass etwa der Meta-Dienst WhatsApp künftig zulassen muss, dass man von anderen Messengern an eine:n WhatsApp-Nutzer:in schreiben kann. Ein Verstoß des DMA kann die Tech-Konzerne teuer zu stehen kommen. Als letztes Mittel droht ihre Zerschlagung durch die EU-Kommission.

LobbyControl fordert von der EU: Tech-Konzerne zur Kasse bitten! Das DMA braucht mehr Ressourcen, damit Google, Meta und Co. ihre Macht nicht länger missbrauchen können.

Diese steht jetzt vor der Herausforderung, das DMA gegen den massiven Widerstand der Digitalkonzerne durchzusetzen. Dafür braucht die EU-Kommission dringend mehr Ressourcen und sollte dafür die Konzerne zur Kasse bitten! Denn die Tech-Giganten verfügen über eine enorme Lobbymacht: Die Digitalindustrie gab 2023 in Brüssel 113 Millionen Euro für Lobbyausgaben aus – im Vergleich zu 2021 eine Steigerung um 16,5 Prozent.

Kampf gegen die Lobbymacht von Big Tech

Um die Durchsetzung des DMA so weit wie möglich zu verhindern, fährt die Tech-Lobby alles auf, was sie zu bieten hat. Dabei ist es ihre beliebte Strategie, Dritte zu finanzieren und zu unterstützen, damit diese die eigenen Botschaften endlos wiederholen. Zu diesem weitreichenden Lobbynetzwerk gehören unter anderem Lobbyfirmen, Anwaltskanzleien, Denkfabriken und Wirtschaftsverbände. Das führte dazu, dass bei Workshops der EU-Kommission zur Einhaltung des DMA im März 2024 den 100 Kommissionsbeamt:innen 388 Personen mit Verbindungen zu Big Tech wie Google, Amazon, Meta, Microsoft oder Apple gegenüber saßen.

Dabei richteten sich die Workshops eigentlich an Nutzer:innen, Wettbewerber und andere Unternehmen, die von der Macht der Digitalkonzerne betroffen sind. Diese Verbindungen kamen erst durch unsere Recherche dazu ans Tageslicht. Die EU-Kommission muss bei ihren positiven Bemühungen um mehr Transparenz und Ausgewogenheit also nachbessern. Und die EU-Institutionen müssen die personellen und technischen Mittel des DMA-Teams unbedingt aufstocken, um die Ressourcenungleichgewichte zwischen Regulierern und Konzernen zu reduzieren.

Die EU als eigenständiger Akteur in Wettbewerbsverfahren

Ebenso von Bedeutung wird sein, dass die EU weiterhin Wettbewerbsverfahren gegen die großen Tech-Konzerne führt und auch zu Zerschlagungen bereit ist. In den USA startete im September 2024 ein bedeutender Prozess gegen Google, der zur Zerschlagung des Konzerns führen könnte. Google wird vorgeworfen, sich durch seine monopolartige Stellung bei der Online-Werbung unfaire Vorteile gegenüber Wettbewerbern verschafft und Geschäftspartner benachteiligt zu haben.

Derartige Vorwürfe hatte im vergangenen Jahr auch die EU-Kommission erhoben und Google eine Abspaltung des Werbegeschäfts angedroht. Da nun infrage steht, dass die neue Trump-Regierung weiterhin so entschieden gegen Monopolmacht im Digitalsektor vorgehen wird, kommt es jetzt umso mehr auf die EU an. Die neue EU-Kommission muss nun eigenständig handeln, um die Machtkonzentration aufzubrechen – auch gegen den Druck von Elon Musk & Co. Und sie muss ihr Verfahren gegen Googles Werbegeschäft unbeirrt fortführen.

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Autor*innen

Imke Dierßen ist Politikwissenschaftlerin. Sie arbeitete viele Jahre bei Amnesty International als Referentin und Abteilungsleiterin. Dort hat sie gelernt, wie schwierig es für die Zivilgesellschaft sein kann, sich gegen einflussreiche Akteure aus Politik und Wirtschaft durchzusetzen. Seit 2015 ist sie politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Für den Campact-Blog schreibt sie über Lobbyismus und politische Machtungleichgewichte. Alle Beiträge

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