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Diese Parteien wurden bisher verboten 

Noch vor Weihnachten könnte der Bundestag über ein AfD-Verbotsverfahren diskutieren. Für ein Parteiverbot gibt es hohe Hürden – in der Vergangenheit waren bisher nur zwei Anträge erfolgreich.

Demo gegen Rechtsextremismus: Jemand hält ein Schild in der Hand mit einem durchgestrichenen AfD-Symbol
Menschenrechte statt rechter Menschen – Demonstration in Berlin gegen Rechtsextremismus. Foto: Imago

In einem fraktionsübergreifenden Antrag fordern 113 Abgeordnete rund um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD. Noch vor Weihnachten könnte der Bundestag über das Verbotsverfahren diskutieren.

Fest steht: Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie. Der Staat besitzt Maßnahmen, um sich gegen Kräfte zu schützen, die darauf abzielen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen. Eine dieser Maßnahmen ist das Parteiverbot.

Webinar: Instrumente der Wehrhaften Demokratie

Wie können wir mit den Instrumenten des Rechtsstaats gegen die Gefahr von Rechtsaußen vorgehen? Welche dieser Maßnahmen versprechen Erfolg und über welche Herausforderungen müssen wir uns im Klaren sein? 

Diese Fragen diskutieren Marco Wanderwitz, MdB (CDU/CSU, Initiator des Antrags zum AfD-Verbot), Dr. Felix Kolb (Geschäftsführender Vorstand Campact e.V.), Prof. Dr. Kathrin Groh (Professorin für Öffentliches Recht an der Uni München) und Indra Ghosh (Initiator der Petitionen „Höcke stoppen“ und „Kein Mandat bei Volksverhetzung!“) am Dienstag, 3. Dezember um 20.30 Uhr. 

Rechtliche Grundlagen des Parteiverbots

Die Möglichkeit eines Parteiverbots ist im Grundgesetz verankert. Laut Artikel 21 (2) können Parteien verboten werden, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder beseitigen wollen oder wenn sie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Über ein Verbot entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung. Dies stellt sicher, dass das Verbot nicht leichtfertig politisch missbraucht wird.

Parteiverbote in der Geschichte der Bundesrepublik

Seit der Gründung der Bundesrepublik wurden zwei Parteien verboten:

  • SRP (Sozialistische Reichspartei, 1952): Diese Partei verstand sich als Nachfolgeorganisation der NSDAP und vertrat offen nationalsozialistische Ideologien. Das Bundesverfassungsgericht erklärte sie für verfassungswidrig, da sie die Demokratie abschaffen wollte.
  • KPD (Kommunistische Partei Deutschlands, 1956): In einer Zeit des Kalten Krieges und der Systemkonfrontation wurde die KPD als Bedrohung für die demokratische Ordnung wahrgenommen. Ihr Verbot ist bis heute umstritten und wird von einigen Historikern als politisch motiviert kritisiert.

In beiden Fällen sah das Bundesverfassungsgericht eindeutige Beweise dafür, dass die Parteien aktiv darauf hinarbeiteten, die Demokratie zu untergraben. 

Doch nicht immer ist die Lage so eindeutig: In der Vergangenheit hat es beispielsweise zwei Versuche gegeben, die rechtsradikale Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) zu verbieten. Beide sind gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht hat im Zuge der Ablehnungen sehr deutlich gemacht, was die Anforderung für ein Parteiverbot ist. 

Für ein Parteiverbot reicht es nicht aus, dass eine Partei verfassungsfeindliche Ideen verbreitet. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen dafür auch eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ nachgewiesen werden können sowie „konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von [der Partei] verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint“. Im konkreten Fall bedeutet dies: Es muss Beweise dafür geben, dass die AfD imstande ist, ihre rechtsextremistische Ideologie auch umzusetzen – nur dann kann sie verboten werden.  

Was spricht für ein Parteiverbot der AfD

  • Rechtsextremistischer Verdachtsfall: Die AfD wird bundesweit als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gelten die Landesverbände der AfD laut Landesverfassungsschutz als „gesichert rechtsextreme Bestrebung“. Auch die Jugendorganisation der AfD, die sogenannte Junge Alternative, gilt als gesichert rechtsextrem
  • Hetze und Radikalisierung: Die AfD hat sich zunehmend radikalisiert. AfD-Politiker:innen äußern sich immer wieder abwertend über Minderheiten, wie Migrant*innen, Muslime oder LGBTQ+-Personen. 
  • Geschichtsrevisionismus: AfD-Politiker*innen verharmlosen immer wieder den Nationalsozialismus – und verletzen damit einen Grundpfeiler des demokratischen Selbstverständnisses der BRD. Ihr Ziel: Die Geschichte umdeuten und die deutsche Verantwortung für die Nazi-Verbrechen herunterspielen, um ihre eigenen völkischen Ziele besser verfolgen zu können.
  • Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen: Die Partei wird immer wieder mit rechtsextremen Netzwerken in Verbindung gebracht – zuletzt mit der mutmaßlich terroristischen Organisation „Sächsische Separatisten“ – was den Verdacht nährt, dass sie eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ einnimmt.

Laut einer Gruppe von 17 Verfassungsrechtler*innen hätte ein Verbotsverfahren Aussicht auf Erfolg. Die AfD habe sich zunehmend radikalisiert und die „verfassungsfeindlichen Absichten“ würden immer deutlicher. Außerdem versuche die Partei „politische Akteure sowie demokratische Prozesse zu delegitimieren“.

Die Risiken eines Verbotsverfahrens

Die Hürden für ein Parteiverbot in Deutschland sind bewusst sehr hoch gesetzt. Die Gefahr besteht, dass ein Verbotsverfahren gegen die Bundespartei scheitern könnte. 

Der Schaden wäre enorm: Die Partei könnte das Verfahren als politisch motiviert verunglimpfen und die Entscheidung der Bundesverfassungsrichter für sich nutzen. Zudem ist ein solches Verfahren sehr zeitaufwändig. Zwischen Antragstellung und Entscheidung des Gerichts könnten Jahre liegen – Zeit, die die AfD nutzen würde, um sich als Opfer eines „Systems“ zu inszenieren. 

Würde der Verbotsantrag dann scheitern, wäre dies nicht nur für die AfD ein Gewinn. Auch Parteien wie die Union, FDP und BSW hätten dann die Legitimation, die Brandmauer gegen die AfD komplett einzureißen.    

Fest steht: Der Kampf für Demokratie und gegen Extremismus endet nicht mit einem Verbot. Wir müssen die AfD jeden Tag aufs Neue stellen, ihre Methoden transparent machen, ihrer Hetze widersprechen und vor Ort alle unterstützen, die es mit ihr inhaltlich aufnehmen. 


Campact macht sich seit Jahren stark gegen Rechtsextremismus. Gemeinsam mit Campact fordern über 500.000 Menschen ein Verbot der radikalsten AfD-Landesverbände. Mit einer cleveren Kampagne haben wir den rechtspopulistischen TV-Sender AUF1 lahmlegen können. Wir konnten mit viel Geduld ein Stiftungsgesetz erreichen, das der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, die staatliche Förderung verwehrt. Und in Sachsen hat die AfD bei der Landtagswahl die nötigen Sitze für eine Sperrminorität verpasst. Schließe Dich uns jetzt an.

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