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Politik ohne Plan – warum wählen trotzdem wichtig ist

CDU, SPD, Grüne – wer hat einen Plan fürs Klima? Fridays for Future hat einen Blick in die Wahlprogramme geworfen. Das Fazit? Durchwachsen. Lies, worauf es jetzt ankommt und warum Deine Stimme zählt.

Junge Menschen protestieren beim Klimastreik von Fridays for Future in Berlin für Klimaschutz. In der ersten Reihe der Demo wird ein Banner gehalten mit der Aufschrift: Recht auf Zukunft statt rechter Zukunft.
Mehr als 10.000 Menschen waren in Berlin beim Klimastreik vor der Bundestagswahl dabei. Foto: Lukas Stratmann

Letzten Freitag standen wir in ganz Deutschland auf den Straßen, allein in Berlin waren wir mehr als 10.000 Menschen. Obwohl wir beide, Carolin und Nele, seit mehreren Jahren bei Fridays for Future aktiv sind, war dieser Streik für uns etwas besonderes. Es war unser erster großer Klimastreik in Berlin. Und es war ein ganz besonderes Gefühl, mit so vielen Menschen unser Recht auf Zukunft einzufordern, denn: bald ist Bundestagswahl. Am 23. Februar wird gewählt und darüber entschieden, wie die kommenden vier Jahre deutscher Politik aussehen.

Willkommen im Campact-Blog

Schön, dass Du hier bist! Campact ist eine Kampagnen-Organisation, mit der über 3 Millionen Menschen für progressive Politik eintreten. Im Campact-Blog schreiben das Team und ausgezeichnete und versierte Gast-Autor*innen über Hintergründe und Einsichten zu progressiver Politik. 

Das Team von Fridays for Future Berlin schreibt regelmäßig im Wechsel – diesmal schreiben Carolin Moser und Nele Alice Evers.

Im Angesicht der Klimakrise – wir haben die Bilder von sich in den Fluten stapelnden Autos in Spanien und brennenden Spielplätzen in Los Angeles noch vor Augen – wäre es erwartbar, dass die Klimapolitik im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielt. Vor allem, weil eine Umfrage vor ein paar Wochen ergeben hat, dass Klima und Umwelt die wahlentscheidenden Themen für einen Großteil der Menschen in Deutschland sind. Selbst der BND – ja, der Bundesnachrichtendienst! – warnt vor den Sicherheitsrisiken, die durch die Klimakrise entstehen.

Klimakrise findet im Wahlkampf kaum statt

Doch aktuell beobachten wir das Gegenteil: Die Klimakrise findet im Wahlkampf kaum statt und ein konstruktiver Diskurs über Klimaschutzmaßnahmen bleibt aus! Die erste Frage zur Klimapolitik in einer relevanten Diskussion vor der Wahl stellte vergangenen Sonntag ein junger Landwirt aus Schwaben in der ARD-Wahlarena. 

Ähnlich katastrophal wie im öffentlichen Diskurs sieht es in den Wahlprogrammen aus. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Parteien, einige enthalten wirklich wichtige und gute Maßnahmen. Aber einen richtigen Plan für gerechten, bezahlbaren und ausreichenden Klimaschutz hat keine der Parteien. Werfen wir einen kurzen Blick in die Wahlprogramme, bei denen es sich lohnt – also die der großen demokratischen Parteien.

Blick in die Wahlprogramme

Am schlimmsten sieht es wahrscheinlich bei der CDU aus. Sie halten an der Vergangenheit und Klimazerstörung fest. Kohleausstieg 2038 – nett, aber in NRW (dem Abbaugebiet Nummer eins!) wurde schon 2030 als Ausstiegsdatum beschlossen, früher ist also möglich. Das Gebäudeenergiegesetz soll wieder abgeschafft werden, ebenso das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene und das Lieferkettengesetz. Fossile Subventionen findet die Union im Gegensatz zu bezahlbarem Klimaschutz super: Die Pendlerpauschale soll erhöht werden, günstiger Agrardiesel wieder eingeführt, andere klimaschädliche Subventionen auf keinen Fall abgeschafft werden. Das einzige Instrument für Klimaschutz im Wahlprogramm der CDU ist der CO2-Preis und Spoiler: Das wird vorne und hinten nicht ausreichen.

Die SPD hat das Klima ein kleines bisschen für sich entdeckt und versucht es jetzt in ihrem Wahlprogramm zumindest, einen Plan dafür zu haben. Aber auch hier sind es nur Kleinigkeiten; die wirklich großen, wichtigen Maßnahmen verpasst die SPD. Keine Absage an fossile Energieträger, kein Gasausstieg, keine Wärme- oder Mobilitätswende. Vielleicht ein Klimageld, aber kein klares Konzept. Fossile Subventionen tauchen im Wahlprogramm nicht einmal auf. Immerhin bekennt sich die SPD zum Deutschlandticket, zu Fonds für Investitionen in etwa die Bahn, zur Förderung von E-Autos und zum Tempolimit.

Und die Grünen? Die wollen Klima-Vorreiter sein und schaffen es, in zentralen Bereichen Ernst zu machen. Leider vergessen sie dabei, dass man die Klimakrise nicht mit „business as usual“ stoppen kann. Sie fordern ein Ende der Öl- und Gasförderung bis 2035. Den Kohleausstieg 2030 wollen sie durchziehen, aber wenn wir ehrlich sind: Das ist das einzig Richtige, keine super tolle, innovative Idee. Robert Habeck selbst hinterfragt den Termin wegen der Versorgungssicherheit. Positiv im Wahlprogramm der Grünen: Das Verbrenner-Aus bis 2035 (zu spät, aber immerhin), das Klimageld, die Reform des Dienstwagenprivilegs und der Gasausstieg bis 2045 – für letzteres haben wir lange und erfolgreich gekämpft.

Sonntag: Wählen gehen!

Wenn wir ehrlich sind, klingt das alles eher enttäuschend. Sollte man also besser gar nicht wählen gehen oder wenn, dann eine kleine Partei mit Plan wählen? Unsere Antwort: ein ganz klares Nein. Denn was wir bei dieser Bundestagswahl nicht vergessen dürfen: Es geht auch mehr denn je darum, Faschisten keine Macht zu geben und unsere Demokratie zu stärken. Von jeder nicht abgegebenen Stimme oder Stimme an eine Kleinstpartei, die nicht in den Bundestag einzieht, profitieren am Ende Rechte und Konservative, und damit wird auch die Klimazerstörung weiter vorangetrieben.

Also: Nochmal mit Mama, Papa, Oma, Opa und den Nachbarn reden, über Demokratie und die Klimakrise. Und auch dem Onkel, bei dem wir wissen, dass er rechts-konservativ wählen möchte. Sich informieren, darüber nachdenken, ob taktisch Wählen eine Option ist. Und das Allerwichtigste ist, am Sonntag wählen zu gehen, wenn du wahlberechtigt bist. Deine einzige erlaubte Ausrede: Du hast, wie wir beide, schon per Brief gewählt.

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Autor*innen

Fridays for Future ist Teil der internationalen Klimagerechtigkeitsbewegung. Seit 2018 mobilisieren sie Millionen für Klimagerechtigkeit und den Kampf gegen die Klimakrise auf die Straßen. Mit ihren Freitagsstreiks bauen die Aktivist*innen politischen Druck auf und kämpfen gegen Ungerechtigkeiten. Alle Beiträge

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