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Kurz vor G20: EU-Kommission will JEFTA durchdrücken – und setzt auf alte Fehler
Geheimniskrämerei, private Investor-Staat-Klagen, Regeln zu Gunsten von Konzernen – das hatten wir alles schon mal mit TTIP. Dennoch drängt die EU-Kommission kurz vor dem G20-Gipfel auf eine schnelle Einigung zum EU-Japan-Abkommen. Aber: Viele Fragen sind noch offen – und der Vertrag ist längst nicht fertig verhandelt.
Millionen Menschen haben die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA unterzeichnet und Hunderttausende sind gegen diese Abkommen auf die Straße gegangen. Doch die EU-Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten scheint dies nicht zu kümmern. Noch vor dem G20-Gipfel einigten sich die EU und Japan auf Eckpfeiler für das Japan-EU-Free-Trade-Agreement (JEFTA). Ein Abkommen, das dem gleichen Muster wie TTIP entspricht.
Mit JEFTA wiederholen EU-Kommission und Regierungen die gleichen Fehler wie bei TTIP
Egal ob TTIP, CETA, TiSA oder jetzt JEFTA – hinter all diesen Abkürzungen steckt die gleiche ungerechte Handelspolitik, die vornehmlich Konzerninteressen bedient. JEFTA fällt in puncto Transparenz sogar noch hinter TTIP zurück. Noch nicht mal das Verhandlungsmandat von 2012 ist veröffentlicht. Es ist bedauerlich, dass die EU-Kommission nur auf öffentlichen Druck hin bei TTIP ein kleines bisschen mehr Transparenz eingeführt hat, bei allen anderen Abkommen hingegen weiterhin Hinterzimmerpolitik betreibt. Nach jetzigem Stand wird JEFTA die hoch umstrittene private Paralleljustiz für Konzerne enthalten und somit den Weg für Milliardenklagen von Konzernen weiter ebnen. Vorsorgeprinzip und Verbraucherschutz? – Fehlanzeige. Mit JEFTA droht eine Absenkung von Umwelt- und Verbraucherstandards.
JEFTA ist Ausdruck einer ungerechten Handelspolitik
JEFTA ist damit ein weiterer Ausdruck einer ungerechten Handelspolitik, mit der viele Menschen unzufrieden sind. Die aktuelle Handelspolitik verschiebt die Regelsetzungskompetenz immer weiter von der Politik hin zu Marktakteuren. Sozialstandards gelten plötzlich als Handelshemmnisse. Die Umweltzerstörung und der Klimawandel schreiten weiter voran, weil globale Regeln für Investoren besser durchgesetzt werden können als Umweltabkommen.
Dabei geht Handel auch anders!
Statt immer wieder die gleichen ungerechten Abkommen gegen großen Widerstand durchzudrücken, braucht es eine Kehrtwende in der Handelspolitik. Einige erste Schritte, um die Handelspolitik gerechter zu machen, könnte die nächste Bundesregierung ohne große Anstrengungen auf den Weg bringen. Die zukünftige Bundesregierung sollte sich in der EU dafür einsetzen, Handelsabkommen so zu gestalten, dass Entscheidungsträger wieder mehr Spielraum haben, um der Wirtschaft soziale und ökologische Leitplanken zu setzen. Das ist notwendig, damit die Politik wieder Regeln setzen kann und sich nicht vom globalen Standortwettbewerb vor sich her treiben lässt. Das heißt ganz konkret, dass bestimmte Regeln nicht in den Abkommen enthalten sein dürfen, z. B. Klauseln die eine Rekommunalisierung, verhindern. Stattdessen müssen bei dem Abschluss von Handelsabkommen Mindeststandards in relevanten Bereichen vereinbart werden.
So kann die Handelspolitik als ein Instrument genutzt werden, um ökologische, soziale und menschenrechtliche Standards weltweit nach oben zu schrauben. Beispielsweise sollten Steueroasen keine Handelserleichterungen erhalten und ambitionierte Minderungsziele für CO2-Emissionen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens die Voraussetzung für Handelsabkommen sein.
Sonderklagerechte für Konzerne brauchen wir nicht
Zweitens müssen Sonderklagerechte für Investoren aus den Abkommen herausgehalten und bestehende Abkommen dementsprechend nachverhandelt werden. Solche Sonderklagerechte höhlen demokratisch gefasste Entscheidungen aus und umgehen den Rechtsstaat. Die Klagen gegen den Atomausstieg oder gegen Fracking-Verbote haben mittlerweile traurige Berühmtheit gewonnen. Und sie sind – zumindest in Staaten mit entwickelten Rechtssystemen – nicht notwendig, weil ausländische Investoren die nationalen Gerichte nutzen können. Auch für Investitionsentscheidungen in Entwicklungsländern spielen Sonderklagerechte eine geringe Rolle. Die Bundesregierung könnte damit beginnen, Deutschlands bilaterale Investitionsabkommen nachzuverhandeln, so wie bereits viele andere Staaten.
Für mehr Transparenz und Beteiligung!
Drittens dürfen Handelsabkommen nicht mehr über die Köpfe der Menschen hinweg verhandelt werden. Ein transparentes und partizipatives Verfahren erhöht die Legitimität von Handelsabkommen und orientiert sie stärker an den Bedürfnissen der Menschen, anstatt einseitig den Lobbyinteressen großer Unternehmen Vorrang einzuräumen.
Zentral dafür ist eine breite, europaweite Debatte über die Ziele und Ausrichtung von Handelsabkommen. Dafür soll das Europaparlament in Zukunft über das Mandat neben dem Rat gleichberechtigt entscheiden können – und somit auch über die Frage, ob es ein neues Abkommen überhaupt benötigt. Bis es zu einer entsprechenden Änderung der europäischen Verträge kommt, könnte sich die Bundesregierung für eine interinstitutionelle Vereinbarung einsetzen, die eine stärkere Einbeziehung des Europaparlaments regelt. In Zukunft sollen alle Verhandlungsdokumente veröffentlicht werden, also z.B. das Mandat, Textvorschläge und Positionspapiere. Dies kann während der aktuellen Reform der Verordnung zum Dokumentenzugang festgeschrieben werden.
Progressiv statt protektionistisch
Diese Forderungen sind das Gegenteil von einem National-Protektionismus so wie US-Präsident Donald Trump ihn vertritt. Sie sind die ersten Schritte hin zu einem gerechteren Weltwirtschaftssystem, das sich so viele Menschen wünschen. Wir werden die nächste Bundesregierung an der Umsetzung dieser Vorschläge messen.