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Nebeneinkünfte: Entscheidung vertagt

Gestern waren die Transparenzregeln für Nebeneinkünfte von Abgeordneten Thema im Bundestag. Eine Entscheidung fiel allerdings nicht, das Thema wurde auf September vertagt. Aber nach Informationen unseres Kampagnenpartners Lobbycontrol liegt ein neuer Vorschlag vor, der neben Fortschritten auch Schwachpunkte mit sich bringt. Danach soll die defizitäre 3-Stufenregelung auf zehn Stufen bis zu 150.000 Euro erweitert werden. […]

Gestern waren die Transparenzregeln für Nebeneinkünfte von Abgeordneten Thema im Bundestag. Eine Entscheidung fiel allerdings nicht, das Thema wurde auf September vertagt. Aber nach Informationen unseres Kampagnenpartners Lobbycontrol liegt ein neuer Vorschlag vor, der neben Fortschritten auch Schwachpunkte mit sich bringt. Danach soll die defizitäre 3-Stufenregelung auf zehn Stufen bis zu 150.000 Euro erweitert werden. Die bisherige Regelung teilt die Einkünfte in Stufen von 1.000 bis 3.500, oberhalb von 3.500 und über 7.000 Euro, wobei die letzte Stufe mehr zur Verschleierung als zur Transparenz beiträgt. Ob ein Bundestagsabgeordneter 7.000 oder 70.000 Euro nebenbei verdient, macht einen gehörigen Unterschied und sollte der Öffentlichkeit bekannt sein. Auch um mögliche Interessenkonflikte thematisieren zu können. Hier bringt die neue Regelung einen klaren Fortschritt.

Streitpunkt Bagatellgrenze

Gleichzeitig würde eine neue Bagatellregelung eingeführt, nach der Nebeneinkünfte erst offen gelegt werden müssen, wenn sie 10.000 Euro im Jahr überschreiten, wobei nur Einkünfte summiert werden, die für sich genommen höher als 1.000 Euro sind. Diese Regelung ist nach Informationen von Lobbycontrol weiterhin ein Streitpunkt zwischen den Fraktionen im Bundestag. Weiterhin soll die Anzeige der Nebeneinkünfte nur noch einmal im Jahr erfolgen – oder eventuell gar erst mit der Steuererklärung. Bisher mussten Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte spätestens nach drei Monate angeben. Insgesamt scheint es scheint noch viele Diskussionen um einzelne Aspekte zu geben.

Die neue Regelung wäre besser als der Vorschlag vom letzten Jahr, der generell alle Einkünfte unter 10.000 Euro ausgenommen hätte. Das ist auch ein Erfolg unserer Kampagnenarbeit, mit der wir den unzureichenden Vorschlag letztes Jahr stoppen konnten. Zugleich ist es ärgerlich, dass für jeden Fortschritt an einer Stelle Rückschritte an anderer Stelle drohen. Aus Sicht der Kampagne sollten Nebentätigkeiten möglichst zeitnah veröffentlicht werden, um als Korrektiv gegen mögliche Interessenkonflikte wirken zu können. Wenn eine Nebentätigkeit mit einem möglichen Bezug zu einem aktuellen Gesetzesvorhaben erst nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens offen gelegt werden muss, ist wenig gewonnen.

Schleswig-Holstein macht’s vor

Es ist bedauerlich, dass es im Bundestag nicht gelingt zu einer umfassenderen Transparenzregel für Nebentätigkeiten zu kommen. Im Vergleich dazu wurde in Schleswig-Holstein gerade im Koalitionsvertrag eine Offenlegung der genauen Beträge von Nebeneinkünften vereinbart. Über die Stufenregelung hinaus müsste die Kontrolle der veröffentlichungspflichtigen Angaben gestärkt werden. Außerdem sollten Anwälte und Unternehmensberater zumindest die Branche ihrer Kunden offenlegen müssen. Hier gibt es weiter Nachbesserungsbedarf.

Das Thema soll nach der Sommerpause im September weiterberaten werden. Gemeinsam mit unseren Kampagnenpartnern Transparency Deutschland, Lobbycontrol und Mehr Demokratie werden wir das Thema weiter im Blick behalten und berichten. Unter Umständen schließen wir auch weitere Aktionen nicht aus, um weiterhin Druck auf die Verhandlungsparteien auszuüben.

Wir danken Lobbycontrol für die Bereitstellung dieses Beitrages.

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Autor*innen

Dr. Günter Metzges, Jahrgang 1971, ist Politikwissenschaftler und Erwachsenenpäda­goge. Mitgründer von Campact und lange Zeit Mitglied im geschäftsführenden Vorstand. Vorher: Gründung des Ökologischen Zentrums in Verden/Aller und Mitwirkung in verschiedenen politischen Kampagnen. 2000-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale und Interkulturelle Studien (InIIS) an der Universität Bremen. Dissertation: „NGO-Kampagnen und ihr Einfluss auf internationale Verhandlungen“ (Nomos Verlag, 2006). Alle Beiträge

2 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Die Bagatellgrenze sehe ich als Hintertür zum verschleiern von Bezügen. In der freien Wirtschaft wird man für wesentlich weniger entlassen. Ich wollte einmal einen Kunden zu Essen einladen und er muste ablehnen da seiner Firma ansonsten Bestechlichkeit vorgeworfen werden könnte.
    Mit der Bagatellregel kann der Abgeordnete dann täglich eine Bagatellsumme von z.B. €2.000 von Briefkastenfirmen bekommen ohne die lächerliche Summe von €700.000 angeben zu müssen.

    Eine Klassifizierung nach Bezugshöhe ist genauso unsinnig. Solange es keine Transparenz gibt wieviel woher kommt, kann und wird jeder Interessenskonflikt verschleiert.

    Ein Chef weiss immer was seine Leute verdienen. Für Nebentätigkeiten gibt es Vertragsklauseln die den Umfang beschränken und ggf offen legen müssen. Unsere Volksvertreter sind wie der Name sagt Vertreter des Volkes, folglich ist das Volk der Chef und hat damit ein Recht zu wissen ob sein Mitarbeiter auch seine Zeit dafür verwendet wofür er von ihm bezahlt wird.

    Ein Sprichwort sagt „Wer bezahlt schafft auch an“. In diesem Kontext „Wer das meiste bezahlt schafft auch an“. Man sollte also wissen wer eigentlich das meiste zahlt.

    Was passiert eigentlich wenn Lobbyentscheidungen einen Volksschaden von zig Mrd verursacht und einige 10.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden? Der/die Herr/Dame trägt die politische Verantwortung, verabschiedet sich aus der Politik und nimmt seinen Beratervertrag bei der Lobbying Firma auf.

    Aber das schlimmst ist, das dieses Verhalten als Vorbild fungiert und sich die Befölkerung dahin entwickelt sich egoistisch und unsozial zu verhalten um das eigene Leben ohne skrupel auf kosten anderer zu gestalten.

  2. Ich wäre mit dieser Regelung nicht zufrieden …
    1. Die Nebeneinkünfte müssten ab NULL, 00 Euro angegeben werden.
    2. Die Nebeneinkunftsquellen sollen namentlich genannt werden, denn so wird offensichtlich, ob das Bundetagsmandat das eigentliche Hauptamt darstellt oder vielleicht eher die Ämter und Posten o.dgl., für die der Abgeordnete entsprechend honoriert wird.
    Mir geht es weniger um die Namen der o.a. Quellen, sondern um die Anzahl der Ämter und Pöstchen o.dgl., für die unsere Volksvertreter ihre Nebeneinkünfte beziehen.

    Ich denke nämlich z.B. an Herrn Friedrich Merz mit seinen vielen Ämtern neben seinem Bundestagsmandat nebenher!
    Aufgrund der Anzahl dieser Ämter müsste man annehmen, dass der Tag
    weit mehr als 24 Stunden hat. Außerdem sollte der Fokus hauptsächlich auf sein Mandat gerichtet sein, welches doch vollen Einsatz erfordert –
    oder sehe ich da wohl etwas verkehrt?!
    Gut, das liegt jetzt ein paar Jährchen zurück.
    Aber die Thematik wird wohl immer noch aktuell sein und auch viele andere Abgeordnete betreffen …
    Die Kontrolle sollte feinmaschiger sein – und nicht wie jüngst (s. Artikel)
    vorgeschlagen.
    Ach, übrigens:
    Wenn unsere Volksvertreter SO VIELE Nebeneinkünfte nebenher haben
    und damit gewissermaßen ihr Gehalt bedeutend aufbessern, dann bräuchten man doch im Grunde nicht immer eine Diätenerhöhung …
    Bei den KLEINEN LEUTEN oder auch gerade bei den Staatsdienern z.B.
    gelten weitaus strengere Maßstäbe.
    Man kann unmöglich ZWEI oder sogar mehreren Herren dienen, denn dann wird irgendetwas immer vernachlässigt, und es können erhebliche Interessenkonflikte auftreten.
    Aber bei den Bundesabgeordneten z.B. werden wohl Ausnahmen – die wohl zur REGEL werden – zugelassen.
    Ich finde das absolut NICHT richtig!
    – – –

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