Papiertiger oder lang ersehnter Retter?
Ein Geheimdienstbeauftragter könnte bald die Geheimdienste im Blick behalten. Doch was bedeutet das? Hier sind die Fakten:v
Mehr als zwei Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden bewegt sich die Bundesregierung: Ein Geheimdienstbeauftragter könnte bald schon die Geheimdienste im Blick behalten. Doch was bedeutet das konkret? Hier sind die wichtigsten Fakten.
Der Geheimdienstbeauftragte soll, ausgestattet mit einem Mitarbeiterstab von zwanzig bis dreißig Mitarbeitern, die Arbeit der Geheimdienste als Sachverständiger im Blick behalten und die Arbeit der bestehenden Kontrollgremien des Bundestags unterstützen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Bundesregierung das Projekt Geheimdienstbeauftragter zügig nach der Sommerpause angehen wird. Diese Aufstockung der Mitarbeiter für die Geheimdienstkontrolle ist dringend notwendig. In der Praxis haben die Abgeordneten oft einfach nicht genug Ressourcen, um sich durch endlose Papierberge der Geheimdienste zu wühlen und Kleinkriege um die Herausgabe von Dokumenten mit den Geheimdiensten zu führen.
Whistleblower werden nicht geschützt
Fast 150.000 Bürger/innen unterzeichneten nach den Snowden-Enthüllungen einen Campact-Appell in dem sie die unter Anderem die Einsetzung eines unabhängigen Geheimdienstbeauftragten fordern. Ist nun die Geschichte abgehakt? Ende gut, alles gut? Keineswegs! Im Gegensatz zum Wehrbeauftragten soll der Geheimdienstbeauftragte nicht nach außen hin auftreten dürfen. Er darf also nicht öffentlich Missstände kritisieren. Das ist unverständlich angesichts der Enthüllungen der letzten Monate, bei denen klar wurde, dass die deutschen Geheimdienste rechtswidrig Daten an die NSA weitergegeben haben. Der „Geheimdienstbeauftragte light“ droht damit schnell zum Papiertiger zu werden. Weiterhin haben Abgeordnete in den bestehenden Kontrollgremien immer noch viel zu wenig Rechte, Mittel und Zugang zu Daten. Und Whistleblower werden nach wie vor nicht angemessen geschützt. Im Fall der Geheimdienst-Enthüllungen von Netzpolitik.org wird sogar weiterhin nach der Quelle gefahndet, die Journalisten Informationen über neue Überwachungsprogramme deutscher Geheimdienste für soziale Netzwerke zuspielte.
Mit einem Geheimdienstbeauftragten ist es nicht getan
Noch muss die Bundesregierung und der Bundestag offiziell sein Go geben, bis der Geheimdienstbeauftragte sein Amt antreten kann. Ebenso wird es noch einigen Diskussionsbedarf in der Regierung geben dürfen, wer dieses Amt übernehmen wird. Die Aufstockung der Mittel für die Geheimdienstkontrolle ist zwar ein richtiger Schritt, doch bei weitem nicht genug. Noch immer wurde nicht geklärt wie es dazu kommen konnte, dass Daten von Bürger/innen an die NSA gegeben wurden. Die Verantwortlichen des Geheimdienst-Skandals sind immer noch in Amt und Würden und der Etat der Geheimdienste für die Überwachung der Bürger/innen wird immer weiter aufgebläht. In NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags kommen mehr und mehr Fakten ans Licht die zeigen: Mit ein paar mehr Mitarbeitern ist es nicht getan. Ein Geheimdienstbeauftragter light reicht da bei weitem nicht aus.
Ein Geheimdienstbeauftragter samt Mitarbeitern macht erst Sinn, wenn das parlamentarische Kontrollgremium das Recht erhält, und rechtsstaatlich nachvollziehbaren, an demokratischen Prinzipien orientierten Kriterien die Abgeordneten des Bundestags und auch die Öffentlichkeit über die Erkenntnisse und Ergebnisse seiner Arbeit zu informieren.
Das Schutzbedürfnis der „Geheimen“ ist streng darauf zu beschränken, einzelne Mitarbeiter zu schützen, die durch ihren Einsatz bedroht sind; es dürften also keine Namen veröffentlich werden, sofern diese nicht aufgrund ihrer Tätigkeiten nicht Gegenstand juristischer Untersuchungen sind.
Niemand kann glauben den „verfassungsfeindlichen Organisationen“ wäre entgangen das sogenannten V-Leute in ihren Reihen haben. Nur umgekehrt wissen wir nicht wie viele Verfassungsfeinde in unseren Ermittlungsbehörden arbeiten. Durch die Verschwiegenheitspflicht der Nachrichtendienste, werden wir das vermutlich nie erfahren. Wenn Transparenz hergestellt werden soll, dann muss die Geheimniskrämerei aufhören. Jeder Beamte, der Straftaten begeht oder sich daran beteiligt ist erpressbar, damit macht er sich seine Vorgesetzten und letztlich den Staatsapparat selbst erpressbar. Niemand kann ernsthaft glauben ein „Beauftragter“ würde über so etwas aufgeklärt. Im Gegenteil sinnvoll wäre, es wenn die Ermittlungsbehörden der Polizei und Staatsanwaltschaft statt wegen „Geheimnisverrat“ zu ermitteln, diese unter ihren Schutz stellt, wenn diese Aufklärung dem öffentlichen Wohl dient, oder wie im NSA Skandal über den Bruch von Gesetzen aufklärt. Das öffentliche Wohl sollte immer Priorität haben.