Was der Klimavertrag wirklich taugt
Die Welt beschließt die Energiewende - mit ambitionierten Zielen. Wir listen 4 entscheidende Fakten auf, die vom Klimagipfel in Paris in Erinnerung bleiben - und ein 5. Punkt, der zeigt, welch heimlicher Deal alle Fortschritte zunichte machen könnte.
„Historisches Abkommen“, „großer Schritt zur Rettung des Klimas“, „wir haben Geschichte geschrieben“ – mit diesen und anderen Superlativen haben sich die Regierungen dieser Welt für das neue Klima-Abkommen gefeiert, das sie am Wochenende verabschiedet haben.
Ganz schön große Worte – und zum Teil sind sie gerechtfertig: Aus ihnen spricht zunächst die Erleichterung, dass anders als in Kopenhagen 2009 wirklich ein Abkommen rausgekommen ist, das alle Länder zu Klimaschutz verpflichtet. Und das ist in der Tat ein Erfolg. Doch mit Paris hört der Kampf für echten Klimaschutz nicht auf. Denn die Zusagen sind bislang alles andere als ausreichend. Wie es der britische Guardian-Kolumnist George Monbiot auf den Punkt bringt:
„Verglichen mit dem, was hätte passieren können, ist es ein Wunder. Verglichen mit dem, was hätte passieren müssen, ist es ein Desaster“
Doch trotzdem – diese vier Dinge werden von Paris in Erinnerung bleiben:
1. Die Opfer des Klimawandels sagen auf einmal, wo es langgeht.
Über den größten Erfolg können die kleinen Inselstaaten sich freuen. Sie haben mit viel Mut und Engagement das Ziel in den Vertrag gekämpft, dass die Erderwärmung möglichst nicht mehr als 1,5°C betragen soll. Denn sonst geht es um ihre Existenz. Ein 27-jähriger Diplomat von Fidji-Inseln drückt es so aus:
„Die Wissenschaft ist sich einig, dass die meisten kleinen Inselstaaten nur überleben, wenn wir die Erderwärmung auf diesen Wert [1,5°C] beschränken. […] Du weißt nicht, was der Klimawandel bedeutet, bis du seine Folgen gesehen hast.“
Das Ziel 1,5°C ist sehr ambitioniert. Es bedeutet nichts weniger als den kompletten Umbau der Weltwirtschaft, weg von Kohle, Öl und Gas. Und das Problem ist, dass es eine riesige Lücke zwischen diesem Ziel und den im Vertrag beschlossenen Maßnahmen gibt – die es schlicht nicht erreichen können. Sie würden eher bei 2,7°C bis 3,5°C landen. Deswegen braucht es jetzt viel mehr Anstrengungen: Um 1,5°C zu erreichen, „müsste das Tempo der deutschen Energiewende fast um den Faktor 5 gesteigert werden“, fasst Volker Quaschning, ein Berliner Wirtschaftsprofessor, zusammen.
2. Deswegen muss der Kohle-Ausstieg jetzt schnell kommen.
Deswegen ist völlig klar: Der Kohleausstieg muss jetzt schnell kommen. Deutlich schneller als bisher geplant. Noch vor dem Gipfel betonte zum Beispiel die Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD): „in den nächsten 20-25 Jahren“, das hieße spätestens 2040, müsse man aus der Kohle raus. Der international renommierte Klimawissenschaftler Hans-Joachim Schellnhuber wird sogar konkreter und fordert: Bis 2030 muss das zweitgrößte Braunkohle-Revier, die Lausitz, stillgelegt werden.
3. Aber die Regierung stützt auf einmal wieder die Kohlelobby.
Doch kaum aus Paris zurück, schrumpft die Ambition der Bundesregierung wieder deutlich. Umweltministerin Hendricks sagte auf einer Presse-Konferenz,
„Es ist völlig klar, dass wir bis zur Mitte des Jahrhunderts aus der Nutzung von fossilen Energieträgern aussteigen müssen.“
Das wäre dann 2050. Und: Sie habe nicht vor, nun gleich ein Kohleausstiegsgesetz mit Enddatum 2040 vorzulegen, stellte sie klar.
Das scheint auch dem Kohlekonzern RWE sehr gut in den Plan zu passen. Auf Anfrage der taz erklärte eine Sprecherin: „Ein Ende der Kohlenutzung bis 2050 entspricht unserer Planung. Bis dahin sind unsere Tagebaue ohnehin ausgekohlt.“ Mit anderen Worten: Von einem beschleunigten Ausstieg aus der Kohle bleibt kaum eine Spur.
Das ist frustrierend: Endlich gelingt ein internationales Abkommen. Eine Ministerin wagt sich mutig vor, und rudert nach dem Gipfel wieder zurück – weil sie offenbar den Druck der fossilen Lobby fürchtet.
4. Die Klima-Bewegung lebt
Doch das Gute ist: Die Klimabewegung ist da und wird Hendricks und den Konzernen fortan Feuer machen. 17.000 Menschen in Berlin, fast 800.000 weltweit waren am ersten Gipfelwochenende auf den Beinen. Und zum Ende demonstrierten nochmal mehrere zehntausend in Paris – trotz Demoverbots.
Climate activists gather in Paris to protest the outcome of the conference. https://t.co/SJyZB0H132 pic.twitter.com/Cwnfz0xoDT
— New York Times World (@nytimesworld) 12. Dezember 2015
Und es sieht so aus, als würde die Klimabewegung jetzt erst richtig loslegen. Schon im Mai soll der nächste Streich folgen. Weltweit werden an vielen Orten rund um die Welt Aktionen gegen die fossile Industrie stattfinden. Auch in Deutschland – in der Lausitz – ist eine Aktion geplant.
Paris hat gezeigt, dass die weltweite Klimabewegung lebt. Das ist die beste Voraussetzung, damit wir zusammen die Lücke schließen, zwischen dem Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu reduzieren, und dem zaghaften Umgang mit der fossilen Industrie.
Paris hat einen neuen Anfang gesetzt. Doch die richtige Arbeit, das ist auch klar, die bleibt an uns hängen. 2016, wir kommen!
5. Paris ist nur die halbe Wahrheit
Ein Wermutstropfen bleibt. Denn während in Paris die Umweltminister ein Klimaabkommen schmiedeten, trafen sich Diplomaten der gleichen Regierungen in Genf, um das Dienstleistungs-Abkommen TISA weiter voranzutreiben. TISA – und seine hässlichen Geschwister TTIP und CETA – könnten die Fortschritte von Paris mit einem Schlag zunichte machen. Das wäre bitter. Und heißt: Wer es ernst meint mit dem Klimaschutz, der muss auch die Handelsabkommen stoppen!
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Wirklich positiv ist nur, dass es die Klimabewegung gibt. Die Nennung des 1,5-Grad-Zieles ist ein schlechter Witz. Das ist nicht mehr erreichbar. Es wird nur nicht öffentlich gesagt, weil die Klimaexperten glauben, dadurch politischen Druck erzeugen zu können. Das wiederum ist naiv.
Ich frage mich nur, warum Campact aud die gigantische Pariser PR-Show hereinfällt.
Yeah, bis 2050 sind die Tagebaue ausgekohlt und die Bevölkerung wird bis dahin in jeder Hinsicht verkohlt. Dass die Klimakonferenz sich am Ende selbst feierte ist die eine peinliche Sache, was dann wirklich in die Tat umgesetzt wird, die andere. Wichtige Themen wie Massentierhaltung oder Regenwaldrodung für Weideland und Palmöl wurden wahrscheinlich bei der Konferenz noch nicht mal erwähnt.
Besser gesagt Regenwaldrodung für Futtermittel, das macht natürlich mehr aus als für Weideland.
Und nicht vergessen: Der Klimavertrag von Paris ist rechtlich NICHT bindend! Also: Fürn Ar….