Finanzen
Scholz lässt Spekulationssteuer scheitern
Die Verhandlungen zur Finanztransaktionssteuer sind am Ende. Erst rückte Frankreichs Präsident Macron davon ab, dann versetzte ihr Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Todesstoß. Lies hier die Hintergründe.
Die Spekulation an den Finanzmärkten bremsen und viele Milliarden Euro für die Armutsbekämpfung einnehmen – die Finanztransaktionssteuer hätte viel bewirken können. Zehn EU-Staaten hatten über ihre Einführung beraten. Doch die Verhandlungen sind gescheitert.
Scholz versetzt den Todesstoß
Im vergangenen Jahr rückte der französische Präsident Emmanuel Macron von den Plänen ab. Stattdessen will er nur noch eine Steuer auf den Handel mit Aktien einführen. Seinen Plänen hat sich jetzt auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) angeschlossen. Doch das hat nichts mehr mit der ursprünglichen Idee einer Finanztransaktionssteuer zu tun.
Das EU-Magazin Euractiv bringt es auf Punkt:
„Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die lang diskutierte Finanztransaktionssteuer kurz nach Amtsantritt ins Koma versetzt. Nun hat sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz ins Krankenzimmer geschlichen und den Stecker gezogen.“ – Steffen Stierle (Euractiv)
https://www.euractiv.de/section/all/news/finanztransaktionssteuer-scholz-zieht-den-stecker/
Eine Aktiensteuer ist keine Finanztransaktionssteuer
Mit der Finanztransaktionssteuer wäre jeder Kauf oder Verkauf von Aktien und Derivaten mit einer Steuer von 0,01 bis 0,1 Prozent besteuert worden. Damit hätten die beteiligten EU-Staaten die gefährliche Spekulation an den Finanzmärkten stark bremsen können.
Insbesondere der computergesteuerte Hochfrequenzhandel, bei dem in Milli-Sekunden Millionen verschoben werden, müsste dringend heruntergefahren werden. Gleichzeitig hätten die EU-Staaten jedes Jahr 30 bis 35 Milliarden Euro eingenommen.
Indem Macron und Scholz jetzt Derivate ausnehmen wollen, entkernen sie die Finanztransaktionssteuer bis zur Unkenntlichkeit. Denn der Großteil der kurzfristigen Spekulation wird mit Derivaten, und nicht mit Aktien, durchgeführt. Ohne Derivate lägen die Einnahmen nur noch bei fünf bis sieben Milliarden Euro. Das sind weniger als 20 Prozent der ursprünglich anvisierten Summe. Die Finanzlobby kann sich freuen, sie hat sich durchgesetzt.
SPD enttäuscht
Besonders bitter ist, dass die Finanztransaktionssteuer ausgerechnet von einem SPD-Finanzminister zu Fall gebracht wurde. In der vergangenen Legislaturperiode kritisierten SPD-Politiker/innen, dass sich der damalige CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht genug für die Steuer einsetze. Schäuble hatte Zweifel an der Steuer geäußert, aber dennoch daran festgehalten.
In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten Union und SPD, sich für die Einführung der Finanztransaktionssteuer einzusetzen. Die SPD verbuchte das als Erfolg. Doch jetzt fällt ihr Finanzminister hinter die Vereinbarung zurück.
Finanztransaktionssteuer: Kampagne beendet
Derzeit sehen wir keine Chance mehr, die Finanztransaktionssteuer in der EU durchzusetzen. Deshalb beenden wir den laufenden Appell dazu. Dennoch beobachten wir sehr genau, ob sich in Zukunft neue Chancen ergeben werden, die Steuer doch noch durchzusetzen.