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Alles über fünf Prozent

Presse- und Meinungsfreiheit sind in der Demokratie ein hohes Gut. Doch Campact lässt sich unberechtigte Kritik nicht gefallen. Unser Mailing zur Hessen-Wahl vom 26.10. wird auf den NachDenkSeiten vom 27.10. komplett verdreht dargestellt. Hier unser Schreiben an Albrecht Müller.

Sehr geehrter Herr Müller,

in Ihrem Artikel vom 27.10.2018 „Campact lässt die Maske fallen, die NGO outet sich als Unterstützer von CDU, Grünen und SPD und als Gegner der Linkspartei“ unterstellen Sie uns, wir hätten in Hessen ausschließlich zur Wahl von CDU, Grünen und SPD aufgerufen. Das entbehrt jeder inhaltlichen Grundlage und verdreht die Fakten, die in der Mail an die Abonnent/innen unseres Newsletters vom 26.10.2018 klar dargelegt waren. Wir haben geschrieben: „Über jede Stimme für eine Mini-Partei – wie Die Partei oder die Piraten – freut sich dagegen die AfD. Denn wenn die Partei unter fünf Prozent bleibt, spielen ihre Stimmen bei der Verteilung der Sitze keine Rolle mehr.“ Unter Kleinstparteien, die voraussichtlich an der 5-Prozent-Hürde scheitern, ist die Linkspartei selbstverständlich nicht einzuordnen. Wie Sie selbst darlegten, bewegte sich die Linkspartei in den letzten Umfragen vor der Landtagswahl bei 8 Prozent. Bei der Wahl erreichte sie dann 6,3 Prozent. Wir möchten Sie bitten, gegenüber den Leser/innen der NachDenkSeiten hier die Fakten richtig zu stellen. Wir haben dazu aufgerufen, zur Wahl zur gehen und eine größere, demokratische Partei zu wählen, die es wahrscheinlich über die 5-Prozent-Hürde schafft – um damit die AfD zu schwächen. Zu diesen Parteien zählen CDU, Grüne, SPD, FDP und Linke.

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Bautz,
geschäftsführender Vorstand Campact e.V.


Hier der Wortlaut des Mailings vom 26.10.2018:

(Anrede)

am Sonntag ist Landtagswahl. Neueste Umfragen versprechen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von CDU, SPD und Grünen. Und noch etwas entscheidet sich: Geht es für die AfD rauf oder runter? Zuletzt gab es einen klaren Abwärtstrend. Bei der Landtagswahl in Bayern erreichte sie mit 10,2 Prozent zweieinhalb Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im Bund.[1] Ein einstelliges Ergebnis in Hessen: Das würde die AfD empfindlich treffen – ihren bundesweiten Lauf brechen.

Dafür müssen viele Menschen wählen gehen. Doch leider nehmen viele die Landtagswahlen nicht ernst. Die zumindest in Teilen rechtsextreme AfD treibt hingegen mit krawalligen Parolen ihre Anhänger/innen sicher an die Urnen. Darum bitten wir Sie: Wählen Sie am Sonntag! Und überlegen Sie, wie Sie Ihre Stimme am wirkungsvollsten gegen einen Rechtsruck im hessischen Landtag einsetzen.

Die AfD wird allen Umfragen nach in den Landtag einziehen – leider. Wie viele Mandate sie ergattert, ist offen. Jede Stimme für eine andere, größere Partei im Landtag schwächt die extrem Rechten. Über jede Stimme für eine Mini-Partei – wie Die Partei oder die Piraten – freut sich dagegen die AfD. Denn wenn die Partei unter fünf Prozent bleibt, spielen ihre Stimmen bei der Verteilung der Sitze keine Rolle mehr. Es ist bitter, aber wahr: Wer Kleinstparteien wählt, nutzt im Kampf gegen Rechts seine Stimme nicht optimal.

Daher: Wählen Sie am Sonntag gegen einen hessischen Rechtsruck. Und fordern Sie jetzt noch möglichst viele Menschen auf, das auch zu tun. Sie können dazu einfach diese E-Mail weiterleiten. Lassen Sie uns in Hessen den Unterschied machen – es kostet Sie nur wenige Sekunden: Schreiben Sie ein paar Freund/innen und Bekannte an. Leiten Sie ihnen diese Mail weiter! Oder schreiben Sie ihnen per WhatsApp.

In der Geschichte der Bundesrepublik gab es immer wieder gute Gründe, sein Kreuz bei Kleinstparteien zu machen – und sie irgendwann über die 5-Prozent-Hürde zu heben. Dadurch kamen Parteien ins Parlament, die auf gesellschaftliche Missstände hinwiesen, die die anderen vernachlässigten.

Die Grünen setzten in den 1980er Jahren die Ökologiefrage auf die politische Tagesordnung. In den Nullerjahren stellte die Linkspartei die soziale Frage. Und die Piraten brachten das Thema Datenschutz in die Debatte. Kleinstparteien zu wählen, hat seine Berechtigung – keine Frage.

Aber diesmal droht eine ehemalige Kleinstpartei von rechts in den Wiesbadener Landtag zu gelangen – und zwar von ganz rechts. Eine Partei, deren Vertreter/innen immer wieder unsere repräsentative Demokratie[2] und Teile des Grundgesetzes infrage stellen. Deshalb müssen wir jetzt die Kraft aller Demokrat/innen bündeln. Das bedeutet in dieser speziellen Situation, eine Partei zu wählen, die es ziemlich sicher in den Landtag schafft. Selbst, wenn man sich vielleicht mit dem Programm einer Kleinstpartei stärker identifizieren kann.

Viele kleinere Parteien grenzen sich klar nach rechts ab. Das ist gut. Doch wer sie wählt, vertut bei dieser Wahl die Chance, rechte Abgeordnete im Parlament zu verhindern. Wer in den nächsten Jahren keine laute, selbstbewusste AfD im hessischen Landtag sehen will, muss sich jetzt für eine der größeren Parteien entscheiden.

Bitte helfen Sie uns, diese Botschaft vor dem Wahlsonntag überall bekannt zu machen. Bitte informieren Sie jetzt Ihre Freund/innen, Kolleg/innen und Verwandten und nutzen Sie diesen Sonntag Ihre Stimme! Leiten Sie diese Mail weiter oder schreiben Sie eine Nachricht über WhatsApp.

Herzliche Grüße Christoph Bautz, Daphne Heinsen und Felix Kolb,

geschäftsführender Vorstand von Campact

[1] “Wahl-Analyse: Warum die AfD in Bayern trotz 10,2 Prozent keinen Grund zum Jubelsturm hatte”, Merkur Online, 15. Oktober 2018
[2] “Gefahr von rechts außen: ‘Die AfD nimmt die Demokratie in einen Zangengriff’”, Dresdner Neueste Nachrichten Online, 24. Oktober 2018

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

4 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. campact – si tacuisses!

    Wer überparteilich sein will, darf auch nicht GEGEN eine Partei agitieren, auch wenn ihm diese nicht gefällt.
    Und genaugenommen wurde ja nicht nur gegen eine, sondern auch gegen die vielen Kleinparteien agitiert – warum? Nur um (ganz überparteilich, versteht sich) GEGEN die AfD zu sein.

    Und das ist für eine angeblich überparteiliche Organisation unstatthaft.

  2. ich habe trotzdem die partei gewählt, auch wenn ihr mir davon abratet.

    meine stimme ist immer wichtig, auch wenn es an eine kleinstpartei geht.

    was ihr hier macht, geht gar nicht. einfach sein lassen und jedem selber das nachdenken überlassen!

    danke.

  3. ..Huch ..Kommentare erst ab einer bestimmten Zeit verfügbar? Egal.
    Zu dem Wahlaufruf sei gesagt: Der war totaler Nonsens. Und Albrecht Müller hat m.E. vollkommen recht.
    Eine klandastine Wahlempfehlung für CDU/Grüne/SPD ist inakzeptabel.
    Und ihr habt ja wohl reichlich studierte »Intellektuelle« die einen Text mal gegenlesen können, oder?
    Dieser Absatz ist mehr als nicht gelungen:

    Die Grünen setzten in den 1980er Jahren die Ökologiefrage auf die politische Tagesordnung. In den Nullerjahren stellte die Linkspartei die soziale Frage. Und die Piraten brachten das Thema Datenschutz in die Debatte. Kleinstparteien zu wählen, hat seine Berechtigung – keine Frage.

    Auf die »Größeren Parteien« zu verweisen und explizit »Die Linke« heruzunehmen, als Alternative, ist nicht nur allein als ungeschickt zu bezeichnen.
    Und grüne, rote oder schwarze Kröten zu schlucken ist also die Alternative vs. der AFD? Wer war in Hessen in der Regierungsverantwortung?

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