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Katar, Marokko, Brüssel – und viel Schmiergeld

Ein beispielloser Korruptionsskandal erschüttert die EU. Wie kann das Vertrauen in die europäischen Institutionen zurückgewonnen werden?

Korruptionsskandal erschüttert die EU - lies hier den Beitrag von LobbyControl im Campact-Blog
Auf der EU-Fahne bilden Buchstabenwürfel die Schriftzüge EU und Korruption, Foto: Christian Ohde, Imago

Ein Geheimdienst, ein Wüstenstaat, Taschen voller Geld, käufliche Abgeordnete – das sind üblicherweise die Zutaten für einen Agenten-Thriller, der jedes Klischee erfüllt. Doch Anfang Dezember hat ein ganz realer Korruptionsskandal das Europäische Parlament nachhaltig erschüttert. Belgische Behörden ermitteln gegen aktive und ehemalige EU-Abgeordnete sowie Mitarbeitende des Parlaments, denen vorgeworfen wird, Bestechungsgelder von Marokko und Katar angenommen zu haben.

Schaden für die europäische Demokratie

Imke Dierßen ist politische Geschäftsführerin bei LobbyControl. Im Campact-Blog schreibt sie über Lobbyismus und politische Machtungleichgewichte.

Dieser Skandal erschüttert das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Integrität des Europaparlaments fundamental. Es ist besorgniserregend, dass einer Forsa-Umfrage zufolge nur 31 Prozent der deutschen Bürger:innen Vertrauen in die EU haben. Die Reaktion der europäischen Institutionen auf diesen Skandal wird wichtig dafür sein, ob der Glaube an sie wieder wachsen kann. Ein gutes Jahr vor der nächsten Europawahl gibt es da viel zu tun.

Die schnelle Reaktion des EU-Parlaments nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe stimmt zunächst hoffnungsvoll. So wurde die beschuldigte Abgeordnete Eva Kaili aus der sozialdemokratischen Fraktion S&D ausgeschlossen und als Vize-Präsidentin des Parlaments abgesetzt. Natürlich gilt für alle die Unschuldsvermutung. Dieses schnelle Handeln ist jedoch aufgrund der Schwere des Verdachts richtig.

Schärfere Lobbyregeln und konsequente Durchsetzung

In der EU gibt es bereits umfangreiche und durchaus gute Transparenz- und Ethikregeln, die Korruptionsprävention stärken und illegitime Einflussnahme vorbeugen können. LobbyControl hat den EU-Abgeordneten gemeinsam mit unseren Partnern in einem offenen Brief Vorschläge gemacht, wo nachgebessert werden sollte. So sollten Abgeordnete Einladungen zu Luxusreisen künftig ausnahmslos verpflichtend ausschlagen. Und wenn sie künftig ihre Treffen mit Vertreter:innen anderer Staaten transparent machen, wie das Parlament es nun in einer Resolution vorsieht, ist das gut. Doch die besten Regeln nützen nichts, wenn ihre Einhaltung kaum kontrolliert und ihre Verletzung nicht sanktioniert wird.

Im EU-Transparenzregister, in das sich Lobbyist:innen eintragen sollen, findet sich keine Lobbyagentur, die Katar und Marokko als Auftraggeber angibt, obwohl dies nach den bestehenden Vorschriften vorgesehen ist – das ist unglaubwürdig. Auch „Fight Impunity“ fehlt im Lobbyregister schlichtweg. Über diese Organisation soll der Ex-Europaparlamentarier Antonio Panzeri die Bestechungsgelder an die beschuldigten Personen verteilt haben. Leider fehlen dem Register-Sekretariat die Kompetenzen und Ressourcen, solchen Transparenzlücken nachzuspüren. Und wer unregistriert versucht, Einfluss zu nehmen, hat nicht wirklich etwas zu befürchten. Das muss sich ändern.

Und auch bei den EU-Abgeordneten werden die geltenden Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten und unzulässiger Einflussnahme nicht entschieden genug durchgesetzt. Bislang besteht das Gremium, das im Zweifel Regelverletzungen nachgeht, aus Abgeordneten des Parlaments. Es verwundert nicht, dass nur selten Verstöße geahndet werden, so manches Prüfverfahren versandet. Schon lange fordert LobbyControl daher ein unabhängiges Organ mit eigenen Untersuchungskompetenzen für die EU-Institutionen. Die Vorschläge des Parlaments hat die Kommission bisher nicht ernsthaft aufgegriffen. Der aktuelle Skandal verleiht der Forderung nach einem solchen „Ethikgremium“ nun mehr Nachdruck. Die Kommission darf das Vorhaben nicht weiter auf die lange Bank schieben.

Eine bessere Aufsicht kann eine Kultur beenden, in der über kleinere Regelverletzungen immer wieder großzügig hinweggesehen wird, statt spürbare Folgen nach sich zu ziehen. Integrität und eine Sensibilität für problematische Interessenkonstellationen müssen künftig höchste Priorität haben und täglich gelebt werden. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern setzen wir uns bei LobbyControl intensiv dafür ein, dass die EU alles dafür tut, dass sich so ein Skandal nicht wiederholen kann.

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Autor*innen

Imke Dierßen ist Politikwissenschaftlerin. Sie arbeitete viele Jahre bei Amnesty International als Referentin und Abteilungsleiterin. Dort hat sie gelernt, wie schwierig es für die Zivilgesellschaft sein kann, sich gegen einflussreiche Akteure aus Politik und Wirtschaft durchzusetzen. Seit 2015 ist sie politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Für den Campact-Blog schreibt sie über Lobbyismus und politische Machtungleichgewichte. Alle Beiträge

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