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Klimagerechtigkeit by Design

Jeder Klick für Klimagerechtigkeit: Technik muss Klima und Umwelt schützen, statt schaden. Im Campact-Blog formuliert Friedemann Ebelt „Sieben Prinzipien für digitale Klimagerechtigkeit“.

Jeder Klick für Klimagerechtigkeit: Technik muss Klima und Umwelt schützen, statt ihnen zu schaden.
Digitale Alltagstechnologie muss das Klima schützen – statt ihm zu schaden, Foto: Unsplash

Im Februar wird das Datenschutz-Konzept „Privacy by Design“ (PbD) in einen technischen Standard überführt (ISO 31700). Ann Cavoukian, die Entwicklerin des Konzepts, spricht von einem Meilenstein für den Datenschutz. Lässt sich von ihrem unglaublich erfolgreichen Konzept etwas für den digitalen Klimaschutz ableiten?

Klimaschutz durch Technikgestaltung

„Privacy by Design“ bedeutet so viel wie Datenschutz durch Technikgestaltung. Entwickelt wurde das Konzept von der ehemaligen kanadischen Datenschutzbeauftragten Ann Cavoukian mit dem Ziel, die Machtfrage über unsere persönlichen Daten bereitzustellen, bevor die erste Zeile Software programmiert und die erste Festplatte mit Daten beschrieben wird. Denn auf einem bröckeligen digitalen Fundament lässt sich kein schützendes Datenhaus bauen.

Die Verantwortungsfrage

Das Ergebnis von „Privacy by Design“ ist Technik zum Schutz der Privatsphäre (auch genannt: Privacy-Enhancing Technologies, PET). Das sind Smartphones, Kühlschränke, Uhren und Autos, die, aus sich heraus, bei jeder Nutzung unser Privatleben schützen und für die Sicherheit unserer Daten sorgen. Das klingt traumhaft. „Privacy by Design“ ist ein Konzept mit innerer Schönheit, weil es die Verantwortungsfrage elegant löst. Datenschutz ist nicht Verzicht auf Digitalisierung. Datenschutz ist Nutzung und hauptverantwortlich sind die Hersteller und Betreiber.

In der EU wurde „Privacy by Design“ in die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) integriert – zumindest teilweise. Das Gesetz verpflichtet etwa zur Datensparsamkeit und zu datenschutzfreundlichen Voreinstellungen, zum Beispiel bei Apps oder Betriebssystemen. Wie und ob unsere Messenger, Social-Media-Plattformen und Online-Shops sich daran halten, darüber wird sich auf Podien und vor Gericht gestritten – aber das soll nicht von der Genialität und ja, Schönheit von „Privacy by Design“ ablenken.

Jeder Klick für Klimagerechtigkeit

Jetzt diskutieren: #CJET #KbD

Friedemann Ebelt freut sich sehr über Diskussion, Kritik, Ergänzungen und Kommentare zu diesen Gedanken, zum Beispiel auf Mastodon (Friedemanns Tröt) mit den Hashtags #CJET #KbD #GreenTech oder per E-Mail an: blog@campact.de.

Es ist Zeit, Ann Cavoukians Konzept weiterzudenken. Angesichts der bedrohlichen Veränderungen der Lebensbedingungen auf diesem Planeten können wir keine Technik gebrauchen, die uns die Luft, das Klima, die Böden und die Meere zerstört. Genau das tun unsere Smartphones, Laptops und elektrifizierten Alltagsgegenstände aber im Großen und Ganzen. Sobald wir sie herstellen, kaufen, benutzen oder entsorgen, leisten wir einen Beitrag zur Umwelt- und Klimazerstörung, ob wir wollen oder nicht. Was wir also brauchen, ist Technik zum Schutz des Klimas und der Umwelt (das wäre dann: Climate-Justice-Enhancing Technologies, CJET). Das wären Fahrzeuge, Gaming-Konsolen, Rechenzentren und Handelsplattformen, die, aus sich heraus, bei jeder Nutzung unser Klima schützen und einen Beitrag für eine gerechte und nachhaltige Zukunft für alle leisten. Das wäre nicht nur traumhaft und schön – es ist absolut. Klimaschützende digitale Alltagstechnologie könnte die bisher leider negative Verbindung zwischen Digitalisierung und Klimaschutz korrigieren.

Unseren digitalen Alltag in den Blick nehmen

In Nischen bekommt das Thema nachhaltige Technik langsam etwas mehr Aufmerksamkeit. Einige Abgeordnete einiger Parteien werden aktiv, NGOs bauen Expertise auf, engagierte Unternehmen stellen sich dem Problem und erste Kommunen zeigen Interesse. Im Blick sind dabei etwa Rechenzentren, die sehr viel Energie verbrauchen, die klimaschädliche Produktion von Geräten oder die Frage, wie spezielle digitale Technik für Klimaschutz eingesetzt werden kann. Viel zu wenig im Blick ist unser digitaler Alltag. Warum kann ich an meinem Telefon jederzeit sehen, wie gut der Empfang ist – aber nirgendwo, wie viel Energie und Ressourcen welche Anwendung oder Website verbraucht?

Ansätze für Klimagerechtigkeit by Design

Friedemann Ebelt engagiert sich für digitale Grundrechte. Im Campact-Blog schreibt er darüber, wie Digitalisierung fair, frei und nachhaltig gelingen kann.
Friedemann Ebelt engagiert sich für digitale Grundrechte. Im Campact-Blog schreibt er darüber, wie Digitalisierung fair, frei und nachhaltig gelingen kann. Alle Beiträge von Friedemann Ebelt.

An Konzepten und Ideen mangelt es nicht: Zum Beispiel wurden ISO-Standards den 17 Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zugeordnet. (Ich bin gespannt, wie „Privacy by Design“ eingeordnet wird.) Der PDF-Reader Okular wurde als weltweit erste Software mit dem Blauen Engel für nachhaltige Software ausgezeichnet. Zu den Vergabekriterien gehören unter anderem lange Nutzungsdauer, Offlinefähigkeit, Deinstallierbarkeit und Werbefreiheit. Es gibt einen UN-Guide „Design for Sustainability“ (D4S) und schon lange das Konzept „Cradle to Cradle Design“, einen Kriterienkatalog für Plattformen im Dienst einer nachhaltig digitalen Daseinsvorsorge, Schritte in Richtung eines Rechts auf Reparatur (in der EU wird das Austauschen von Batterien einfacher) oder mit dem Cleaner Web einen Standard für Nachhaltigkeit im Internet. Genug, um ein Cavoukian-esques Konzept für „Klimagerechtigkeit by Design“ zu erstellen. Dann gern auch mit einer EU-Klimagerechtigkeitsgrundverordnung (KGGV) mit KG-Beauftragten, KG-Erklärung und KG-Folgenabschätzung sowie, selbstverständlich #TeamKlimagerechtigkeit auf Mastodon.

Sieben Prinzipien für digitale Klimagerechtigkeit

Ann Cavoukian hat ihr Konzept „Privacy by Design“ auf sieben Prinzipien gestellt. Für die Klimagerechtigkeit abgewandelt könnten diese in etwa so lauten:

Erstens: Vorausschauend verhindert der „Klimagerechtigkeit by Design“-Ansatz Schäden am Klima.
Zweitens: Integriert in jedes Geschäftsmodell und in jedes IT-System schützt der Ansatz das Klima, auch ohne dass Personen aktiv dafür etwas unternehmen.
Drittens: Einbettend wird Klimaschutz mit dem Ansatz ein Teil der Kernfunktionalität von technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Prozessen.
Viertens: Addierend sucht der Ansatz nach Lösungen für Interessen und Ziele, die beispielsweise aus Grundrechten abgeleitet sind, um zu verhindern, dass beispielsweise Privatsphäre gegen Klimaschutz ausgespielt wird. 
Fünftens: Global betrachtend optimiert der Ansatz im Sinne des „Cradle to Cradle Designs“ über den gesamten Lebenszyklus und die gesamte digitale Umwelt.
Sechstens: Transparent ermöglicht es der Ansatz, dass technische, wirtschaftliche und organisatorische Prozesse von allen Beteiligten und von unabhängiger Stelle geprüft werden können.
Siebtens: Fokussierend auf die Nutzerinnen und Nutzer optimiert der Ansatz auf Klimaverträglichkeit.

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Autor*innen

Friedemann Ebelt engagiert sich für digitale Grundrechte. Im Campact-Blog schreibt er darüber, wie Digitalisierung fair, frei und nachhaltig gelingen kann. Er hat Ethnologie und Kommunikationswissenschaften studiert und interessiert sich für alles, was zwischen Politik, Technik, und Gesellschaft passiert. Sein vorläufiges Fazit: Wir müssen uns besser digitalisieren! Alle Beiträge

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