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Willst Du mich heiraten? 

Altbacken und konservativ: Mit dem Ehegattensplitting stellt der Staat die Ehe über Familie. Lies hier, welche Reformen die Ampel plant.

Altbacken und konservativ: Mit dem Ehegattensplitting stellt der Staat die Ehe über Familie.
Braut und Bräutigam halten während der Hochzeitszeremonie ihre Hände. Foto: IMAGO / imagebroker

Eine Datingplattform für Alleinerziehende? Auf der Website ein-eltern-ehe.de können alleinerziehende Elternteile gezielt nach potenziellen Ehepartner*innen suchen – um Steuern zu sparen. Die Website, eine gemeinsame Aktion von SOLOMÜTTER, Fair für Kinder e.V. und der Stiftung Alltagsheldinnen, ging zum 1. April online. Und ja, sie war ein Aprilscherz. Das Thema dahinter ist hingegen alles andere als komisch. 

Ehe vor Familie

Denn auch im Jahr 2023 hält der Staat an einem total veralteten Gesellschaftsmodell fest – und fördert verheiratete Paare, nicht Menschen, die als Familie gemeinsam Kinder großziehen. Vom Splitting profitieren dabei zu 41 Prozent Ehepaare ohne steuerlich relevante Kinder. Nicht berücksichtigt werden alle unverheirateten Paare und eben die über 2,5 Millionen Eltern, die ihre Kinder alleine erziehen. 

Was ist Ehegattensplitting?  

Das sogenannte Ehegattensplitting („splitting“ vom englischen „split“, was aufteilen bedeutet) ist ein Verfahren im deutschen Steuerrecht, das Eheleute steuerlich bevorteilt. Dabei sparen die mit dem höchsten Haushaltseinkommen und mit der größten Differenz zwischen den zwei Einkommen am meisten.

Für Alleinerziehende gibt es zwar einen Entlastungsbetrag: Dieser zusätzliche Steuerfreibetrag ist 2023 auf 4.260 Euro gestiegen. Die Erhöhung ist laut der Bundesvorsitzenden des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. ein wichtiges Signal, für Alleinerziehende mit geringen Einkommen aber eben auch nur ein „Trostpflaster“. 

Alleinerziehende sind in Deutschland besonders armutsgefährdet – und zwar viermal so stark wie Paarfamilien. Im europäischen Vergleich landet Deutschland auf einem der letzten Plätze, was die Armutsgefährdung von Alleinerziehenden angeht. Ein ziemliches Armutszeugnis für eines der wohlhabendsten Länder der Welt.

Ehegattensplitting schafft Ungleichheit 

Das Ehegattensplitting bevorteilt nicht nur die Ehe an sich, sondern setzt zudem auch Anreize dafür, dass eine*r Stunden reduziert. Denn beim Ehegattensplitting sparen die Paare mit dem größten Gehaltsunterschied am meisten. Und ja, überwiegend sind es dann die Frauen*, die nach der Familiengründung in die Teilzeitfalle tappen.

Mit fatalen Folgen für ihre Rente – denn wer jahrelang kaum etwas einzahlt, bekommt später auch weniger. Die Lücke zwischen Männern und Frauen ist immens. Deutschland weist unter den OECD-Ländern (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) den höchsten Unterschied zwischen den Renten auf, die Frauen und Männer beziehen. Lies hier auch den Beitrag zum Gender-Pay-Gap.

Werden Steuerklassen 3 und 5 bald abgeschafft? 

Die Abschaffung des Ehegattensplittings wird seit Jahren diskutiert – und ist auch Teil des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP. Bislang landen Frauen mehrheitlich in Steuerklasse 5 und Männer in 3 – Frauen zahlen so im Vergleich zu ihrem Gehalt prozentual mehr Steuern. Die Bundesregierung will die Steuerklassen 3 und 5 bei Ehepaaren nun abschaffen und in das Faktorverfahren der Steuerklasse 4 überführen.  

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Das Faktorverfahren existiert bereits – es ist ebenfalls ein Splittingverfahren, das die Steuerlast jedoch fairer auf beide Partner verteilt. Bis jetzt wird es aber nur von einem sehr geringen Prozentanteil derjenigen, für die es infrage käme, genutzt. Der Großteil – nämlich 99 Prozent derjenigen mit dem geringeren Gehalt (in der Regel sind das die Frauen) – ist bislang in Steuerklasse 5 eingestuft. 

Frauen dürfen nicht weiter steuerrechtlich benachteiligt werden

Dass das Steuersystem (Ehe-)Frauen nicht mehr systematisch benachteiligt, ist ein guter Ansatz. Und die Reform ist ein wichtiger Schritt in Richtung Geschlechtergerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Doch sie allein reicht nicht aus. Um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, braucht es auch andere Faktoren: ein ausreichendes Angebot an ganztägigen Kita-Plätzen, eine Aufwertung der Sektoren, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten wie Pflege und Erziehung und eben auch die faire Verteilung der Care-Arbeit innerhalb der Familie. 

Um Familien stärker zu entlasten, sollten aber auch die Kinder mitgedacht werden – und zwar unabhängig davon, ob die Eltern des Kindes verheiratet sind oder nicht. Eine Möglichkeit, die dabei im Gespräch ist, ist das Familiensplitting – das auch die Zahl der Kinder berücksichtigt. Allerdings wird auch bei diesem Modell von Ehepartnern ausgegangen. Dabei kann Familie eben ganz unterschiedlich aussehen; einen Trauschein braucht es dafür eigentlich nicht. 

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Autor*innen

Vera Kuchler arbeitet seit 2017 als Redakteurin bei Campact. Die ausgebildete Soziologin und gelernte Journalistin beschäftigt sich im Blog vor allem mit dem Thema „Arbeit und Geschlecht“. Alle Beiträge

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