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Die Klimabewegung: In der Fläche liegt die Kraft

Bundeskanzler Scholz und die FDP wollen das Klimaschutzgesetz völlig entkernen. Doch am 15. September können wir das verhindern – dafür bist auch Du gefragt.

Der Peak der Klimabewegung: Globaler Klimastreik 2019
1,4 Millionen Menschen gingen im September 2019 bundesweit mit Fridays For Future auf die Straße – so wie hier auch in Köln. Foto: Jörn Neumann / Campact

Es war der Peak der Klimabewegung: 1,4 Millionen gingen am 20. September 2019 bundesweit mit Fridays for Future auf die Straße. Doch in den Abendnachrichten flimmerten nicht nur beeindruckende Bilder von Menschenmassen so weit das Auge reicht über die Bildschirme. Sondern auch Berichte über die direkte Reaktion der Regierung: Der Druck der Straße war so groß, dass sie am selben Tag das Klimaschutzgesetz beschloss.

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Globaler Klimastreik

Ob Oldenburg, Göttingen oder Konstanz: Sei am 15. September dabei!

Ein Meilenstein, ein riesiger Erfolg – den wir vier Jahre später, am 15. September beim nächste Klimastreik mit allen Kräften verteidigen müssen. Denn das zentrale Instrument der Klimaarchitektur wollen Bundeskanzler Olaf Scholz und die FDP völlig entkernen. Bisher sorgt das Gesetz dafür, dass weit entfernt liegende Klimaziele nicht abstrakte Absichtsbekundungen bleiben. Es bricht vielmehr die Klimaziele auf jedes Jahr und jeden Sektor herunter. Und definiert genau, um wie viel Tonnen CO₂ im Jahr der Gebäude-, Energie-, Verkehrs- und Agrarsektor jeweils seine Emissionen reduzieren muss. Verfehlt ein Sektor sein Ziel, muss der*die zuständige Minister*in nachsteuern – und ein Klimasofortprogramm vorlegen, das die Lücke schließt. 

Wissings Arbeitsverweigerung

Genau diese jahres- und sektorspezifischen Ziele sollen jetzt aus dem Gesetz gestrichen werden. Warum? Weil ein Minister in seinem Sektor die Ziele bisher krachend verfehlt und sich weigert, ein adäquates Sofortprogramm vorzulegen: Verkehrsminister Volker Wissing. Denn all das, was schnell für das Klimaziel helfen würde, ist äußerst unbeliebt bei traditionellen FDP-Wähler*innen. Etwa ein Tempolimit, der Abbau klimaschädlicher Subventionen, ein Verbot von Inlandsflügen.  

Bisher hat Wissing versucht, das Gesetz einfach zu ignorieren. Doch klar ist auch: Lange geht das nicht mehr gut. Dauerhaft ein Gesetz zu brechen, kann sich auch kein FDP-Minister leisten. Und spätestens wenn Gerichte über seine Arbeitsverweigerung befinden, würde es eng für den Minister.

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Deshalb sprang der selbsternannte „Klimakanzler“ Scholz ihm zur Hilfe. In der legendären 30-stündigen Sitzung des Koalitionsausschusses Ende März setzte Scholz gegen den Widerstand der Grünen Verhandler*innen durch, dass das Klimaschutzgesetz aufgeweicht wird. Die Klimaziele sollen nicht mehr für jeden Sektor spezifisch und auch nicht mehr jedes Jahr greifen. Kommt das wirklich durch, kann Wissing aufatmen. Stattdessen soll es künftig alle zwei Jahre nur eine Gesamtbetrachtung über alle Bereiche hinweg geben. Der Druck wäre weg.

In der Fläche liegt die Kraft

Wäre. Denn noch ist das Klimaschutzgesetz nicht entkernt. Anfang September wird die Regierung seine Neufassung in den Bundestag einbringen. Und genau dort wollen wir verhindern, dass es entschärft wird. Mit einer Strategie, mit der die jungen Leute von Fridays for Future 2019 schon erfolgreich waren: In der Fläche liegt die Kraft. In 550 Orten demonstrierten damals Menschen, überall vor der Haustür konnte man einfach in den Protest mit einsteigen.

Genau dieses Erfolgsrezept wollen wir jetzt wiederholen – und das gleich im Doppelpack: 

  • Am 15. September machen wir gemeinsam mit Fridays for Future die Verteidigung des Klimaschutzgesetzes zum zentralen Thema des Klimastreiks – an Hunderten Orten. Statt das Gesetz zu entkernen, braucht es jetzt ein ambitioniertes Klimasofortprogramm, das die Einhaltung der Klimaziele auch im Verkehrssektor sicherstellt. 
  • An möglichst vielen Orten sollen Menschen gemeinsam Abgeordnete der Koalitionsfraktionen besuchen und sie auffordern, im Bundestag das Klimaschutzgesetz zu retten. Denn aus vielen Aktionen vor Ort wissen wir: Wenn sich Abgeordnete für eines interessieren, dann dafür, was die Menschen aus ihrem Wahlkreis sagen.

Klimabewegung meldet sich zurück

Zugegeben: Im September 2019 hatte die Klimabewegung einen Lauf. Während damals noch 68 Prozent der Befragten die Klimabewegung grundsätzlich unterstützten, halbierte sich der Wert in einer aktuellen Umfrage auf 34 Prozent. Selbst in progressiven Milieus, die der Bewegung offen gegenüberstanden, ging ihr erheblich Zustimmung verloren. Ein Grund dürfte sein, dass die Proteste der Letzten Generation viele Menschen mit der gesamten Klimabewegung gleichsetzen. Diese weisen, so legitim sie auch sind, ein großes Problem auf: Ihnen mangelt es an Anschlussfähigkeit gegenüber großen Teilen der Bevölkerung – ja sie bringen diese gegen die Klimabewegung auf.

Umso wichtiger ist es, dass sich die Klimabewegung im September in ihrer ganzen Breite wieder lautstark zu Wort meldet. Und nach der schwierigen Auseinandersetzung um das Heizungsgesetz wieder ein Thema auf die Agenda hebt, bei der sie große Teile der Bevölkerung hinter sich weiß: die Verteidigung des Klimaschutzgesetzes und die Forderung nach einem ambitionierten Klimasofortprogramm auch für den Verkehrssektor. Der Spätsommer bringt spannende und für den Klimaschutz entscheidende Wochen.

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

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