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Flugtaxis: Wissings Irrflug

Seit Jahren werden Flugtaxis als ein wichtiges Verkehrsmittel der Zukunft angepriesen, vor allem von liberalen Politiker*innen. Jetzt will Deutschland Millionen Steuergelder investieren – mit hohem Risiko und kleinem Nutzen.

Flugtaxi fliegt am Mercedes Museum in Stuttgart. Nach Angaben der Daimler AG handelt es sich um den ersten Velocopter-Flug über einer europäischen Großstadt. Der vollelektrische Volocopter flog dabei ohne Passagiere.
Flugtaxi fliegt im Jahr 2019 am Mercedes Museum in Stuttgart. Da es ein erster Testflug war, flog der vollelektrische Volocopter der gleichnamigen Firma ohne Passagiere. Foto: IMAGO / Arnulf Hettrich

150 Millionen Euro – soviel will Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) in die Entwicklung von Flugtaxis investieren. Genau genommen soll das ganze Geld an nur ein Unternehmen fließen: Volocopter. Das verwundert, setzt sich die FDP doch sonst vehement gegen Subventionen ein. Und es soll nur ein deutscher Hersteller profitieren, während andere, zum Beispiel Lilium, leer ausgehen. Ist das fair? Dabei ist das Investment an sich alles andere als eine vernünftige Investition. 

Wissing ignoriert Warnungen

Nein zu Steuermitteln für Flugtaxi-Startups!

Die Petition auf WeAct fordert, die Subventionierung des Flugtaxi-Startup Volocopter zu stoppen und stattdessen Prioritäten zu setzen im Verkehrsbudget.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC hat Wissing davor gewarnt, so viel Geld zu investieren. Das Land Baden-Württemberg hat sich im letzten Jahr geweigert, eine Bürgschaft für das Unternehmen zu übernehmen. Das Investment schien einfach zu riskant, weil nicht klar ist, ob Flugtaxis profitabel betrieben werden können. Und auch aus der Bevölkerung wird viel Unmut laut über das Projekt: Nach nur wenigen Tagen unterstützen bereits über 100.000 Menschen eine WeAct-Petition, die Wissing auffordert, kein Steuergeld in Flugtaxis zu investieren. 

Volocopter selbst gibt übrigens zu, sich in einem „extrem herausfordernden Investitionsumfeld“ zu befinden. Große und namhafte Unternehmen wie Mercedes, Intel oder Blackrock sind auf der Gesellschafterliste von Volocopter. Wenn die scheinbar weitere Investitionen scheuen, warum sollte es dann der Staat tun? Brauchen wir wirklich Flugtaxis?

Mäßige Energiebilanz

Flugtaxis haben den Vorteil, dass sie keine direkten Emissionen erzeugen. Sie sind alle elektrisch betrieben und erzeugen kein CO₂, wenn der Strom aus regenerativen Energien gewonnen wird. Ihr Problem ist allerdings, dass sie viel Energie brauchen, um abzuheben. Das macht sie gerade für kurze Strecken ungeeignet.

Dazu kommt, dass es in Ballungsräumen sehr teuer sein wird, die nötige Infrastruktur zu schaffen. Flugtaxis sind also eher nichts für Großstädte. Eine Studie für die Metropolregion München hat ergeben, dass Flugtaxis maximal Transportanteile im Bereich von einem halben bis einem Prozent erreichen könnten – ein absolutes Nischenprodukt. Staus werden sie auf jeden Fall nicht verhindern, dafür braucht es schon eine echte Verkehrswende auf der Erde.

Flugtaxis für die Olympischen Spiele

Die Vision von fliegenden Taxis zum Preis von rollenden Taxis gibt es schon über zehn Jahre. Doch die technische Entwicklung konnte bisher nicht mit den Ankündigungen von Unternehmen und Politiker*innen Schritt halten. Jetzt scheint die Batterietechnik gut genug, dass es wirklich losgehen kann. Eine Zulassung für den Bau des Volocity von Volocopter liegt seit kurzem vor. 18 kleine Rotoren sind dann in der Lage, zwei Personen durch die Luft zu bewegen – den Piloten und einen Fluggast. Nach 2000 erfolgreichen öffentlichen und privaten Testflügen will Volocopter diesen Sommer bei den Olympischen Spielen in Paris endlich mit kommerziellen Flügen durchstarten. Auf festgelegten Routen für 10 bis 15 Euro pro Kilometer. In einem Taxi auf Rädern kostet der Kilometer ungefähr zwei Euro.

Eine teure Imagepolitur

Der Verkehrsetat ist jetzt zu gering, um dringend notwendige Investitionen in Bahn- und Fahrrad-Infrastruktur zu tätigen. Und es ist keine Besserung in Sicht, im Gegenteil: Das Verkehrsministerium wird 2025 voraussichtlich mindestens fünf Milliarden Euro weniger zur Verfügung haben als bisher. In dieser Situation sollten wir keine staatlichen Subventionen für ein Nischen-Fortbewegungsmittel aufwenden, das vor allem wohlhabende Menschen nutzen werden.

Flugtaxis und das Engagement dafür haben vor allem einen Sinn: Die FDP als innovativ und zukunftsorientiert darzustellen. Dieser Anschein sollte die deutschen Steuerzahler*innen aber nicht 150 Millionen Euro kosten müssen.

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Autor*innen

Matthias Flieder ist studierter Geisteswissenschaftler und seit 2017 Campaigner bei Campact. Nachdem er zuvor für Greenpeace hauptsächlich für Klima- und Umweltschutz aktiv war, versucht er jetzt in allen Politikfeldern progressive Politik voranzubringen. Für den Campact-Blog schreibt er über die Freuden und Leiden des Fahrradfahrens und die deutsche Verkehrspolitik. Alle Beiträge

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4 Kommentare

  1. Anscheinend sind Verkehrsminister unfähig dieses Amt vernünftig zu führen und die richtigen Entscheidungen zutreffen.
    Egal ob sie aus Bayern oder Schwaben kommen, sie können es nicht und verbrennen unsere Steuergelder.
    Wer braucht ein Flugtaxi? Vielleicht Herr Merz? nein er ist als Mittelständler bereits Eigentümer eines Flugzeugs. In diesem Sinne, seid erfolgreich.

    Antworten
  2. Kann man diesen „unverantwortungsbewußten“ Ministern (ähnlich auch ein Herr Lauterbach) nicht einfach mal „das Handwerk legen“? Ich fürchte leider nein!
    Wir haben genug grosse Probleme in diesem Land und diesen Herren fällt immer nur ein „Blödsinn“ nach dem anderen ein! Und dann wundern sich die Politiker, dass die Wähler sich immer mehr von dieser Politik abwenden!

    Antworten
  3. Die FDP versucht wieder einmal Klientelpolitik zu machen. Das Geld wird dringend für Klimapolitik gebraucht und welcher Normalverdiener kann sich solch ein Flugtaxi denn leisten? Wissing, der sich lieber mal gezielt um den ÖPNV kümmern sollte, wird wie sein unfähiger Vorgänger Scheuer, nach seiner politischen Karriere mit ziemlicher Sicherheit Lobbyist…
    Die arm – reich-Schere ist bereits immens und demokratiegefährdend.
    Ich muss hier einmal Klartext reden: Ich kann gar nicht soviel essen wie ich über die Politik der FDP kotzen könnte! Sie fördert damit indirekt (wissentlich?) die AfD!
    HOFFENTLICH VERSCHWINDET DIESE PARTEI NACH DER WAHL AUS DEM BUNDESTAG !!!

    Antworten

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